Am späten Freitagabend veröffentlichte die HASEPOST exklusiv Bilder und Hintergründe zu einer Abmahnaktion gegen zahlreiche Taxiunternehmen aus Osnabrück. Bereits kurz vor Veröffentlichung des Artikels hatten wir einen Hinweis über eine mögliche Gegenreaktionen des Taxigewerbes, die sich am Wochenende tatsächlich bestätigte: Taxifahrer boykottierten Osnabrücker Diskotheken.
In unserem ersten Artikel über den Osnabrücker “Taxikrieg” schilderten wir die Hintergründe und die jüngste Eskalation, die nach Ansicht eines in harter Konkurrenz zu den Taxen fahrenden Mietwagenunternehmers in einer Abmahnungaktion rund um Ossensamstag 2017 begründet liegt. Im Karneval vor einem Jahr sollen vom Taxigewerbe bezahlte “Lockvögel” dazu genutzt worden sein, um Verstöße der Wettbewerber gegen die geltenden Beförderungsrichtlinien zu beweisen, kostenpflichtig abzumahnen oder vor Gericht zu bringen.
Wer in Osnabrück mit einem “Mietwagen” Personen befördert, darf u.a. nur solche Fahrgäste aufnehmen, die zuvor das Auto über die zwei in Osnabrück aktiven Funkzentralen oder direkt beim Mietwagenunternehmen (per Festnetztelefon, nicht per Handy!) geordert haben. Ein Mitnehmen von Fahrgästen ohne vorherige telefonische Bestellung ist diesen Personenbeförderern verboten.
An Ossensamstag 2017 geriet ein angestellter Fahrer in eine Situation, die sein Chef als gestellte “Falle” ansieht. Ein Fahrgast stieg in einen Mietwagen, der eigentlich für einen anderen Gast bestellt worden war: Der vermeintliche Fahrgast wurde zum Zeugen für eine teure Abmahnung von Seiten des Taxigewerbes. In Folge es kam zu einem Rechtsstreit, der für den jetzigen Auftraggeber der aktuellen Abmahnaktion gegen Taxiunternehmer, nach eigenen Angaben den Verlust von mehr als 5.000 Euro an Gerichts- und Anwaltskosten zur Folge hatte.
1.500 Fotos als “Beweise” gegen das Taxigewerbe
Nach einer ersten Gegenaktion vor einem Jahr, rund um die Lohstraße (Sonnendeck, Countdown, Sonderbar), wurden in diesem April – um Verstöße der Taxifahrer beweissicher zu machen – von dem zuvor erwischten Mietwagenfahrer mehr als 1.500 Fotos vom Eingangsbereich des Alando Palais am Pottgraben gemacht.
Zahlreiche Fotos die unserer Redaktion vorliegen, zeigen deutlich, dass Taxifahrer sich nicht an die auf fünf Fahrzeuge begrenzte Kapazität des städtischen Taxistands halten und sich dabei auch so aufstellen, dass es zu nicht unerheblichen Behinderungen für Fußgänger und Fahrradfahrer kommt.
Boykott-Aktion wurde den Discotheken angekündigt
Mit telefonischer Ankündigung(!) gegenüber mindestens einem Discothekenbetreiber, mit dem unsere Redaktion am Wochenende sprechen konnte, erklärte ein sich als Vertreter der Osnabrücker Taxifahrer bezeichnender Mann (Name der Redaktion bekannt), dass an diesem Wochenende mehrere Discotheken von ihm und seinen Kollegen boykottiert werden würden.
Fahrgäste würden auf Wunsch zwar weiterhin an ihren Zielort – die jeweilige Disco – gebracht, dort jedoch würden er und seine Kollegen keine Fahrgäste mehr aufnehmen und sicher nach Hause befördern, sondern den Taxistand sofort wieder verlassen.
Nach Recherchen unserer Redaktion waren in der Nacht von Freitag auf Samstag u.a. das Alando Palais am Pottgraben, der NEO Club an der Pagenstecher Straße und die Discothek Virage an der Baumstraße vom Boykott der Taxifahrer betroffen. Auch in der Nacht zu Sonntag, als unsere Bilder zu diesem Artikel entstanden, blieben nach Mitternacht die Taxistände vor dem NEO und dem Alando Palais leer. Allerdings hatten sich zum gleichen Zeitpunkt mehr als 10 Fahrzeuge am Taxistand Rolandsmauer (Heger Tor) versammelt und parkten dort wild und erneut im Widerspruch zur StVO rund um den kleinen Taxistand gegenüber der Lagerhalle.
Unsere Redaktion wird an dem Thema dran bleiben und am Montag weitere Einzelheiten über die in den vergangenen Wochen erfolgte Eskalation des “Taxikriegs” bringen.
Haben Taxiunternehmer geltendes Recht gebrochen?
Offen ist zum derzeitigen Zeitpunkt, ob das (angekündigte) Verweigern der Aufnahme neuer Fahrgäste vor einer Discothek nicht einen weiteren Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen für das Taxigewerbe darstellt?
Wir fragen unsere Leser:
[interaction id=”5ae58a64b2af9c046d93eb98″]
Für Diskothekenbesucher, zum Beispiel des Alando Palais, bedeutete die Aktion: Sofern es nicht einzelne “Streikbrecher” gab oder die Rufnummer einer der beiden Mietwagenzentralen gewählt wurde, mussten die Partygänger spät in der Nacht entlang des Raiffeisenplatzes und der dortigen Alkoholiker- und Drogenszene zum Taxistand am Hauptbahnhof oder zum Neumarkt pilgern, um zum nächsten Taxistand zu gelangen.
Gerade dafür, dass derartige nächtlichen Fußwege nicht nötig sind, gibt es die Privilegien für das Taxigewerbe, wie fixe Preisstruktur, Limitierung der Konzessionen und die von der Stadt eingerichteten Taxistände.
[Kommentar des Redakteurs:] Sägen die Taxifahrer gerade an dem Ast, auf dem sie sitzen? Wer will die Verantwortung übernehmen, wenn es im Verlauf eines derartigen Taxi-Boykotts zu einem Überfall, einer tödlichen Alkoholfahrt oder einer Vergewaltigung kommt – weil sich Taxifahrer den Fahrgästen verweigerten und diese daraufhin alkoholisiert durch die nächtliche Stadt laufen oder sich dann doch hinters Steuer setzen?