v.l. Prof. Dr. Andrea Becher (Universität Paderborn), Wolfgang Beckermann (erster Stadtrat für Bildung, Kultur und Soziales) und Kristine Greve (Büro für Friedenskultur Osnabrück) stellen das erarbeitete Material zum Projekt Stolpersteine Osnabrück vor. /Foto: Ina Krüer
Was sind Stolpersteine? Und wie genau kommen diese Gedenksteine in den Boden? Das Büro für Friedenskultur der Stadt Osnabrück hat in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Andrea Becher von der Universität Paderborn Projektmaterial zum Projekt Stolpersteine Osnabrück für die Grundschule und Sekundarstufe I erarbeitet.
In Osnabrück werden seit 2007 sogenannte Stolpersteine in Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus verlegt. Sie sind im Stadtbild präsent, denn sie werden in die Gehwege vor den Häusern verlegt, in denen die Menschen wohnten oder arbeiteten. Jeder der bisher verlegten 296 Steine steht für eine Lebensgeschichte, die mit einem konkreten Ort in der Stadt verbunden ist. „Hinter jedem Stolperstein steht ein Pate. So sind es die Bürgerinnen und Bürger Osnabrücks, die das Gedenkprojekt tragen“, erklärt Christine Grewe vom Büro für Friedenskultur Osnabrück.
„Gerade wenn Schulklassen die Stolpersteine verlegt haben, war die Stimmung immer sehr emotional. Man hat den Kindern angemerkt, dass sie sich in die Situation hineinversetzt haben“, berichtet Grewe.
Frühzeitige Prävention und Aufklärung
Damit Kinder und Jugendliche antisemitischen oder rassistischen Inhalten oder Verschwörungsmythen mit einem kritischen Bewusstsein begegnen, ist frühzeitige Prävention und Aufklärung nötig. „Im Sinne eines Nie Wieder! ist die Thematisierung des Nationalsozialismus wichtig. Es wird verdeutlicht, wohin Antisemitismus und Rassismus führen können“, sagt Wolfgang Beckermann, erster Stadtrat für Bildung, Kultur und Soziales. In den Schulen wird erst in Klasse 9 oder 10 thematisiert, was der Nationalsozialismus ist. Das sei laut Beckermann viel zu spät.
Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit nimmt zu
Die Biografien und Schicksale, die sich hinter den Inschriften auf den Steinen verbergen, bieten didaktisch-methodische Möglichkeiten, sich auch schon in der Grundschule und der Sekundarstufe I mit dem Nationalsozialismus und insbesondere der lokalen NS-Geschichte zu beschäftigen. Vor dem Hintergrund eines stärker werdender Antisemitismus und einer zunehmenden Fremdenfeindlichkeit komme den Stolpersteinen gerade jetzt eine besondere Bedeutung zu. „In Bezug auf antisemitistische Straftaten wurde im Jahr 2020 ein neuer Höchstwert erreicht. Antisemitismus ist gerade im Netzwerk weltweit verbreitet“, berichtet Beckermann. „Damit Kinder und Jugendliche bereits frühzeitig und altersgerecht Informationen über die NS-Zeit lernen können, eignet sich das Projektmaterial zu den Stolpersteinen in besonderer Weise“, erklärt er.
Projektmaterial für Kinder und Jugendliche
Das Projektmaterial umfasst zum einen eine Handreichung für Lehrkräfte, die das Material erläutert, sowie die Lernziele und Methoden vor dem Hintergrund der Vorgaben im Lehrplan aufzeigt. „Der zweite Teil des Projektmaterials ist unser Herzstück“, erklärt Prof. Dr. Andrea Becher von der Universität Paderborn. Die in verschiedene Bausteine untergegliederten Arbeitsblätter und Materialien geben Informationen zum Projekt Stolpersteinen allgemein, zu ausgewählten Opfergruppen des Nationalsozialismus – jeweils mit Bezug zum historischen Geschehen in Osnabrück. Ergänzt wird dieses Material durch ausgewählte Biografien Osnabrücker Kinder und Jugendlicher, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. Abschließend wird ein Deckblatt angeboten, dass die Schülerinnen und Schüler für ihre Projektmappe nutzen können.
Für jeden zum Downloaden
Das Material eignet sich nicht nur für die Arbeit in Schulen, sondern auch für die Projektarbeit mit Kinder- und Jugendgruppen in verschiedenen außerschulischen Institutionen. Kinder sowie Lehrerinnen und Lehrer können frei aus den einzelnen Bausteinen Materialien wählen. Die unterschiedlichen Arbeitsblätter bauen nämlich nicht aufeinander auf, können aber miteinander verknüpft werden.
Die einzelnen Module des Materials können auf der Internetseite der Stadt Osnabrück heruntergeladen und je nach Bedarf vervielfältigt werden. „Wir würden uns über eine Rückmeldung freuen, damit wir die Projektmaterialien gegebenenfalls optimieren können“, sagt Grewe.