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Shoppingcenter am Neumarkt: Soll die Stadt Osnabrück abgezockt werden?

Die Stadtverwaltung bearbeitet weiter den Bauantrag für das Shoppingcenter am Neumarkt, hat aber parallel dazu dem kommende Woche tagenden Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt (StUA) eine Beschlussvorlage vorgelegt, mit dem der Bebauungsplan, auf dem sich der seit einem Jahr in Bearbeitung befindliche Bauantrag bezieht, aufgehoben werden könnte (HASEPOST berichtete exklusiv).

Inzwischen wurde bekannt, dass aus der Deutschlandzentrale des französisch-australischen Konzerns bislang noch fehlende und für die Genehmigung des Bauantrags notwendige Dokumente nachgereicht wurden – obwohl das Shoppingcenter zumindest in der bislang in einem Durchführungsvertrag zwischen Stadt und Investor fixierten Form doch gar nicht mehr kommen soll.

Am 14. Juni 2019 war Oberbürgermeister Wolfgang Griesert vor die Presse getreten und hatte davon berichtet, dass er am Vorabend telefonisch von Andreas Hohlmann, dem Vorsitzenden der Geschäftsleitung von Unibail-Rodamco-Westfield, darüber informiert worden sei, dass das geplante Shopping-Center in Osnabrück, so wie bislang geplant, nicht realisiert werden wird.
Im weiteren Verlauf des Pressegesprächs verwies der OB zudem auf einen kurzen Austausch per E-Mail zwischen ihm, Dr. Jürgensen (Presseamt), Dr. Beckord (Strategische Stadtentwicklung) und dem Unibail-Konzern, der vor dem Pressetermin geführt wurde.

Unibail-Konzern wollte mit Stadt über andere Nutzung verhandeln

Parallel zum Pressetermin in Osnabrück verschickte der Konzern eine Pressemitteilung (u.a. hier online verfügbar), in der nebulös von einer „gemischt genutzten Immobilie“ die Rede war, und dass man „nun in unmittelbaren Gesprächen mit der Stadt die nächsten Schritte erörtern“ wolle.
.Aus der Erwähnung einer 
gemischten Nutzung“ lässt sich sowohl eine zumindest teilweise Nutzung als Wohn- und oder Bürofläche herauslesen. Wohnungsbau, der in Osnabrück besonders dringend benötigt wird, gibt aktuell weder der vorliegende Bauantrag noch der Bebauungsplan her – lediglich eine Nutzung für Büros und Praxen wäre auch möglich, was allerdings der vorliegende Bauantrag, der überwiegend Einzelhandelsflächen vorsieht, vermutlich nicht eingeplant hat.

Kurios ist, dass auf der hauseigenen Presseseite von Unibail der Rückzug aus dem Osnabrücker Projekt nie dokumentiert wurde (Schnappschuss des Internet-Archivs vom 17. Juni 2019) – das OSKAR getaufte Projekt selbst wird auch Weiterhin noch im Online-Portfolio angezeigt, wenn auch ohne Eröffnungsdatum und andere Kennziffern.

Aufhebung des Bebauungsplans kann zu Schadenersatzanspruch führen

Unsere Redaktion fragte beiDr. Sven Jürgensen dem Pressesprecher der Stadt Osnabrück nach, ob eine Aufhebung des Bebauungsplans 600 nicht zu einem Kostenrisiko für die Stadt Osnabrück werden könne? Kann der Investor nicht zum Beispiel die nach Festsetzung des Bebauungsplans entstandenen Kosten für u.a. Architektenleistungen der Stadt in Rechnung stellen?
Die Antwort fällt wenig konkret aus und lässt Luft für Interpretationen: „Die Aufhebung eines Bebauungsplans kann grundsätzlich Kosten verursachen, beispielsweise auch Schadenersatzansprüche eines Investors auslösen.“

Welches „Spiel“ also spielt der faktisch – bis auf ein Projekt in Hamburg – aus dem Neubau großer Shoppingcenter in Deutschland ausgestiegene Konzern in Osnabrück?

Komplettes Projekt aus Immobilien und Bauantrag steht angeblich zum Verkauf

Insider aus der Osnabrücker Immobilienszene berichten unserer Redaktion, dass das eigentlich tote Pferd „Shoppingcenter“ zusammen mit den Immobilien, dem bisherigen Planungsstand, dem bislang ungekündigten Bauantrag und der Fantasie, am Neumarkt doch noch ein reines Shoppingcenter zu bauen, zum Verkauf stünde – auch wenn es kaum noch Interessenten am Markt für Shoppingcenter-Neubauten gibt. Versuchen kann man es ja.

Kostenrisiko der Bebauungsplan-Aufhebung: Ein Millionenbetrag?

Ein vorzeitiges und von der Stadt vollzogenes „Aus“ des Bebauungsplans könnte dafür sorgen, dass dem in Paris ansässigen Konzern eine Trumpfkarte in den Hand gegeben würde.
Dann würden der Stadtverwaltung womöglich alle bisher angefallenen und auf das Projektkonto gebuchten Kosten in Rechnung gestellt. Von den archäologischen Vorarbeiten am alten Wöhrl-Parkhaus bis zu den Leistungen des Architekten: Ein Betrag in Millionenhöhe.

Der Unibail-Konzern selbst wollte zum bislang ungekündigten Bauantrag keine Stellung nehmen. Über eine externe PR-Firma teilte man unserer Redaktion mit: „Wir möchten das aktuell nicht kommentieren. Wir sind in Gesprächen mit der Stadt und den beteiligten Akteuren. Dieser Austausch benötigt allerdings etwas Zeit.“

 

Kommentar des Redakteurs
Der Investor verlangt für sich „Zeit“, Zeit die wir Osnabrücker aber nicht mehr haben. Ist es in Wirklichkeit nur Taktieren und Abwarten, damit die Stadt Osnabrück jetzt irgendeinen dummen Fehler macht, um ihr dann die Kosten für das eigene Zögern und die falsche strategische Ausrichtung des Unternehmens in Rechnung zu stellen?
Die Stadt wäre gut beraten dem französischen Konzern mit härteren Bandagen begegnen. Vielleicht sollte man mal untersuchen, ob das Kachelhaus und das Wöhrl-Haus nicht einsturzgefährdet sind und ob der Brandschutz noch zeitgemäß ist? Mit der gleichen Kreativität, mit der man in Osnabrück dem Individualverkehr nachstellt, sollte man doch auch einem externen Heuschreckenkonzern begegnen können?

 


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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