Bauruine Barenteich 1 in Osnabrück Eversburg
Es sind schwere Vorwürfe und sie könnten im schlimmsten Fall den oder die Verantwortlichen bis zu fünf Jahre hinter Gitter bringen. Die scheinbar unendliche Geschichte rund um das halbfertige Gebäude am Rubbenbruchsee (Barenteich 1) beschäftigt jetzt die Staatsanwaltschaft.
Nach Informationen, die unserer Redaktion vorliegen, wurde die Stadt Osnabrück wegen „Prozessbetrug“ angezeigt. Hintergrund sind die Vorkommnisse rund um das seit Jahren leerstehende Gebäude Barenteich 1 und seine Zukunft, die nach offizieller Lesart der Stadt nicht darin bestehen wird, knappen Wohnraum bereitzustellen, sondern unter dem Abrissbagger enden soll.
Lokalpolitiker spekulierten unter Ausschluss der Öffentlichkeit über Übernahme des Rohbaus
Unserer Redaktion liegen Dokumente aus nicht-öffentlichen Sitzungen der Verwaltungsspitze mit verschiedenen Lokalpolitikern vor, in denen diese darüber spekulierten, wie man die ursprünglich als Hotel geplante und ordentlich genehmigte Immobilie, sofern die Stadtverwaltung sich irgendwie und vor allem billig die Eigentumsrechte daran sichern könne, zu Wohnraum umwandeln könnte.
Hintergrund waren seinerzeit Überlegungen der neugegründeten kommunalen Wohnungsbaugesellschaft WiO auf diesem Wege kurzfristig ein paar vermietungsfähige Wohnungen zu schaffen.
Wohnraum schaffen wollte und will auch Unternehmer Frank Böhm, der inzwischen Miteigentümer des Gebäudes ist, das nach seinen Angaben zu rund 50 Prozent fertiggestellt wurde, bevor es in einen jahrelangen Dornröschenschlaf fiel. Durch die lange Zeit der Untätigkeit hätte die Stadt den Bau nochmals neu genehmigen müssen. In Zeiten von Wohnraummangel könnte man meinen, dies sei ein Selbstläufer.
Dass Böhm und seine Gesellschafter und nicht die Stadt (die Rede ist von einem symbolischen Euro, den die Stadt zu investieren bereit war) inzwischen Eigentümer der in bester Lage liegenden Halbfertig-Immobilie sind, passte der Stadtverwaltung und einigen Kommunalpolitikern allerdings überhaupt nicht.
Verwaltung lehnte Anfrage des Investors in Rekordzeit ab
„Innerhalb von einer Woche wurde meine Bauvoranfrage abgelehnt“, beschreibt Frank Böhm die Reaktion auf seinen Plan, endlich zu vollenden, was halbfertig in der Landschaft steht und ursprünglich auch den Segen der Stadt hatte.
Begründung für die in Rekordzeit erfolgte Ablehnung der Pläne neuen Wohnraum zu schaffen, war nach Böhm, dass es inzwischen keinen entsprechenden Bebauungsplan mehr geben würde und die Stadt auch kein Interesse hätte, dort einen Weiterbau des bereits weit fortgeschrittenen Gebäudes zu genehmigen.
Doch hinter verschlossenen Türen wurde genau dieses angeblich mangelnde Interesse zuvor sehr deutlich diskutiert und schließlich zu Protokoll gegeben. Tenor der nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Diskussionen: Wenn man nur irgendwie an das Grundstück und das halbfertige Gebäude herankäme, dann würde man selbst bauen.
Das jedenfalls glaubt Frank Böhm aus den ihm und unserer Redaktion vorliegenden Sitzungsunterlagen herauszulesen.
Bei Prozessbetrug droht eine hohe Haftstrafe
Die privaten Investoren wurden aufgefordert, schnellstmöglich den Abrissbagger anrollen zu lassen. Auch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht blieb erfolglos – und hier kommt nun der Staatsanwalt ins Spiel, denn „Prozessbetrug“, das vorsätzliche Vorbringen einer falschen Aussage oder falscher Beweismittel, ist keine Lappalie: Vor Gericht muss man die Wahrheit sagen. Täuschen, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen, ist verboten. Und – so sieht es jedenfalls die Investorengemeinschaft und meint dies auch belegen zu können – genau das habe die Stadtverwaltung Seite an Seite mit führenden Kommunalpolitikern getan und vor Gericht behauptet, dass es keine Pläne für einen Weiterbau gegeben hätte.
Anzeige richtet sich noch gegen „Unbekannt“
Unsere Redaktion hat auch die Stadt Osnabrück um Stellungnahme gebeten. Nach Auskunft von Dr. Sven Jürgensen, Pressesprecher der Stadt, ist die Strafanzeige dort noch nicht bekannt, deshalb könne man auch keine Stellung beziehen.
Auch bei der Staatsanwaltschaft Osnabrück liegt die Anzeige nach Recherchen unserer Redaktion noch nicht vor. Dort verweist man auf die üblichen bürokratischen Prozesse. So schnell wie die Stadtverwaltung die Bauvoranfrage des Investors abbügelte, ist man in der Justiz nicht.
In der unserer Redaktion vorliegenden Anzeige richtet sich die Anzeige „gegen Unbekannt“; die Staatsanwaltschaft wird nun prüfen, ob und wer persönlich sich für diesen Vorgang zu verantworten hat.
Die HASEPOST wird in den kommenden Tagen aus den uns vorliegenden, nicht-öffentlichen Dokumenten berichten: Wie die Lokalpolitiker und Verwaltung versuchten sich ein „Haus am See“ zu sichern.