Foto: Hermine Poschmann /MISSION LIFELINE, CC BY-SA 3.0

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Die in Osnabrück ansässige Hilfsorganisation terre des hommes Deutschland bittet Wolfgang Griesert, Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück, seine Position zum „Bündnis Seebrücke Osnabrück“ nochmals zu überdenken.

Das Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, nimmt Bezug auf ein Schreiben, das der Oberbürgermeister in der vergangenen Woche an das Bündnis Seebrücke Osnabrück gerichtet hatte. Darin hatte Griesert detailliert seine Beweggründe erläutert, warum er sich – anders als einige Amtskollegen aus NRW-Großstädten – gegen eine Unterstützung der Seebrücke und damit gegen eine direkte Aufnahmezusage für weitere aus „Seenot“ gerettete Migranten entschlossen hat.

Wie zuvor das Schreiben des Oberbürgermeisters, veröffentlichen wir auch diesen Brief ungekürzt im Volltext.

Linksbündnis setzt Seebrücke auf die Agenda der Ratssitzung

Oberbürgermeister Wolfgang Griesert hatte in seinem vergangene Woche veröffentlichten Schreiben angekündigt, sich einem anderslautenden Entschluss im Stadtrat, der am kommenden Dienstag tagen wird, zu beugen. Die Fraktionen der Grünen, UWG/Piraten und der Osnabrücker Linkspartei haben angekündigt einen entsprechenden Antrag zu stellen. Unter Tagesordnungspunkt 5.9 ist dieser bereits für den öffentlichen Teil der kommenden Ratssitzung vorgemerkt, bislang jedoch noch ohne ergänzende Unterlagen.

Das Schreiben von terre des hommes im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Herr Griesert,

Wir teilen Ihr Bedauern darüber, dass bisherige Aufrufe und Appelle nicht zu unmittelbaren Erfolgen geführt haben und es noch keine, im Sinne der Menschenrechte überzeugende gemeinsame europäische Antwort auf Flucht und Migration gibt.

Sie erinnern an frühere Briefe und Initiativen des Rates und der Stadt, die für mehr Menschlichkeit plädierten. Wir freuen uns, dass unsere Friedensstadt immer wieder politische Signale für mehr Menschlichkeit gesetzt hat und ganz konkret Menschen aufgenommen hat, die vor Gewalt und Not fliehen mussten. Selbstverständlich wissen wir um die vielen Herausforderungen in der Stadt und dürfen Ihnen versichern, dass terre des hommes weiter tatkräftig mithelfen wird, damit Osnabrück Zuflucht bieten kann und Integration und friedliches Zusammenleben möglich sind. Wir schätzen sehr, dass die Stadt mit dem Integrationskonzept einen in vieler Hinsicht vorbildlichen Fahrplan erarbeitet hat.

Gerade deshalb wenden wir uns an Sie und bitten Sie, Ihre Haltung zum Bündnis „Seebrücke Osnabrück“ noch einmal zu überdenken.

terre des hommes trägt das Bündnis aus zwei Gründen mit:
Uns ist die Problematik der Schlepperbanden und des großen Geschäftes mit Flüchtlingen im Mittelmeerraum in vollem Umfang bewusst. Wir wissen ebenfalls, dass es keine einfachen und schnellen Lösungen gibt und die Seenotrettung im doppelten Wortsinn eine Notlösung ist. Aber: Menschen, die zu ertrinken drohen, müssen gerettet werden. Dieses grundlegende Prinzip darf aus der Sicht von terre des hommes nicht zur Verhandlungsmasse in der politischen Auseinandersetzung gemacht werden.

Das Bündnis „Seebrücke Osnabrück“ und ähnliche Initiativen in anderen Städtenund Gemeinden setzen ein wichtiges und starkes politisches Signal zur richtigen Zeit. Aus unserer Arbeit für Kinder in Not wissen wir: Solche Signale sind besonders dann wichtig, wenn die Lage aussichtslos scheint und sich grundlegende politische Änderungen noch nicht abzeichnen.

Gerade weil sich Osnabrück engagiert – Politik und Verwaltung, Bürgerinnen und Bürger, Kirchen und Glaubensgemeinschaften, Schulen, Betriebe, Vereine und Geflüchtete – und wir in unserer Friedensstadt gemeinsam Herausforderungen angehen, gerade deshalb sollte Osnabrück dabei sein, wenn Städte und Gemeinden in Europa ein solch starkes politisches Signal setzen.

terre des hommes bittet Sie und die Parteien des Rates der Stadt, dem Appell des Bündnis Seebrücke Osnabrück zuzustimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Albert Recknagel
Vorstand Programme
terre des hommes Deutschland e.V.