Kurz vor Weihnachten nutzen viele Grundschulen die Gelegenheit mit ihren Klassen einen Ausflug ins Theater zu machen. In und um Osnabrück entschieden sich einige Schulen in diesem Jahr für das Stück „Der satanarchäölügenialkohöllische Wunschpunsch“ nach dem Kinderbuch von Michael Ende.
Besorgte Eltern sehen in der Geschichte aber eine „Zumutung für die Psyche kleiner Kinder“ – das zeige sich schon im Titel, der immerhin Satan, Hölle, Anarchie, Lügen und weiteres beinhaltet. Gerechtfertigte Kritik oder zu viel Aufregung?
„Der satanarchäölügenialkohöllische Wunschpunsch“ ist ein Kinderbuch aus dem Jahr 1989 und erzählt die Geschichte der beiden bösen Zauberer „Belzebub Irrwitzer“ und „Tyrannja Vamperl“ am Silvesterabend. Sie haben sich verpflichtet eine gewissen Menge böser Taten zu verüben, bevor das Jahr vorbei ist. Um das Soll noch zu schaffen, wollen sie den Wunschpunsch brauen, der alle Wünsche in ihr Gegenteil verkehrt. Der Kater „Maurizio di Mauro“ und der Rabe „Jakob Krakel“ vom hohen Rat der Tiere versuchen die Schwarzmagier aufzuhalten. Der Zauberer und die Hexe stehen dabei als Allegorie für die Umweltzerstörung durch Menschen, sowie Kapitalismus und Ausbeutung.
Eine Zumutung für die Kinder?
Einige Eltern beschweren sich nun über die Auswahl des Stückes. Die Kinder könnten „emotional gestört“ oder „verängstigt“ werden, hieß es in einem Elternbrief, der unserer Redaktion vorliegt. Da sich im Titel Wörter wie „Satan“, „Hölle“, oder „Lügen“ befinden, könne das von den Eltern nicht als pädagogisch sinnvoll betrachtet werden.
Auch der Bundestagsabgeordnete Waldemar Herdt (AfD) äußert sich kritisch und machte unsere Redaktion auf den vermeintlichen Skandal aufmerksam, der an seinem Wohnort im südoldenburgischen Neuenkirchen seinen Ausgang nahm:
„Was hat auch Satan, Anarchie, Archäologie, Lügen, Alkohol und Höllisch, alles Begriffe die das Stück im Titel wiederspiegeln, mit Weihnachten zu tun? Der Erziehungsauftrag der Schulen lautet unseren Kindern gute Werte und Wissen weiterzugeben, nicht diese zu verängstigen“, so der AfD-Politiker, der sich unter anderem bei der „Freikirche Lebensquelle“ engagiert, denen Teile des Osnabrücker Güterbahnhofs gehören. Es sei fraglich, ob die Kinder dieses „bei all dem niederträchtigen und mit Hölle und Hexe gefütterten Theaterstück“ überhaupt erkennen und auseinanderhalten können, worum es geht.
Herdt meint auch, dass die Eltern von der Grundschule Neunkirchen bewusst über den sich aus dem Titel erschließenden Inhalt getäuscht würden: “Das Theaterstück heißt »Der s… Wunschpunsch« – ein Märchen nach Michael Ende – klingt ja ganz nett, was soll man darunter auch verstehen? Würden die Schulen aber den vollen Titel des Stückes, das da heißt: »Der satanarchäölügenialkohöllische Wunschpunsch« schreiben, würden einige Eltern sicherlich zögerlicher werden und von dem Besuch ihrer Kinder im Theater absehen wollen.”
Wir fragen unsere Leser:
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Keine Bedenken seitens der Landesschulbehörde
Ist die Aufregung der Eltern gerechtfertigt? Vermittelt das Stück tatsächlich die falschen Werte? Auf Nachfrage unserer Redaktion bei der zuständigen Schulleitung und der Landesschulbehörde Niedersachsen wurde die Bedenken der Eltern mit Verwunderung aufgenommen. „Der Satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch ist ein Buch, das allerhöchste Auszeichnungen erhalten hat und bereits an vielen hochklassigen deutschen Bühnen sehr erfolgreich aufgeführt wurde. Das Stück erhält allgemein das Prädikat pädagogisch wertvoll”, erklärt eine Sprecherin der Landesschulbehörde. Außerdem sei das Stück von der Schule aufgrund seiner Ausrichtung zum Thema Umweltschutz gewählt worden. Es sei eigens eine Vor- und Nachbereitung zu diesem Theaterstück geplant worden.
Freundschaft und Zivilcourage
Auch das Osnabrücker Theater sieht in dem Stück keine Probleme „Der satanarchäölügenialkohöllische Wunschpunsch von Michael Ende, einem der weltweit berühmtesten zeitgenössischen Autoren für Kinder und Jugendliche, geht es um Werte wie Freundschaft, Zivilcourage und Schutz von Tieren und Umwelt – Werte, die grundlegend sind für eine humane und demokratische Gesellschaft. Viele tausend Besucherinnen und Besucher, Kinder ebenso wie Erwachsene, zeigten sich bis jetzt von der Produktion begeistert. Gerne laden wir Herrn Herdt ein, das Theaterstück persönlich zu besuchen, um sich von der Begeisterung der Kinder und der hohen künstlerischen Qualität ein Bild zu machen“, heißt es in einem Statement. Tatsächlich wurde die berühmte Geschichte schon diverse Mal in Theatern in Deutschland aufgeführt und flimmerte als 52-teilige Kinderserie am Anfang der 2000er einige Jahre über die Bildschirme.
Ob die besorgten Eltern ihre Kinder zu dem, ab sechs Jahren freigegebenen, Theaterstück gehen lassen, müssen sie selber entscheiden. Alle anderen können sich zum Beispiel am Freitag von der Geschichte überzeugen lassen. Mehr Informationen zu Spielzeiten und Tickets finden Sie auf der Website des Theaters.