In einer erstaunlichen Abrechnung, bei der er mehrfach Bundesfinanzminister Christian Lindner direkt angreift und alle Schuld an der Krise der Ampelregierung gibt, erklärt Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwochabend den Bruch mit der FDP und das Ende der Ampelkoalition.
Scholz will ‚Vertrauensfrage‘ hinauszögern
Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte in seiner Rede an, erst im neuen Jahr 2025 die Vertrauensfrage zu stellen, um die politische Situation zu klären. Dieser Schritt wird konkret am 15. Januar erfolgen, wobei die Mitglieder des Bundestags dann entscheiden sollen, ob der Weg für vorgezogene Neuwahlen freigemacht wird. Diese könnten bis Ende März 2025 stattfinden. Scholz machte deutlich, dass er rasch Gespräche mit CDU-Chef Friedrich Merz führen werde, um die nächsten politischen Schritte abzustimmen.
Vertrauensverlust zu Lindner
Ein wesentlicher Grund für den Bruch der Koalition sei der Vertrauensverlust gegenüber Finanzminister Christian Lindner. Scholz kritisierte Lindner scharf, indem er betonte, dass dieser mehrfach sein Vertrauen gebrochen habe und es keine Basis mehr für eine weitere Zusammenarbeit gebe. Lindners jüngst veröffentlichtes Wirtschaftspapier, das eine „ganz neue Politik“ fordere, bezeichnete Scholz als respektlos und sah darin den Versuch Lindners, ausschließlich das Überleben seiner eigenen Partei zu sichern.
Scholz: Lindner soll sich Lösungsvorschlägen verweigert haben
Scholz erklärte zudem, er habe mehrere Angebote für eine gemeinsame Wirtschaftswende gemacht, doch Lindner habe sich geweigert, diese zum Wohle des Landes umzusetzen. Diese Blockadehaltung habe zu einer untragbaren Situation geführt. Als Konsequenz bat Scholz Bundespräsident Steinmeier um die Entlassung Lindners, um weiteres Chaos in der Regierung zu verhindern. Gleichzeitig sollen bis Weihnachten noch alle wichtigen Gesetze zur Abstimmung gebracht werden, die nicht verschoben werden können.
Zum Abschluss der Rede appellierte Scholz an die Fähigkeit der Politik, Kompromisse zu finden, und warnte davor, diese grundlegende Kompetenz zu verlieren.
Habeck gesteht ein: Ampel hatte nicht immer den besten Ruf
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zeigte sich kämpferisch in seinem an die Rede von Olaf Scholz anschließenden Statement zum Bruch der Ampelkoalition. Er betonte, dass die Grünen zügig den Weg für Neuwahlen freimachen würden. Habeck bezeichnete den Tag, an dem auch Donald Trump zum 47. US-Präsidenten gewählt wurde, als einen besonderen, der mit dem Ende der Ampel-Regierung endete.
Habeck räumte ein, dass die Koalition nicht immer den besten Ruf hatte, aber für die Grünen fühle sich dieses Ende falsch an. Es sei nicht notwendig gewesen, dass die Situation so eskaliert, da es verschiedene Lösungsmöglichkeiten gegeben habe, die jedoch von der FDP nicht angenommen wurden.
Habeck unterstrich, dass die Grünen für den sozialen Frieden und die Zukunft des Landes stehen. Zur Entlassung von Finanzminister Christian Lindner äußerte sich Habeck kritisch, bezeichnete diese jedoch als folgerichtig.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock fasste ihre Reaktion mit einigen Versprechern in einem kurzen Statement zusammen und erklärte insbesondere, dass dies „kein guter Tag für Deutschland“ sei.
Christian Lindner betont Kompromissbereitschaft der FDP
Finanzminister Christian Lindner kritisierte in seinem Statement scharf den Bundeskanzler und die Ampelpartner. Er erklärte, dass er Neuwahlen vorgeschlagen habe, was jedoch von Olaf Scholz „brüsk zurückgewiesen“ wurde. Lindner betonte, dass die FDP viel Kompromissbereitschaft gezeigt habe, jedoch an einem Punkt angelangt sei, an dem weitere Zugeständnisse nicht mehr vertretbar gewesen seien.
Lindner warf Kanzler Scholz vor, nicht die nötige Kraft zu besitzen, um für wirtschaftliches Wachstum zu sorgen. Scholz habe eine Aussetzung der Schuldenbremse gefordert, was er als Finanzminister nicht unterstützen konnte. Den Bruch der Koalition bezeichnete Lindner als „kalkuliert“, das an diesem Abend von Scholz gehaltene Statement als ‚vorbereitet‘.
In Bezug auf sein Wirtschaftspapier äußerte sich Lindner enttäuscht darüber, dass die Vorschläge von SPD und Grünen nicht einmal als Grundlage für eine Diskussion gewürdigt wurden. Er griff Scholz direkt an und warf ihm vor, die wirtschaftlichen Sorgen der Bürger zu verharmlosen. Die Gegenvorschläge des Kanzlers seien laut Lindner „matt, unambitioniert“ und hätten keinen Beitrag zur Lösung der Wachstumsschwäche geleistet.