Sind die Parolen, die in der Nacht zum 1. Mai an das Osnabrücker Rathaus gesprüht wurden Teil einer Serie mit politischem Hintergrund?
Das jedenfalls legt eine weitere Schmiererei nahe, die ebenfalls am Wochenende entstanden ist.

AFP

Weitere Schmiererei im Vorfeld einer Gay-Veranstaltung

Am alten Kreishaus, gegenüber vom Schlossgarten, prangt an der Längsseite zum Neuen Graben der Schriftzug „Gib Aids eine Chance!“. Auch hier wurde eine lila Farbe verwendet, auch hier ist die geschwungene Handschrift ein besonderes Kennzeichen.
In dem zur Universität Osnabrück gehörenden Gebäude findet heute im Rahmen der schwul-lesbischen Kulturtage „Gay in May“ eine Veranstaltung statt, die unter dem Titel „National-konservativer (Hetero-)Sexismus am Beispiel der AfD“ steht.

Schmierereien am Alten Kreishaus Osnabrück

Polizei: Laufende Ermittlungen

Unter Hinweis auf die laufenden Ermittlung wollte Polizeisprecherin Anke Hamker heute keine Verbindung zwischen den Schmierereien bestätigen oder dementieren. Sie verwies ausdrücklich auf die noch laufenden Ermittlungen

Neubewertung der Parolen – doch gezielt gewählte Inhalte?

Das ausgerechnet im Vorfeld einer schwul-lesbischen Veranstaltung ein solcher Spruch am Veranstaltungsgebäude erscheint, könnte auch die Schmierereien am Rathaus in ein neues Licht rücken.
Am 1. Mai hielt Bürgermeisterin Karin Jabs-Kiesler, eine pensionierte Oberstudienrätin, eine Rede vor dem Rathaus – in ihrem Rücken die frisch gesprühten Parolen.
Die Lehrerin geriet vor einigen Wochen in die Schlagzeilen, als Sie die Bürger hinsichtlich des Neumarkts „erziehen“ wollte (HASEPOST berichtete).
Schon am Sonntagabend hatte ein Leser die Redaktion darauf hingewiesen, dass es da eine Verknüpfung geben konnte. Die SPD-Lokalpolitikerin hat aus ihrer antifaschistischen Gesinnung nie einen Hehl gemacht. Sie würdigte in iher Funktion als Bürgermeisterin unter anderem den „Schindler von Osnabrück“ Hans Calmeyer, der zahlreichen Juden das Leben rettete.
Die am Rathaus gesprühten Parolen bezogen sich sowohl auf tote Juden als auch auf noch lebende Lehrer.

Städtische Webcam kurz zuvor ausgeschaltet

Nur wenige Stunden Einige Tage vor der Schmiererei am Rathaus, wurde ist eine erst kurz zuvor neu installierte Webcam der Stadt ausgeschaltet ausgefallen.
Der oder die Sprayer konnten sich also sicher fühlen.
Auf der Homepage der Stadt Osnabrück prangt der Hinweis, dass eine der Kameras „ausgefallen“ sei und bald wieder „ans Netz“ gehen würde.
[Update 17:30] In einer ersten Version dieses Artikels hatten wir hier noch geschrieben, dass Bauarbeiter für das Alando Maidorf sich durch die Kamera überwacht fühlen. Dies galt jedoch für die gegenüberliegende Kamera, deren Fokus deswegen verschoben wurde.
Die Kamera, die das Rathaus filmt, ist nach Angaben der Stadt tatsächlich defekt. Allerdings, dies betonte ein Sprecher der Stadt, würden die Kameras ohnehin keine Aufzeichnungen speichern, sondern die Bilder nur flüchtig ins Netz streamen.

Nikolai Hartmann
Nikolai Hartmann von der Firma Lehmkuhl entfernt die Schmierereien am Rathaus

Entfernung der Parolen am Rathaus hat begonnen

Da das Rathaus unter Denkmalschutz steht, konnten die Schmierereien von der Sandsteinfassade nicht mit Hochdruckreinigern entfernt werden. Die Schmierereien wurden daher abgeklebt. Mit einem speziellen, den Stein schonenden Verfahren, wird die Rathausfassade seit heute von der Fachfirma Lehmkuhl gereinigt. Einem Unternehmen, das sich auf die Reinigung kulturhistorischer Baudenkmäler spezialisiert hat.

 

Die Redaktion bedankt sich bei der Antifaschistischen Aktion Osnabrück [AAOS] für den Hinweis auf die Parole am alten Kreishaus.

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