Eine Aussage des SPD-Urgesteins Karin Jabs-Kiesler dürfte ein neuer Extrempunkt in der emotionalen Debatte um die Neumarkt-Sperrung sein.
Die Leute müssen einen Erziehungsprozess leider mitmachen!
Mit diesen drastischen Worten konterte die Sozialdemokratin einen Redebeitrag von Fritz Brickwedde (CDU), der zuvor versucht hatte unter Verweis auf die Straßenverkehrsordnung den Neumarkt wieder für den Individualverkehr zu öffnen.
Hintergrund der Debatte sind die inzwischen beendeten Bauarbeiten auf dem zentralen Platz. Tatsächlich nachweisbare Bauarbeiten sind aber eine Voraussetzung dafür, dass eine Sperrung des für den öffentlichen Verkehr gewidmeten Neumarkts überhaupt rechtskräftig möglich ist. Unsere Redaktion hatte bereits vergangene Woche über die Rechtslage berichtet, die von der Stadtverwaltung hinsichtlich eines LKW-Fahrverbotes geprüft wurde, und die nach Ansicht der CDU-Fraktion analog auch für die Neumarkt-Sperrung gilt.
Auch Oberbürgermeister Wolfgang Griesert bestätigte von Seiten der Verwaltung die Auffassung der Sperrungs-Gegner. Zuvor hatte der CDU-Fraktionschef seine Recherchen bei Verwaltung, Verwaltungsgericht und von der Stadt beauftragten Bauunternehmen dargelegt.
Seit Dezember keine Baumaßnahmen mehr am Neumarkt
Entgegen früherer Aussagen aus dem Verwaltungsbereich von Stadtbaurat Frank Otte, konnte der CDU-Politiker zuvor belegen, dass seit Dezember keine Bauarbeiten mehr am Neumarkt durchgeführt werden.
Der Oberbürgermeister stützte die Recherchen aus der CDU und erklärte offen, und sich vor seinen Stadtbaurat stellend, dass in der Tat seit Dezember vergangenen Jahres keine Bauarbeiten mehr durchgeführt werden. In einer weiteren Wortmeldung erklärte der Oberbürgermeister zudem, dass vor Ende April auch keine Bauarbeiten zu erwarten seien. Zusätzlich erinnerte das Stadtoberhaupt den Stadtrat daran, dass der aktuell gültige Bebauungsplan eine zweispurige Verkehrsführung vorsehe, und dass dies auch die aktuelle Beschlusslage sei, die vor zwei Jahren im Stadtrat am Ende einer langen Diskussion stand.
SPD argumentiert mit dem Einkaufscenter
Frank Henning (SPD) brachte in seiner Erwiderung des geplante Einkaufscenter ins Spiel. Er zeigte sich überzeugt, dass noch in diesem Jahr mit den vorbereitenden Abrissarbeiten begonnen werden würde. Sein Parteifreund und verkehrspolitischer Sprecher Heiko Panzer wurde mit einer Zeitangabe für den beginnenden Abriss noch konkreter. Er will von dem Investor erfahren haben, dass dieser konkret „im Sommer“ mit den Bauarbeiten beginnen würde.
Terminversprechen des Einkaufscenter-Investors wurden schon oft gebrochen
Im vergangenen Jahr hatte Frank Henning sich öffentlich noch überzeugt gezeigt, der Baubeginn würde im Herbst 2015 beginnen. In einem Interview mit der NOZ (Abruf ggf. kostenpflichtig) erklärte ein Mitarbeiter des Investors im Herbst 2014, er wolle im Frühjahr 2015 mit dem Abriss beginnen.
[siehe auch hier eine Aufzählung der zwischenzeitlich gebrochenen Terminversprechen rund um das geplante Einkaufscenter am Neumarkt]
Ratsmitglieder sollen sich an Recht und Gesetz halten
CDU-Ratsmitglied Ingo Dauer erklärte, er erwarte von einem Stadtrat, dass er sich an Recht und Gesetz halte, und dass er die Ehrlichkeit in der Diskussion um den Neumarkt vermisse.
Bevor es zu einer Abstimmung über die von der CDU geforderte Wiederöffnung des Neumarkts kam, fasst Fritz Brickwedde für seine Fraktion zusammen: Die SPerrung des Neumarkts verstößt gegen aktuelles Recht. Um den Neumarkt zu sperren müßte der Bebauungsplan geändert werden. Und schließlich, dass der Stadtrat dem Recht verpflichtet sei, und nicht einer Willkür.
Obwohl vom Oberbürgermeister und dem parteilosen Michael Florysiak unterstützt, scheiterte der Antrag der Union den Neumarkt wieder für den Individualverkehr frei zu machen.
Erste Klage gegen die Neumarktsperrung ist auf dem Weg
Am Rande der Ratssitzung wurde bekannt, dass der Kaufmann Bernd Klute bereits im September den Klageweg bestritten hat. Er sieht sich als Anlieger der Lotter Straße durch die Auswirkungen der Neumarktsperrung direkt betroffen. Er hat seit der Sperrung des Neumarkts erhebliche Mehraufwendungen an Zeit und Kosten, um seine Kunden im Osten der Stadt zu erreichen.