Dass der designierte und zukünftig dann neunte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Olaf Scholz, als Geburtsort Osnabrück in seinem Personalausweis stehen hat, ist bekannt. Aber neben dem „nur“ gebürtigen Osnabrücker sitzen derzeit auch zwei Politikerinnen und ein Politiker am Verhandlungstisch, die fest mit unserer Region verwurzelt sind. Gemeinsam arbeiten sie daran die Ampelkoalition auf den Weg zu bringen.
Zum einen – und das verwundert politische Beobachter sicher nicht – unterstützt Boris Pistorius die SPD-Fraktion im Berliner Koalitionspoker. Allerdings darf der Innenminister von Niedersachsen seine Kompetenz nicht für den Bereich „Innere Sicherheit“ einbringen, dort könnte er wohl aus Sicht der Parteistrategen Robert Habeck gefährlich werden, der zwar keinerlei Erfahrungen für das Innenressort mitbringt, aber einen respektablen Ersatzposten benötigt, sollte sich FDP-Chef Christian Lindner sein Wunschressort als künftiger Finanzminister sichern. Auch Heiko Maas, der den Titel „unbeliebtester Minister“ in der vergangenen GroKo errang, könnte sich den Innenministerposten für die SPD angeln wollen.
Geht es um das prestigeträchtige Innenministerium, zählen Kompetenz, Erfahrungen und auch Beliebtheit weniger als Machtwille und Postengeschacher – sonst könnte ein Schriftsteller und ehemaliger Landwirtschaftsminister (Robert Habeck) wohl kaum als potentieller Innenminister gehandelt werden.
Daher muss der studierte Jurist Pistorius sich beim Kompetenztransfer auf die Bereiche „Flucht, Migration und Integration“ beschränken – ein Wechsel von Hannover nach Berlin dürfte für den ehemaligen Osnabrücker Oberbürgermeister somit ausgeschlossen sein.
Das Staatsministerium für Migration, Flüchtlinge und Integration, das bislang von der Integrationsbeauftragten Annette Widmann-Mauz (CDU) nahezu unsichtbar ausgefüllt wurde, gilt als eher drittklassiger Posten im Berliner Politikbetrieb und würde für Pistorius ein Downgrade in seiner Karriere bedeuten.
Eine Grüne aus Bramsche für Flucht, Migration und Integration
Für Filiz Polat aus Bramsche, die für die Grünen ebenfalls für den Themenbereich „Flucht, Migration und Integration“ am Verhandlungstisch sitzt, wäre der Posten als Integrationsbeauftragte im Range einer Staatsministerin durchaus ein logischer Weg raus aus dem Parlament (Polat ist seit 2017 Mitglied des Bundestags) rein in die Regierung.
Anna Kebschull soll den Grünen Wirtschaftskompetenz beibringen
Neben Filiz Polat haben die Grünen noch weitere Verstärkung aus dem Osnabrücker Land nach Berlin geholt. Landrätin Anna Kebschull ergänzt das Team der Ökopartei bei den Verhandlungen im Themenbereich Wirtschaft.
Dass Kebschull zum Abschluss des Koalitionspokers ein Angebot erhält in Berlin zu bleiben, gilt allerdings nicht als sehr wahrscheinlich. Der ebenfalls im Wirtschaftsteam der Grünen-Koalitionsverhandler eingesetzte Schwabe Cem Özdemir gilt als heisser Anwärter auf einen Ministerposten. Seine Heimatzeitung aus Stuttgart sieht den einst über eine Flugmeilenaffaire gestürzten Özdemir allerdings eher im Verkehrsministerium oder im Auswärtigen Amt, denn im Wirtschaftsministerium.
Auch wenn nach den Koalitionsverhandlungen die drei Kompetenzteam-Mitglieder aus der Region Osnabrück keinen Posten in der neuen Regierung bekommen sollten, gehen wohl alle gestärkt aus den Verhandlungen hervor.
Die Kompetenzen von Pistorius, Polat und Kebschull zählen innerhalb ihrer Parteien und auch darüber hinaus. Und wer weiß, vielleicht hält die kommende Landtagswahl, die im Oktober 2022 ansteht, ja noch ein Karriere-Upgrade für die oben genannten Politprofis bereit?