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Stadtwerke-Seilbahnsystem „Haseflyer“ soll Nahverkehr der Stadt Osnabrück revolutionieren [Update]

Wie soll der öffentliche Personennahverkehr der Zukunft aussehen. Seit Jahren zerbrechen sich die Verantwortlichen der Stadtverwaltung, der Politik und nicht zuletzt der Osnabrücker  Stadtwerke darüber den Kopf. Bedingt durch die aktuelle Corona-Krise wurden jetzt hinter verschlossenen Türen Pläne diskutiert und durch die Indiskretion eines Sitzungsteilnehmers ein ehrgeiziger Zeitplan bekannt, der einen radikalen Wandel für den Nahverkehr der Hasestadt verspricht.

[Update 2. April 2020] Das war natürlich nur ein Aprilscherz, doch „machbar“ wäre ein Haseflyer tatsächlich. Mehr dazu hier im Morgen-Kommentar vom 2. April.

Busse mit Dieselfilter und Elektroantrieb, alle Bürger auf das Fahrrad und die neue Waschmaschine kommt per Lastenrad? Oder doch lieber eine Straßenbahn wie vor hundert Jahren, die im Verlauf der Bremer Straße an der Steigung des Schinkelberg an ihre technischen Grenzen geraten würde? Der Nahverkehr verlangt nach wirklich neuen Lösungen, und das schnell!
Im vergangenen Jahr wurden erstmals Pläne für ein „Sun Glider“ getauftes System bekannt, das der Wuppertaler Schwebebahn recht ähnlich sieht. Ist das die Lösung für Osnabrücks Verkehrsprobleme? Wie wird die Zukunft ohne oder zumindest mit immer weniger Autos wirklich aussehen?

Pläne wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit präsentiert

„Krisen sind immer auch eine Chance um radikale Neuerungen umzusetzen“. Mit diesen Worten eröffnete Avril Skämt, die aus Norwegen stammende Gründerin des StartUps „Haseflyer“ ihren Vortrag am Montag im nicht-öffentlich tagenden Verwaltungsausschuss der Stadt. In der – trotz Corona-Krise – einberufenen Sondersitzung, präsentierten Vertreter von Stadtwerken, Landesregierung und einem Konsortium aus Vertretern der lokalen Wirtschaft, konkrete Pläne, die bereits ab diesem Sommer umgesetzt werden sollen. Unserer Redaktion liegt ein ausführliches Protokoll und eine Kopie der Powerpoint-Präsentation vor, aus der wir die Eckpunkte vorstellen.

Haseflyer
Lautlos schweben die Gondeln des Haseflyer durch Osnabrück, Entwurf: Avril Skämt

In Zukunft wird es keine Busfahrer mehr geben

Auslöser für die hektische Betriebsamkeit ist die Einsicht aller Beteiligten, dass ein Nahverkehrssystem, das sich auf die Verfügbarkeit von Busfahrern und den notwendigen Gesundheitsschutz für dieses Personal stützt, keine Zukunft mehr hat.
Bei Beginn der Planungen war man noch davon ausgegangenen, dass der eigentliche Treiber für neue Nahverkehrssysteme vor allem der Fachkräftemangel bei Busfahrern sei. Unabhängig davon gingen alle Beteiligten bereits bei Projektbeginn im vergangenen Jahr davon aus, dass es zu lange dauern würde auf „selbstfahrende“ Busse zu warten. „Gefragt sind Lösungen, die schnell umsetzbar sind und auf vorhandene und bewährte Technik setzen“, so ein im Protokoll nicht namentlich genannter Vertreter der Verwaltung.

Das Startup der Norwegerin Skämt, die durch ihr Studium an der Hochschule Osnabrück an die Hase kam, kann für die schnelle Umsetzung auf die Technologie des Familienunternehmens Skämt&Bedrager AB zurückgreifen, Skandinaviens führender Hersteller von Seilbahnsystemen, bislang vorwiegend für Skigebiete in Nordeuropa, Kanada und den USA.

