Nicht im Bereich der Gartlage und zukünftig wohl auch nicht mehr auf der Illoshöhe: Der VfL Osnabrück bekommt einen neuen Trainingstandort auf dem Schinkelberg.
In der letzten Ratssitzung – noch in alter Zusammensetzung – konnten die scheidenden Ratsherren und -frauen von CDU und SPD durchsetzen, was sie bereits vor dem Wahltermin in geheimer Sitzung beschlossen hatten und was an einer dafür eigentlich vorgesehenen öffentlichen Debatte vorbeigemogelt werden sollte.
Ist es realistisch, dass der VfL Osnabrück noch in diesem Winter an einem neuen Trainingsstandort auf dem Schinkelberg trainieren kann? Reichen rund 1,5 Millionen Euro aus, um einen maroden Sportplatz in eine für einen Profiverein geeignete Trainingsstätte umzubauen. Und für wie lange Zeit wird der VfL diesen Standort nutzen und sich auch tatsächlich substanziell an den Kosten beteiligen?
Oberflächlich betrachtet ging es um die oben genannten Sachthemen. Doch bei der letzten Sitzung des scheidenden Stadtrats ging es vor allem auch um gleich mehrere tieferliegende Themen und Befindlichkeiten – und um den gescheiterten Versuch von CDU und SPD das Öffentlichkeitsprinzip der kommunalen Selbstverwaltung auszuhebeln.
Grüne wollten Entscheidung neuem Stadtrat überlassen
„Zwei Jahre läuft jetzt schon die Suche nach einem Standort für ein Trainingszentrum des VfL in Verbindung mit einem Jugendleistungszentrum“, erinnerte Volker Bajus von den Grünen die Ratsmitglieder. Bajus brachte die Situation mit dem Ausspruch „Wenn das Pferd tot ist, dann steig ab“ auf den Punkt. Das „tote Pferd“ ist für den Fraktionsvorsitzenden der Ökopartei die Suche nach einem Trainings- und Leistungszentrum für den gerade erst in die Drittklassigkeit abgestiegenen Profiverein.
Kurz vor der Kommunalwahl wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit im geheim tagenden Verwaltungsausschuss darüber entschieden, dass die Stadtverwaltung dem VfL für mehr als 1,6 Millionen Euro eine weitere Trainingsstätte – zumindest vorläufig neben dem bereits vorhandenen Standort auf der Illoshöhe – einrichtet.
Etwa die Hälfte der Kosten werden für die Rasenheizung aufgewendet, erklärte das für den Sport zuständige Vorstandsmitglied Wolfgang Beckermann im Verlauf einer teils emotional geführten Debatte, die übrigens das einzige „Highlight“ einer ansonsten eher schnell durchgehechelten Ratssitzung war, die bereits von einigen Ratsmitgliedern „geschwänzt“ wurde.
Wird der VfL diesen Standort wirklich längerfristig nutzen?
Sollte der VfL den Standort auf dem Schinkelberg letztlich nur als Zwischenlösung nutzen, sei die Rasenheizung für eine spätere Nutzung für den Amateursport eine verlorene Investition, erklärte Volker Bajus.
„Die Debatte ist festgefahren. Wir sind der alte Rat. Es ist die Chance für uns zu sagen, jetzt halten wir einen Moment inne und nutzen diese Interimszeit und bereiten uns auf einen Neustart vor“, begründete Volker Bajus die Ablehnung der Grünen und warb dafür die Entscheidung über den Standort am Schinkelberg auf die kommende Ratssitzung zu verschieben, damit der bereits gewählte neue Rat darüber entscheiden könne.
Entscheidung zwischen SPD und CDU bereits im Vorfeld geheim getroffen
Für die CDU erklärte Dr. Fritz Brickwedde, dass sich seit der Entscheidung im Verwaltungsausschuss, die mit sieben zu vier Stimmen getroffen worden sei, nichts geändert habe.
Brickwedde ließ durchblicken, dass es nach seiner Ansicht nur eine Formalie sei, dass die zuvor geheim getroffene Entscheidung nun nochmals auf der Tagesordnung der Ratssitzung gelandet ist. Auslöser war der Protest der kleinen UWG-Fraktion, die mit Verweis auf die Kommunalverfassung auch den Innenminister angerufen hatte.
Versuch des alten OB sein Gesicht zu wahren?
Es treibe ihm „die Zornesröte ins Gesicht“, erklärte Wulf-Siegmar Mierke für die UWG. Mierke stellte fest, dass inzwischen auch der Bund der Steuerzahler dazu recherchiere, warum in Osnabrück die Entscheidung über einen Sportplatz für einen Profiverein im Geheimen und im Eilverfahren getroffen werden sollte. Mierke bezweifelte zudem, dass es zeitlich realistisch sei, dass der VfL noch in diesem Winter auf einem neugestalteten Platz trainieren könne, für dessen Rasenheizung noch nicht einmal die Ausschreibung gestartet wurde.
Wie zuvor auch schon Volker Bajus bezeichnete Mierke den vorliegenden Antrag als Versuch von CDU, SPD und des scheidenden OB Wolfgang Griesert kurz vor Schluss noch das Gesicht wahren zu wollen.
