Durch Freigabe der Wechselkurse drohen der Stadt neue Schulden in Millionenhöhe
Es ist schon 15 Jahre her, da wollte die Stadt Osnabrück unter Oberbürgermeister Hans-Jürgen Fip (SPD) ganz besonders clever sein und angesichts hoher Zinsen in der Heimat einen Teil der städtischen Schulden in die Schweiz auslagern.
Statt “bei einer Bank vor Ort”, so wie man es jedem Bürger beim Hausbau oder Autokauf rät, nahm die Hasestadt Kredite in der Alpenrepublik auf und vertraute darauf die Wechselkurse und Zinsen würden sich nur in die erhoffte Richtung bewegen – taten sie aber nicht!
Es gab ja auch scheinbar gute Gründe: die Zinsen in der Schweiz waren damals niedrig und in der Euphorie der Euro-Einführung erwartete man einen starken Euro, der die Rückzahlung der ins Ausland verlagerten Schulden erheblich verbilligt hätte.
Es kam aber alles ganz anders. 2008 brach der Eurokurs ein und bei den Verantwortlichen in der Stadtverwaltung der Schweiß aus. Es wird wohl kalter Angstschweiß gewesen sein, denn bereits 2011 hatte sich das “Schweizer Abenteuer” in eine Horrorstory verwandelt: der Buchverlust soll schon zu diesem Zeitpunkt bereits sieben Millionen Euro betragen haben! Realisiert wurden die Verluste jedoch nie, stattdessen “prolonguierte” (verlängerte) die Verwaltung die laufenden Kredite Jahr um Jahr.
Im Rahmen einer heute eilig einberufenen Pressekonferenz erklärte der Leiter des Fachdienstes Zins- und Schuldenmanagement Carsten Michel, dass nach 2010 keine weiteren Kredite in der Schweiz mehr aufgenommen wurden.
Wechselkursrisiken waren spätestens 2011 bekannt
Schon 2011 mußte die Stadt zugeben, dass sie bei einem Wechselkurs von 1,48 Schweizer Franken pro Euro in der Verlustzone ist. Nachdem die Schweizer Notenbank vergangene Woche den Wechselkurs freigegeben hatte – was zwar unerwartet kam, aber immer im Bereich des Möglichen lag – liegt der Wechselkurs inzwischen bei etwa 1,01 Franken pro Euro. Die ersten städtischen Kredite in der Schweiz wurden noch bei einem Wechselkurs von 1,60 Franken zu 1 Euro aufgenommen.
Als die Risiken einer Kreditaufnahme im Ausland schon vor vier Jahren offensichtlich waren, beauftragte der damalige Stadtkämmerer Horst Baier die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft “PricewaterhouseCoopers” (PWC) um eine Strategie für die zukünftige Kreditaufnahme zu entwickeln. Das Konzept der extern eingekauften Spezialisten war im Kern serh einfach: keine Kreditaufnahme in Schweizer Franken.
Was aber blieb waren die “alten” Kredite und die Hoffnung, der Wechselkurs würde sich irgendwann auch wieder zu Gunsten der Stadt ändern. Zudem gab es eine Zusicherung der Schweizer Notenbank an die Finanzmärkte, den Wechselkurs des Franken zukünftig an den Euro zu koppeln.
Oberbürgermeister Wolfgang Griesert erklärte heute gegenüber der Presse, dass der Stadt bislang noch keine Verluste entstanden seien. Die gesamte in der Schweiz aufgenommene Kreditsumme in Höhe von 49,4 Millionen Schweizer Franken ist auf insgesamt neun Kredite verteilt. Der erste Kredit, der zu den neuen Wechselkursen auslaufen wird, ist im März fällig. Sollte dieser Kredit nicht – wie in den vergangenen Jahren üblich – verlägert werden, würde eine Umschuldung in Euro einem realisierten Verlust von 1,7 Millionen Euro entsprechen. Vermutlich wird es dazu aber nicht kommen, die Stadt rechnet mit einer Erholung des Wechselkurses, so Griesert, da auch die schweizer Binnenwirtschaft durch die neuen Kursverhältnisse schwer unter Druck geraten sei.
Sparkasse hätte ihren Kunden keine Kredite in der Schweiz empfohlen
Sparkassenvorstand Johannes Hartig, der ebenfalls zu der Pressekonferenz eingeladen war um den volkswirtschaftlichen Hintergrund der aktuellen Zinsentwicklung zu erläutern, geht ebenfalls von einer Kurserholung aus und betont, es hätte keine Signale im Markt gegeben, die auf die aktuelle Entwicklung hingewiesen hätten.
Auf der Nachfrage, ob er seinen privaten oder geschäftlichen Kunden eine Kreditaufnahme im Schweizer Franken empfohlen hätte, antwortete der Sparkassen-Chef einsilbig aber deutlich: “Nein”!
Hartig ergänzte später jedoch gegenüber der HASEPOST, dass Privatkunden auch nicht zuzumuten sei Wechselkurse im Auge zu behalten und Firmenkunden bereits ein Geschäftsrisiko zu tragen hätten und zusätzlich die Bilanzierung von Auslandskrediten für Geschäftskunden sehr schwierig sei.
Kaum tröstlich, aber dennoch interessant: nach Angaben der Wirtschaftswoche ist Osnabrücks Nachbarstadt Münster deutlich schwerer von den aktuellen Wechselkursen betroffen. Mit insgesamt 118 Millionen Euro sollen unsere westfälischen Nachbarn in der Schweiz verschuldet sein.
HP
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