Der als „Taxikrieg von Osnabrück“ bekannte Konflikt zwischen Mietwagenunternehmern und Taxifahrern bekommt eine neue Wendung. Unsere Redaktion konnte die Aufzeichnung eines Gesprächs zwischen einem Mietwagen- und einem Taxiunternehmer abhören, eine Abschrift liegt unser Redaktion exklusiv vor.
Bereits die Erwähnung der in diesem Gespräch aufgestellten Forderungen und die Existenz einer Mitschrift brachten am Mittwoch einen Gerichtstermin zum Platzen. Der Anwalt des Mietwagenunternehmers zog noch im Gerichtssaal die Klage zurück – andernfalls hätte der Richter wohl weitergehende Ermittlungen gegen den Kläger in Gang setzen können.
Klagen gegen mehr als ein Dutzend Taxiunternehmen wurden kostspielig
„Es verdienen immer nur die Anwälte“ war der Tenor zahlreicher Kommentare unter den Facebook-Teasern zu den verschiedenen Beiträgen, die unsere Redaktion in den vergangenen Monaten zum Osnabrücker Taxikrieg veröffentlichte.
War es diese Erkenntnis, die einen Mietwagenunternehmer dazu brachte am Gericht und auch am von ihm beauftragten Anwalt vorbei eine für ihn vorteilhafte finanzielle Lösung zu suchen?
Auf mehr als 20.000 Euro schätzt ein Osnabrücker Rechtsanwalt, mit dem unsere Redaktion die grundsätzlichen Fragen der aktuell laufenden Klagen gegen zahlreiche Taxiunternehmer diskutierte, die Vorleistung die vom Kläger zu erbringen war, um seine Kollegen aus dem Personenbeförderungsgewerbe aktenkundig zu machen. Und dieser Betrag umfasst nur die Zahlungen, die sein Anwalt dafür im Vorfeld in Rechnung gestellt haben dürfte. Über allem schwebt das Prozessrisiko, das bedeutet, dass vor Gericht auch ein Urteil droht, das so vom Kläger nicht erwartet wird. Dann werden auch die Anwaltskosten der Gegenseite und die Gerichtskosten fällig.
Mit der Gießkanne gegen das komplette Taxigewerbe
Überhaupt wundert sich unser Anwalt über die hohe Anzahl der im Raum stehenden Klagen und zuvor verschickten Unterlassungserklärungen. Wurde das Gericht hier mißbräuchlich genutzt um mit der Gießkanne das komplette Gewerbe zu schädigen, oder geht es wirklich noch um die Durchsetzung konkreter Ansprüche basierend auf einzeln festgestellten Verstößen? Diese Frage könnten andere Kläger stellen und damit den Spieß sprichwörtlich umdrehen.
Am Mittwoch trafen also Taxiunternehmer N* und Mietwagenunternehmer K* (* alle hier und im weiteren Verlauf abgekürzten Namen und Personen sind der Redaktion bekannt) am Landgericht am Osnabrücker Neumarkt aufeinander. Es ging wie bei ähnlichen Prozessen zuvor auch in dieser Woche darum, dass sich der eine Personenbeförderer mit seinem Auto an einer Stelle bereitgestellt hatte, an der er nach Ansicht seines Wettbewerbers nicht hätte stehen sollen. Beweismittel des Kläger waren verdeckt und mit Teleobjektiv gemachte Fotos.
Da zum fraglichen Zeitpunkt die nach Oldenburger Vorbild zukünftig auch für Osnabrück geltende Taxiordnung noch nicht rechtskräftig war – und dies bedingt durch einen bürokratischen Fehler bei der Antragstellung im Stadtrat vor der Sommerpause auch noch immer ist – sah die Angelegenheit aus Sicht des Klägers eigentlich ganz gut für ihn aus.
Mietwagenunternehmer verdient meist nichts an der Abmahnung
Allerdings (siehe oben) verdient hat bis dahin nur sein Anwalt. Lediglich wenn ein Taxifahrer eine strafbewährte Unterlassungserklärung abgibt, kann der Kläger irgendwann auf eine Vertragsstrafe hoffen. Sich auf so eine Lösung mit dem Mietwagenunternehmer einzulassen, davon raten allerdings viele Anwälte ihren Mandanten ab. Eine große Osnabrücker Kanzlei sucht sogar direkt über ihre Homepage nach Taxifahrern, die einen Rechtsbeistand suchen um nicht in vertragliche Verpflichtungen gegen ihren Wettbewerber einzuwilligen.
