Osnabrück soll autofrei werden, so oder ähnlich tönt es immer wieder aus dem Rathaus. Da werden wohl viele Osnabrückerinnen und Osnabrücker bald auf das Fahrrad oder die eigenen Beine umsteigen müssen – soweit eigene Gesundheit und das Wetter das zulassen. An vielen Haltestellen der Stadt werden nach Plänen der Stadtwerke bald schon deutlich weniger Busse halten – oder überhaupt nicht mehr.
„Abschnitt entfällt“ heißt es nach unserer Redaktion vorliegenden Plänen bald für ein halbes Dutzend Buslinien, deren Streckenverlauf radikal zusammengekürzt werden soll. Aber auch sonst haben es die Pläne der Stadtwerke in sich. Wer am Stadtrand wohnt hat oft verloren. Wo die Linie nicht gleich ganz wegfällt, werden die Taktzeiten verlängert. Und der „Nachtbetrieb“ der Stadtwerkebusse soll schon bald um 21:30 Uhr beginnen.
Alter Vorstand verlor Kontrolle über Finanzen – jetzt verlieren viele Osnabrücker ihre Busanbindung
Die Stadtwerke müssen sparen, sparen, sparen. Die alte und inzwischen abgesetzte Führungsmannschaft hat den städtischen Betrieb so tief in die Miese gefahren, dass das Nachrichtenmagazin Der Spiegel im vergangenen Jahr bereits die baldige Pleite der Osnabrücker Stadtwerke voraussagte.
Ganz so schlimm wird es wohl nicht kommen, doch es wird weiter gespart bei den Stadtwerken. Dieser Sparkurs bedeutet dann meist: Die Bürger müssen mehr zahlen. Oder gar nicht mehr, weil zum Beispiel der Bus bald nicht mehr fährt.
Nachdem die Bädertarife bereits mehrmals teurer wurden, soll jetzt deutlich am Personennahverkehr (ÖPNV) gespart werden.
Kommunalpolitiker werden am kommenden Donnerstag über Streichpläne informiert
Im Schnelldurchlauf werden erst die Mitglieder des Stadtentwicklungsausschusses (StUA) am kommenden Donnerstag, und dann am 19. September der Stadtrat über eine irre Streichliste entscheiden, die es in sich hat. „Ist das der Abschied von der Verkehrswende“, diese Frage dürften sich nun wohl nicht nur die stellen, die nach dem Corona-Chaos im ÖPNV ihr Auto in weiser Voraussicht nicht verkauft haben.
Ein Grund für die Streichpläne, der allerdings in der Vorlage für die StUA-Sitzung nicht erwähnt wird, dürfte auch die angespannte Personalsituation sein: Den Stadtwerken fehlt es nicht nur an Geld, sondern auch an Fahrern. Bereits 2018 wurde prognostiziert, dass bis 2030 drei von vier Fahrern in den Ruhestand gehen.
Insgesamt versprechen sich die Stadtwerke von den aktuellen Streichplänen eine Einsparung in Höhe von 1,46 bis 1,84 Millionen Euro.
Der Streichplan der Stadtwerke kurz zusammengefasst
Linie 19: Keine Fahrten mehr zwischen Sandgrube und Hörne
Die Buslinie 19 fährt nicht mehr zwischen den Haltestellen Sandgrube und Hörne. Begründet wird die Maßnahme, die ein ganzes Stadtviertel am Rande von Hellern vom ÖPNV abschneidet, damit, dass dort nur wenige Leute den Bus nutzen. Wer in der Nähe von Hörne wohnt, könne stattdessen die Linie M4 an der Lengericher Landstraße nehmen. Für Schüler sind immerhin Extrafahrten geplant.
Es ist erst fünf Jahre her, dass die Anwohner von Hörne für den Erhalt der Busanbindung gekämpft haben, damals standen Vorwürfe im Raum, dass die Stadtwerke der Politik ein falsches Bild von den Fahrgastzahlen auf der Linie 19 vermittelt hatten.
Linie 10/20: Änderungen bei der Ringlinie – keine direkte Verbindung mehr von Haste/Dodesheide in den Schinkel
Die kurz vor Corona mit vielen Vorschusslorbeeren eingeführte Ringlinie 10/20 wird weiter zusammengekürzt. Künftig soll der Abschnitt zwischen Rosenburg und Widerhall entfallen. Auch hier werden „zu wenige Fahrgäste“ als Grund genannt. Die Linie startet und endet jetzt an der Haltestelle Schulzentrum Sonnenhügel. Wer zwischen Haste oder der Dodesheide und dem Schinkel fahren möchte, muss dann umsteigen – oder das Auto nehmen.
Am Samstag fährt die Linie 10/20 auch im Abschnitt Natruper Straße – Sonnenhügel nicht mehr. Aber der Abschnitt bis zum Hauptbahnhof bleibt. Mit Fertigstellung der neuen Erschließungsstraße am Wissenschaftspark soll diese Linie dann auf direktem Weg über Breite Güntke – Römereschstraße geführt werden. Die als „Umwegfahrt“ bezeichnete Route über den Eversburger Platz entfällt dann. Wer will oder darauf angewiesen ist, soll im Bereich Natruper Straße zwischen der Ringlinie und den Linien M2 und 16 umsteigen.
Linie 16: Endet jetzt am Hauptbahnhof – Gretesch verliert wichtige Busanbindung
Die Linie 16 fährt nicht mehr bis Gretesch/Gretescher Turm. Stattdessen endet sie am Hauptbahnhof. Wer in der Gegend der Belmer Straße wohnt, soll die Linien M3, 18 und 19 nutzen.
Linie M3: Wird verlängert bis Strothmannsweg
Als „Teilkompensation“ für die radikale Kürzung der Linie 16 wird die Linie M3 bis Bornheide/Strothmannsweg verlängert.
Das der Bereich Gretesch / Gretescher Turm künftig nicht mehr angefahren wird, wird mit sehr geringer Fahrgastnachfrage begründet.
Linien 16/17: Neue Strecken – Einschränkungen für Eversburg und Büren
Die Linie 17 fährt zukünftig, sofern der Plan umgesetzt wird, neu zwischen Berningshöhe und Voxtrup. Der östliche Abschnitt bis Eversburg/Büren wird nicht mehr bedient. Dafür gibt es jetzt die Linie 21 zwischen Hellern Nord und Landwehrviertel.
Zwischen Hauptbahnhof und Eversburg/Büren (-Westerkappeln) verkehrt die Linie 16 tagsüber noch im 20-Minuten-Takt. Abends und am Wochenende allerdings nur noch „mit ausgedünntem Bedienungsangebot“. Zu den Vorlesungszeiten am Campus Westerberg soll diese Linie im Abschnitt Hauptbahnhof – Wissenschaftspark dann wieder im 10-Minuten-Takt fahren.
Abends bedeutet „Verkehrswende“ zukünftig „weniger Fahrten“
Der Nachtverkehr soll zukünftig bereits um 21:30 Uhr beginnen. Die abendliche Anschlusskreuzung am Neumarkt findet nach den vorliegenden Plänen statt um 22:30 Uhr bereits um 21:30 Uhr statt. Ab diesem Zeitpunkt wird dann der Nebenverkehrstakt angeboten.