Sechs von neun planetaren Belastungsgrenzen überschritten
Potsdam (dts Nachrichtenagentur) – Eine aktuelle Studie eines internationalen Forschungsteams, an dem auch Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung beteiligt waren, zeigt, dass bereits sechs von neun planetaren Belastungsgrenzen überschritten sind. Johan Rockström, Mitautor der Studie, betont die dringende Situation: „Dieses Generalupdate der Planetaren Grenzen zeigt deutlich: die Erde ist ein Patient, dem es nicht gut geht. Der Druck auf den Planeten nimmt weiter zu, dabei werden lebenswichtige Belastungsgrenzen überschritten. Wir wissen nicht, wie lange wir entscheidende Grenzen derart überschreiten können, bevor die Auswirkungen zu unumkehrbaren Veränderungen und Schäden führen.“ Die überschrittenen Belastungsgrenzen betreffen die Bereiche Globale Erwärmung, Biosphäre, Entwaldung, Schadstoffe/Plastik, Stickstoffkreisläufe und Süßwasser.
Ein Vergleich mit dem menschlichen Körper
Katherine Richardson von der Universität Kopenhagen veranschaulicht die planetaren Grenzen mit einem Vergleich zum Blutdruck: „Wir können uns die Erde als einen menschlichen Körper vorstellen und die planetaren Grenzen als eine Form des Blutdrucks. Ein Blutdruck von über 120/80 bedeutet zwar nicht, dass ein sofortiger Herzinfarkt droht, aber er erhöht das Risiko. Deshalb arbeiten wir daran, den Blutdruck zu senken.“ Obwohl der Grenzwert für den Ozonabbau regional überschritten wird, gibt es bereits eine Verbesserung dank des Montrealer Protokolls, das zu globalen Initiativen geführt hat.
Neuartige chemische Verbindungen und Aerosolbelastung
Die Forscher haben erstmals Zahlen für die Grenze des Eintrags aller neuartigen, vom Menschen erzeugten chemischen Verbindungen in die Umwelt ermittelt. Dabei handelt es sich um Stoffe wie Mikroplastik, Pestizide oder Atommüll, bei denen die Belastungsgrenze ebenfalls überschritten ist. Die Grenze für die Aerosolbelastung der Atmosphäre wurde ebenfalls neu belegt und ist bisher noch nicht überschritten, regional können jedoch Überschreitungen auftreten, wie beispielsweise in Südasien.
Überschreitung der Grenzen für Süßwasser und Biosphäre
Die Grenze für Süßwasser bezieht sich nun sowohl auf „grünes“ Wasser, das in landwirtschaftlichen und natürlichen Böden und Pflanzen enthalten ist, als auch auf „blaues“ Wasser, also das Wasser von Flüssen und Seen. Auch hier sind beide Grenzen überschritten. Die Analysen der Forscher haben außerdem ergeben, dass die Grenze zur Funktionsfähigkeit der Biosphäre im Erdsystem bereits seit dem späten 19. Jahrhundert überschritten ist. Die Ausweitung der Land- und Forstwirtschaft weltweit trägt maßgeblich dazu bei. Mitautor Wolfgang Lucht betont die Bedeutung der Biosphäre und fordert, sowohl die globale Erwärmung einzudämmen als auch die Funktion der Biosphäre zu erhalten.