CDU „hofft“ auf längere Nutzung durch den VfL
Fritz Brickwedde (CDU) betonte „das Thema KME [Eigentümerin des ursprünglich geplanten Geländes] ist mit einer Nachforderung von zwei Millionen für uns gestorben“. Und weiter:
„Geh es um eine Zwischenlösung? Wir hoffen nein“.
Das Investment am Schinkelberg erfolge mit der Zielsetzung, den VfL an diesem Standort dauerhaft zu etablieren. „Wenn wir jetzt schon wüssten, dass es sich dabei um ein Gastspiel handelt, würde ich Herrn Bajus zustimmen“.
Brickwedde betonte, dass die Förderung des VfL nicht im engeren Sinne als Sportförderung anzusehen sei, sondern auch eine Maßnahme des Stadtmarketing sei.
Brickwedde erwartet vom VfL, dass dieser sich signifikant an den Kosten beteiligen werde, spätestens bei einer dauerhaften Nutzung, dann in Form einer laufenden Pachtzahlung.
Susanne Hambürger dos Reis (SPD) erklärte „der VfL braucht eine zeitnahe verbindliche Entscheidung. Der VfL ist an der Weberstraße gut aufgehoben. Wir sind selbst verwundert, dass wir nicht selbst auf diesen Standort gekommen sind, bevor der KME-Standort wegen der Kosten ausgefallen ist.“
Die Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten betonte, dass es wichtig sei, dass am Schinkelberg eine dauerhafte Nutzung durch den VfL erfolge, nur so könne das finanzielle Engagement begründet werden.
Thiele (FDP) erinnert an Illoshöhe
Für die FDP erklärte Dr. Thomas Thiele, für ihn sei es „befremdlich“, was heute beschlossen werden soll. „Wir haben eine Spielstätte an der Illoshöhe, dort haben wir viel investiert und nun wollen wir ein weiteres Fass am Schinkelberg aufmachen?“
Thiele erinnerte daran, dass am bisherigen Trainingsort an der Illoshöhe die Anwohner nie über den, durch den Betrieb entstehenden, Verkehr begeistert waren. Der FDP-Politiker erwartet ähnliche Probleme nun auch auf dem Schinkelberg.
Bezüglich der Kosten erklärte Thiele: „Wir wissen alle, dass die Ausschreibung erheblich teurer wird als bislang geplant.“ Wie zuvor die Vertreter von Grünen und UWG warb Thiele dafür, die Entscheidung zu verschieben und den bereits gewählten neuen Rat darüber entscheiden zu lassen.
Mehrheit von CDU und SPD macht die Millionen locker
Mit den Stimmen von CDU, SPD (eine Enthaltung) und des Oberbürgermeisters wurde die Investition auf dem Schinkelberg auf den Weg gebracht.
Angesichts zahlreicher an der letzten Sitzung des „alten“ Stadtrats fehlender Ratsmitglieder, zweifelte der ebenfalls scheidende „Pirat“ Nils Ellmers an, dass es tatsächlich zu einer positiven Mehrheitsentscheidung gekommen sei. Die Ratsvorsitzende Rita Feldkamp konnte aber vorrechnen, dass die benötigte Stimmenmehrheit deutlich erreicht werden konnte.
Kommentar des Redakteurs
Ganz schlechter Abgang liebe SPD und liebe CDU. Ihr wurdet in weiten Teilen abgewählt! Die Osnabrücker SPD erzielte im September das schlechteste Kommunalwahlergebnis seit ihrer Gründung und die CDU bricht von bislang 19 auf zukünftig 13 Sitze ein. Habt Ihr das vergessen?
Zahlreiche Ratsmitglieder, die jetzt für den tiefen Griff in die eigentlich leere Stadtkasse gestimmt haben, werden die politische Bühne bei der nächsten Ratssitzung verlassen, inklusive Oberbürgermeister Wolfgang Griesert.
Der neue, inzwischen dann dritte Sportplatz des in der vergangenen Saison leistungsverweigernden VfL, wird der Stadt teuer zu stehen kommen. Zumal wohl überhaupt noch nicht geklärt ist, ob der Drittligist dort tatsächlich für einen längeren Zeitraum trainieren will, oder in welcher Form und Höhe eine finanzielle Beteiligung des als Wirtschaftsunternehmen geführten Clubs erfolgen wird.
Ein sauberer Abgang wäre es gewesen, die Entscheidung den bereits gewählten „neuen“ und wiedergewählten Ratsmitgliedern zu überlassen.
Dass SPD und CDU versucht haben, die millionenschwere Investition noch kurz vor der Kommunalwahl im Geheimen und am Wähler vorbei durchzumogeln: Auch für diese undemokratischen Methoden hat es vor rund vier Wochen eine deutliche Klatsche vom Wähler gegeben; blöd, dass CDU und SPD und ihre nun zur Auswechslung anstehenden Feierabendpolitiker aus dem Ergebnis der Kommunalwahl keine Lehren gezogen haben.
Eine Chance ganz am Schluss der Wahlperiode noch Größe zu zeigen …vertan!
Titelbild: Osnabrück in 3D, Stadt Osnabrück