Denn geht ein Taxifahrer auf die ursprünglichen Forderungen des Mietwagenunternehmers ein, kann dieser ihn in den Folgejahren jederzeit und vollkommen legal zur Kasse bitten, wenn dieser bei einer Regelübertretung erwischt wird.
Plan B: Am Gericht und am Anwalt vorbei?
Ob dieses Abmahnen-Modell nicht zog, das Geld knapp und das Risiko vor Gericht doch einmal zu unterlegen zu hoch wurde?
Die unserer Redaktion vorgelegte Tonaufzeichnung, auf der der uns persönlich bekannte Mietwagenunternehmer zweifelsfrei zu erkennen ist, lassen den Schluss zu, dass ein „Plan B“ – am Gericht und am eigentlich mit der Durchsetzung der Klage beauftragten Anwalt vorbei – gesucht wurde.
Man könne die „Sache abschließen“, wenn seine Kosten erstattet würden, leitet Mietwagenunternehmer K das Gespräch ein, das er im weiteren Verlauf als „Privatvergleich“ bezeichnen wird, allerdings nicht ohne in diesem Kontext darauf aufmerksam zu machen, dass für den Fall, dass man sich nicht auf diesem Wege einig werde, bereits weitere Fotos vorhanden sind um vor Gericht neue Forderungen aufzumachen.
Taxiunternehmer S will darauf nicht eingehen und erwidert, dass ihm das alles nicht gefalle, wenn ihm gleichzeitig zu dem scheinbar versöhnlichen Angebot auch klargemacht wird, dass es noch weitere Beweise (Fotos) für andere angebliche Verstöße gibt.
Nur Bargeld – nichts schriftlich…
Es geht ein wenig hin und her, die beiden kommen nicht zueinander, vor allem als es nochmals um Details geht – der Taxiunternehmer hätte gerne schriftlich, dass er in Zukunft nicht mehr im Visier seine Wettbewerbers steht. Von einer schriftlichen Vereinbarung will der Mietwagenunternehmer aber nichts wissen, nur von Bargeld. Auch das Wort „Erpressung“ fällt, das man aus einer schriftlichen Vereinbarung ableiten könne. Nein, so der Mietwagenunternehmer, es soll alles ohne Unterschrift geregelt werden.
Selbst wenn Mietwagenunternehmer K dann Ruhe geben wird, befürchtet der Taxifahrer, dass dann andere Wettbewerber [verschiedene Namen werden genannt] weitermachen würden. Man kommt nicht zu einer Vereinbarung.
Unsere Redaktion bat den Mietwagenunternehmer am Donnerstag um eine Stellungnahme, erhielt jedoch keine Rückmeldung.
Kommentar des Redakteurs
Ob die Taxiordnung nach Oldenburger Vorbild in Zukunft für das Taxigewerbe mehr Rechtssicherheit bringen wird ist ebenso offen, wie die vom FDP-Ratsmitglied Oliver Hasskamp in der vergangenen Ratssitzung angemahnte Aufgabe der Politik, sich in Zukunft auch verstärkt um die Belange der Mietwagenunternehmen zu kümmern. Das was öffentlich, in Hinterzimmern und Gerichtssälen derzeit zwischen den Personenbeförderern passiert, ist geeignet Existenzen zu ruinieren!
Die Politik muss sich kümmern und es kann nicht angehen, dass wie vor der Sommerpause erlebt, einzelne Ratsmitglieder aus rein egoistischen Gründen eine sich bereits im Vorfeld abzeichnende Einigung auf eine unbürokratische Taxiordnung blockieren. Was ohne Rechtssicherheit und mit einer sich aus der Verantwortung stehlenden Lokalpolitik passiert, wird auf dem Rücken sowohl der Mietwagen. wie auch der Taxifahrer ausgetragen. Der Osnabrücker Taxikrieg ist in Wahrheit das Versagen der Lokalpolitik und Stadtverwaltung Rechtssicherheit zu schaffen und Aufsicht zu führen!