Zum Tag des weißen Stocks animierte TIER zu einem rücksichtsvollen und ordnungsgemäßen Fahren und Parken. /Foto: Ina Krüer
Jedes Jahr findet am 15. Oktober der internationale Tag des weißen Stocks statt, an dem blinde und sehbehinderte Menschen in Deutschland zu mehr Rücksicht auffordern. Der E-Scooter-Anbieter „TIER” arrangierte zu diesem besonderen Anlass eine Informationsveranstaltung auf dem Platz der Deutschen Einheit in Osnabrück.
TIER arbeitete für die Veranstaltung mit der Fachstelle Inklusion der Stadt Osnabrück, dem Behindertenforum in der Stadt Osnabrück, dem Seniorenbeirat Osnabrück und dem Regionalverein Osnabrück im Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen e. V. zusammen. Ziel der Aktion war es, Personen zu einem rücksichtsvollen und ordnungsgemäßen Fahren und Parken zu animieren, damit E-Scooter nicht zur Hürde für andere oder gar zur Stolperfalle werden. „E-Scooter können ein großes Hindernis für blinde und sehbehinderte Menschen darstellen. Daher ist uns besonders wichtig, mit unseren bundesweiten Informationsveranstaltungen Bewusstsein für die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer zu schaffen. Wir appellieren an alle Nutzerinnen und Nutzer, die E-Scooter und andere Fahrzeuge ordnungsgemäß und rücksichtsvoll abzustellen”, sagt Ioana Freise, Head of Cities Deutschland bei TIER.
E-Scooter als Stolperfalle
„Wir sind bei dieser Veranstaltung nicht da, um die E-Scooter zu verteufeln. Wir versuchen hingegen die Probleme und Risiken zu klären, die die Elektro-Roller mit sich bringen”, erklärt Paul Meimberg, Vorsitzender des Seniorenbeirats Osnabrück. Steven Brentrop leitet die Fachstelle Inklusion der Stadt Osnabrück. Als Blinder kennt er viele Probleme, mit denen Menschen mit Behinderung täglich konfrontiert sind. „Ich selber bin auch schon zigmal über E-Scooter gestolpert. Das passiert nahe zu täglich. Man muss total aufpassen, wenn man über den Bürgersteig läuft. Drüber stolpern ist nur das eine, mir persönlich ist zum Glück noch nichts Schlimmeres passiert”, berichtet Brentop.
Hilflosigkeit und Unsicherheit
Er fügt hinzu, dass außerdem auch Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer ihre Probleme mit den Scootern hätten. “Wenn die elektrischen Roller ganz normal und geordnet abgestellt werden, dann ist das an sich kein Problem. Aber wenn die E-Scooter auf dem Bürgersteig liegen, ist das wirklich ärgerlich für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer, Seniorinnen und Senioren sowie Personen mit Kinderwagen. Ich als Rollstuhlfahrerin muss beispielsweise jedes Mal einen riesen Umweg fahren. Nur weil jemand den E-Scooter auf den Gehweg liegen lässt”, erläutert Petra Mathiske vom Behindertenforum. Ein weiteres Problem ist in Ihren Augen, dass man die Tretroller nicht hört: “Ich erschrecke mich so oft, wenn jemand mit dem E-Scooter von hinten an mir vorbei fährt. Automatisch reiße ich den Rollstuhl rum. In so einer Situation fühlt man sich richtig hilflos.”
Das Konzept des E-Scooters generell findet Mathiske richtig gut, sie würde sich wünschen, dass sie auch als Rollstuhlfahrerin damit fahren könnte. TIER arbeite schon daran, das E-Scooter-Fahren für andere Personengruppen zu ermöglichen. „Es war nur ein hohler Gedanke meinerseits, aber wenn der E-Scooter-Anbieter das entwickeln könnte, wäre das echt spannend”, sagt die Rollstuhlfahrerin. Generell ist Sie über die Zusammenarbeit mit TIER erfreut: „Ich finde die Bereitschaft von dem Unternehmen prima, anderen Menschen zu helfen.”
Sticker in Brailleschrift
Anfang des Jahres gab es in Bremen in Zusammenarbeit mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen e. V einen erfolgreichen Testlauf mit Aufklebern in Blindenschrift. Auf den Stickern steht der Name des Unternehmens und die Telefonnummer zur Hotline. Bis Dezember werden jetzt sukzessiv 70.000 weitere Sticker auf TIER-Scootern in ganz Deutschland angebracht. In Osnabrück hat seit Freitag auch schon die Hälfte der Flotte einen Sticker. „Es gibt auf jeden Fall noch Verbesserungsideen für die Sticker, aber ich möchte erstmal noch weitere Rückmeldungen einholen, bevor wir neue rausbringen”, erklärt Matthias Weber, Regional Manager Westfalen bei TIER. Steven Brentop von der Fachstelle Inklusion sind die Aufkleber wichtig: „Somit können die E-Fahrzeuge gemeldet werden, falls sie im Weg liegen. Durch die Blindenschrift haben auch Sehbehinderte und Blinde die Möglichkeit, auf die Versperrung einer Straße oder eines Gehwegs aufmerksam machen.”
Weitere Ideen und Konzepte
Bentrop stellte am Informationstag auch noch drei weitere Ideen vor, um die Verwendung der E-Scooter für Passanten sicherer zu gestalten. “Einerseits könnte man feste Plätze vorgeben, wo die Tretroller abgestellt werden müssen. Dann würden die E-Scooter keine Stolperfalle sowie auch kein Hindernis mehr darstellen. Eine weitere Idee wäre es, an besonders engen Straßen und Wegen, ein Abstellverbot zu erlassen. Außerdem wäre ein dauerhafter leiser Ton sinnvoll, sodass man den E-Scooter hören kann.” Die ausgeklügelten Konzepte sind in Planung und müssen noch mit TIER besprochen werden. “Das alles ist natürlich ein langwieriger Prozess. Die E-Scooter sind verhältnismäßig neu, es braucht Zeit, bis Ideen entwickelt und auch umgesetzt werden können. Wir werden auf jeden Fall dran bleiben”, berichtet Bentrop.
Der Leiter des Behindertenforums freut sich über die Zusammenarbeit mit TIER: “Es ist nicht selbstverständlich, wie sich die Firma für Behinderte einsetzt.” TIER-Regionalmanager Weber sieht die Kooperation mit dem Behindertenforum als genauso wichtig an. “Es war und ist immer wieder spannend, mit Herrn Brentop zu telefonieren. Wir mussten auch erstmal lernen, was wir verbessern können, um alle Personen im Straßenverkehr zu schützen”, erklärt Weber.