Erste Route folgt dem Verlauf der Hase durch die Stadt

Die erste Route, für die bereits in diesem Sommer die Fundamente für die Tragpfeiler installiert werden sollen, führt entlang der Hase vom Neumarkt (die Station wird voraussichtlich vor dem Gebäude von Kaufhof entstehen) bis nach Haste. Die Seilbahn wird dabei bis zur Römereschstraße dem Flussverlauf folgen. Auf Höhe des Fastfood-Restaurants KFC wird eine Umsteigestation entstehen, von wo aus bereits ab kommendem Jahr Eversburg und die Endhaltestelle im neuen Wohngebiet Landwehrviertel an das Seilbahnsystem angebunden wird.
In der Gegenrichtung wird die erste Linie des Haseflyers am Hauptbahnhof vorbei bis nach Düstrup weitergeführt.

Neue Elektrobusse werden ab 2025 nur noch in den Landkreis fahren

„Durch die geografische Lage der Hase können wir die bisherigen Metrobuslinien M1 und M2 bereits knapp ein Jahr nach der Einführung des neuen Busliniennetzes wieder ablösen“, wird ein Mitarbeiter der Stadtwerke zitiert, der in Aussicht stellt, dass die freiwerdenden Busse und Fahrer dann für die anderen Metrobuslinien M3-M5 eingesetzt werden um bei Fertigstellung des Haseflyer-Gesamtnetzes (etwa 2025) als Backup und für Verbindungen in den Landkreis eingesetzt werden zu können. Dafür prüfen die Stadtwerke bereits jetzt, wie die Akkus gegen leistungsfähigere Stromspeicher ausgetauscht werden können und mit den eigentlich für die Innenstadt beschafften Bussen auch Strecken bis nach Bissendorf oder Bramsche elektrisch zurücklegen zu können.

Bei der Gestaltung der Gondelkabinen, und für kleine elektrische Zubringerbusse (System „Hubi“) wird der norwegische Systempartner auf Design-Ideen aus dem Sunglider-Projekt zurückgreifen.

Stadtwerke-Seilbahnsystem "Haseflyer" soll Nahverkehr der Stadt Osnabrück revolutionieren [Update]
So könnten die Fahrzeuge des Sungliders aussehen. / Foto: Dieter Otten

Hellern, Belm und der Schinkel werden 2022 an das Seilbahnsystem angebunden

Als zweite große Magistrale des Haseflyers wird die Verbindung über den Schinkelberg bis nach Belm bzw. in der Gegenrichtung bis Hellern angegangen. Mit einer Fertigstellung wird bis zum Jahresende 2022 gerechnet. Auch hierfür sollen bereits Vorverträge mit dem Hersteller Skämt&Bedrager AB geschlossen worden sein. Die Norweger sehen Osnabrück als „Showcase“ für den Nahverkehr der Zukunft, der „mindestens 5 Metern über den Köpfen schweben wird“, so Projektinitiatorin Avril Skämt bei der Präsentation des Konzepts am Montag.

Gondelbahnhof am Domhof – Theater soll in OsnabrückHalle umziehen

Die Kosten von ungefähr 100 Millionen Euro für die Anbindung von Haste, Düstrup, Eversburg, Schinkel, Belm und Hellern, so das uns vorliegende Konzeptpapier, werden zu 80% vom Land Niedersachsen getragen. Einzige Vorgabe der Landesregierung ist allerdings, dass die Theatersanierung (Kostenschätzung im vergangenen Jahr 80 Millionen Euro) auf Eis gelegt wird. Mittelfristig soll der zentrale Umsteigepunkt für den Haseflyer in die Altstadt verlegt werden. Nach einer „Entkernung“ des Jugendstil-Gebäudes am Domhof, in dem bislang das Theater untergebracht ist, wird dort ein „Gondelbahnhof“ entstehen, von dem aus alle Stadtteile „schwebend“ erreicht werden können. Das Theater Osnabrück wird eine neue Spielstätte in der OsnabrückHalle bekommen.

Unterzeichnung aller Verträge noch am Mittwochnachmittag im Rathaus

Die Vertragsunterzeichnung mit Vertretern aus dem Landeswirtschaftsministerium, der Stadtwerke und der Verwaltung ist bereits für Mittwochnachmittag (1. April 2020) geplant. Offenbar sollen schnell Fakten geschaffen werden, um Protesten von Busfahrern, Mitarbeitern der Städtischen Bühnen und Freunden des Theaters oder einer Straßenbahn aus dem Weg zu gehen. Die aktuellen Versammlungsverbote können so zum Wohl des Nahverkehrs der Zukunft genutzt werden.


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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