Ein Leitartikel von HASEPOST-Herausgeber Heiko Pohlmann.
In einem lesenswerten Artikel hat die NOZ vergangenen Samstag (Abruf ggf. kostenpflichtig) nochmals ein paar Details zur neuerlichen Normenkontrollklage nachgereicht, über die HASEPOST bereits am 7. September exklusiv berichtete.
wenn (…) Unibail Rodamco plötzlich ihr Geschäftsmodell grundsätzlich ändern (…) würde
NOZ-Redakteur Wilfried Hinrichs ergänzte seinen Artikel zusätzlich um einen Kommentar, der online leider nicht verfügbar ist.
In diesem Kommentar schreibt er den Center-Kritikern ins Stammbuch: „Nur wenn die Muttergesellschaft Unibail Rodamco plötzlich ihr Geschäftsmodell grundsätzlich ändern oder wirtschaftlich in die Knie gehen würde, könnte „Oskar“ – so der Arbeitstitel in Osnabrück – infrage gestellt werden. Aber für derlei Eruptionen gibt es keinerlei Anzeichen.“
Dass der französische Multi in absehbarer Zeit „wirtschaftlich in die Knie“ gehen wird, dafür gibt es tatsächlich keine Anzeichen. Auf eine grundsätzliche Änderung des Geschäftsmodells lassen sich allerdings durchaus Hinweise finden, wenn man nur ein wenig hinter die Kulissen der offiziellen PR-Meldungen schaut.
Ob dies eine „Eruption“ sein wird? Für den Pariser Mutterkonzern und den für das Deutschlandgeschäft federführenden kanadischen Investmentfond sicher nicht – für die Stadtplanung in Osnabrück vermutlich schon. Auch ein Verkauf des noch nichteinmal begonnenen Bauprojekts an einen neuen Bauherren dürfte nicht ohne politische Folgen sein, wurde von Seiten des inzwischen faktisch aufgelösten Projektinitiators mfi und den Projektbefürwortern im Stadtrat, den Osnabrückern doch eine Kontinuität am Standort versprochen. Eine Kontinuität, die schon jetzt, durch zwischenzeitlichen Unternehmensverkauf, Umfirmierung und Austausch der Ansprechpartner, kaum noch erkennbar ist.
Doch für einen Abgesang ist es zu früh – die Fakten des offensichtlichen Strategiewechsels sollte man sich dennoch genauer anschauen.
Strategiewechsel von Unibail-Rodamco ist kein Geheimnis
Der Investment-Blogger Stefan Schmolz, der Unibail-Rodamco wegen einer hohen Ausschüttungsquote empfiehlt, schreibt über den „Immobilien-Riesen“ auf seiner Website: „Das Unternehmen konzentriert sich auf große Einkaufscenter in europäischen Metropolen. Dort wird mehr Umsatz(-wachstum) und Gewinn erwirtschaftet als in kleineren Shopping Centern. Daher ist der Konzern dabei, non-core retail Assets (kleinere Shopping Center) zu verkaufen.“
Bei den Stichworten „große Einkaufscenter“ und „europäische Metropolen“ mag das beschauliche Projekt in Osnabrück irgendwie nicht in die Strategie passen.
Eine Strategie, die auch vom CEO des Mutterkonzerns Christophe Cuvillier gegenüber Investoren unter dem Titel „Reshaping the retail portfolio“ zu einem strategischen Ziel geworden ist, welches das folgende Ergebnis bringen soll: „The creation of a pan-European homogenous super prime portfolio“ – nachzulesen in einer Erklärung zu den Vorjahresergebnissen des Konzerns.
Osnabrück als Teil eines homogenen „super prime portfolios“?
Was genau stellt sich der in Paris angesiedelte Konzern, zu dessen Projekten große und größte Einkaufszentren wie das Centro in Oberhausen oder die Hafencity in Hamburg gehören, unter einem solchen Portfolio vor? Und wie kann ein solches Portfolio „homogen“ sein, wenn neben Großprojekten wie dem Centro und der Hafencity auch Osnabrück dazugehören soll?
Ein Dutzend kleine Einkaufszentren wurden bereits verkauft
Um zu verstehen was die neue Strategie bedeutet, lohnt es sich einige Transaktionen anzuschauen, die man durchaus als „Portfolio-Bereinigung“ bezeichnen kann.
So wurden im vergangenen Jahr erst sechs kleinere Einkaufszentren an die Carrefour-Gruppe verkauft, sechs weitere in Frankreich angesiedelte Objekte wechselten ebenfalls im Herbst desselben Jahres den Besitzer, was mehr als anderthalb Milliarden Euro in die Kasse spülte.
Investor: „Großstadt“ ist keine notwendige Bedingung
Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte eine Sprecherin der Unibail-Rodamco: „Für unsere Centerprojekte suchen wir nach attraktiven Standorten. Das mögen in der Mehrheit durchaus europäische Großstädte sein. Aber dies ist keine notwendige Bedingung.“
Von Seiten des Investors wird darauf verweisen, dass aktuell eröffnete Projekte wie das „Palais Vest“ in Recklinghausen und das „Minto“ in Mönchengladbach die getroffene Aussage bestätigt zeigen würden.
In der Antwort auf unsere Nachfrage erwähnt die Unternehmenssprecherin allerdings nicht, dass beide Standorte bereits weit fortgeschritten bzw. fertiggestellt waren, als in Paris die Strategie geändert wurde. Auch die vollkommen anderen Größenverhältnisse, im Vergleich zu Osnabrück, blieben unerwähnt.
Sowohl das Einkaufszentrum in Mönchengladbach, als auch das Center in Recklinghausen, liegen zwar nicht in Metropolen, verfügen nach eigenen Angaben jedoch über mehr als 40.000 Quadratmeter Fläche. Das unter dem Namen „OSKAR“ laufende Projekt am Osnabrücker Neumarkt wird – selbst wenn der Stadtrat allen Wünschen des Investors nachkommen sollte – nur knapp halb so groß werden.
Wirklich investiert wurde in Osnabrück noch nicht
Die zwischenzeitlich durch die eigens dafür gegründete Neumarkt 14 GmbH übernommenen Immobilien am Standort dürften in den vergangenen Monaten grundsätzlich nicht an Wert verloren haben. Wirklich kostenintensive und einen konkreten Bau vorbereitende Maßnahmen werden bislang nicht durchgeführt, obwohl auch die aktuell laufende Normenkontrollklage dies nicht verhindern würde.
Daher steht nüchtern und unter wirtschaftliche Gesichtspunkten betrachtet einem Aus des Projekts bislang nichts entgegen.
Alle jemals genannten Eröffnungstermine, bis zur jetzt im Raum stehenden unkonkreten Angabe „2107/2018“ sind ja bereits Makulatur, wie wir vor rund zwei Wochen darlegen konnten.
Von Seiten des Investors sieht man das öffentlich natürlich anders, dort heißt es: „An unserer Entscheidung, in den Standort Osnabrück zu investieren, halten wir nach wie vor fest.“
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