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Schlossgarten: Mit welchen Tricks der Stadtbaurat die Flächenversiegelung schönrechnet

Dass er nur „circa“ gesagt habe und die Zahl 250 Quadratmeter nicht „exakt“ gewesen sei, war Osnabrücks Stadtbaurat eine E-Mail an unsere Redaktion wert, in der er um Korrektur bat.
Hintergrund dieser Bitte: Im Finanzausschuss, der als erstes politisches Gremium Ende August offiziell mit den Plänen für die Umgestaltung des Schlossgartens konfrontiert worden war, nannte Stadtbaurat Otte eine Zahl von 250 Quadratmetern, die es zukünftig mehr an Grünfläche geben soll.

Die zuerst öffentlich genannte Zahl also war nicht „exakt“ sondern „circa“; aber auch an dieser Zahl sind Zweifel angebracht, denn die Rechnung funktioniert nur, wenn man wesentliche Teile der geplanten Flächenversiegelung herausrechnet, zum Beispiel rund 1.000 Quadratmeter Rasenfläche im Schlossinnenhof, die im Auftrag der Universität versiegelt werden sollen

Schaut man sich die bekannten Fakten an, ist die Verkündung eines Zuwachses an Grünfläche – auch ohne das Unterschlagen einzelner Flächen in der Berechnung – ein erstaunliches Kunststück.

Schlossgarten: Mit welchen Tricks der Stadtbaurat die Flächenversiegelung schönrechnet
Unterm Strick kommt mehr versiegelte Fläche heraus (die negativen Zahlen bezeichnen hier den Verlust an Grünfläche). Mangels exakter Informationen der Stadtverwaltung haben wir selbst grob nachgerechnet.

Frank Otte korrigierte sich binnen Tagen selbst runter

Nur wenige Tage nachdem dieses „mehr an Grünfläche“ vom Stadtbaurat öffentlich auf circa 250 Quadratmeter beziffert wurde, schmolz die Zahl bereits um knappe 10% auf nur noch 230 Quadratmeter. Diese 230 Quadratmeter stellte der Stadtbaurat in den Raum, als er die Pläne dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt vorstellte.

Bis bei der zweiten Ausschusssitzung nach der Sommerpause endlich die erste kritische Frage zu den Ausführungen des Stadtbaurats gestellt wurde, kam es noch zu einem Schlagabtausch zwischen der CDU-Ratsfrau Katharina Pötter und dem Stadtbaurat, da sich der leitende Verwaltungsmitarbeiter darüber echauffierte, dass die Redaktion der HASEPOST Kenntnis darüber erlangt hatte, dass die von Frank Otte öffentlich behauptete „Einmütigkeit“ der Jurymitglieder erst durch mehrmalige Wahlgänge hergestellt werden konnte.

Was ist schlimmer: Ein „Leak“ oder die „Unwahrheit“?

Otte versuchte in seiner zur Schau gestellten Aufregung davon abzulenken, dass die Presse ihn bei einer Unwahrheit ertappt hatte. Stattdessen richtete er diverse Vorwürfe an die Lokalpolitikerin, die seiner Meinung nach das Schweigegelübde der Preisjury gebrochen hätte. Inzwischen hat auch der AStA der Universität das verordnete Schweigen gebrochen (HASEPOST berichtete) und eine weitere falsche Darstellung des Stadtbaurats offenbart: Die sowohl im Finanzausschuss wie im Stadtentwicklungsausschuss behauptete breite Zustimmung der Anlieger zu den Schlossgartenplänen trifft ausgerechnet auf die wichtige Gruppe der Studentenschaft nicht zu.

Georg Pellemeyer, OSB
Der Schlossgarten, so wie er ist, braucht viel Pflege. (Foto: OSB)

Nein: Zukünftig gibt es keine bunten Blumenbeete mehr

Bevor es zu einer ersten kritischen Nachfrage in der StUA-Sitzung kam, ergossen sich die Parteifreunde und sonstigen Befürworter des Stadtbaurats in teils abstruser Unkenntnis der Pläne. So fabulierte Jens Meier, für die Grünen hinzugewähltes Ausschussmitglied, unter anderem über die zukünftig lediglich „an eine andere Stelle“ im Schlossgarten „verschobenen“ bunten Blumenbeete, die ja so schön vom Osnabrücker Servicebetrieb bepflanzt würden.
Leider blieb die Fehlinterpretation der Pläne unaufgeklärt, denn genau so eine Bepflanzung ist nach Informationen unserer Redaktion zukünftig nicht mehr vorgesehen. Die vorliegenden Pläne sehen dafür lediglich Hecken vor, die maximal einmal pro Jahr mit der Motorsäge in Form gebracht werden müssen. Fast schon absurd mutete die Frage eines Ausschussmitglieds an, ob denn auch die Betonrückenwände der geplanten Betonbänke ergonomisch ausgeformt seien. „Sind sie“, so der Stadtbaurat, und fast schien die Präsentation glatt durchzulaufen.

Keine Angaben zu den zu fällenden Bäumen

Lediglich von Dr. Stephen Grüner (BOB) wurde konkret nachgefragt, wie viele Bäume denn tatsächlich gefällt werden würden und wie die +230 Quadratmeter an „nicht-versiegelter Fläche“ berechnet seien.
Statt mit einer konkreten Antwort zu glänzen – immerhin lässt sich aus den Plänen schon sehr gut ablesen, wo überall Bäume zumindest zur Disposition stehen – erzählte Frank Otte, wie man sich in Zukunft jeden einzelnen Baum sehr genau ansehen werde um dann eine individuelle Entscheidung zu treffen. Unsere Redaktion hat in der Grafik unten bereits nachgezählt, bei wie vielen (teils recht großen) Bäumen die Motorsäge angesetzt werden wird und wie in der Summe durch das dicht an dicht von neuen / kleinen Bäumchen im westlichen Teil des Schlossgartens ein Ausgleich geschaffen werden soll.

Der Rechentrick: Uni-Flächen nicht mitberechnet

Besonders überraschend war dann allerdings die Offenbarung eines kleinen Rechentricks des Stadbaurats. Auf Nachfrage des BOB-Ausschussmitglieds, dass doch allein die wegfallenden Grünflächen im Schlossinnenhof schon zeigen, dass die Rechnung des „mehr an Grünflächen“ überhaupt nicht aufgehen könne, entgegnete der Stadtaurat, dass diese Versiegelung tatsächlich nicht mitberechnet worden sei. Grund für den Ausschluss aus der Gesamtrechnung: Diese Flächen seien zwar Teil der Umgestaltung, würden als Eigentum der Universität aber nicht in städtischer Verantwortung liegen.

Schlossgarten
Selber mal grob nachrechnen: Wo fallen Grünflächen weg (rot), wo kommen neue hinzu (grün) – und was ist mit den Bäumen?

Nach Berechnungen unserer Redaktion mit dem Planungstool „Google Earth PRO“ handelt es sich allein bei der Fläche im Schlossinnenhof um rund 1.000 Quadratmeter zukünftig versiegelter Fläche. Und auch die gepflasterte Fläche vor dem Schloss, die zukünftig die Blumenbeete ersetzen soll, sorgt – auch bei Einberechnung der neuen Hecken links und rechts von der Pflasterfläche – für zusätzliche Versiegelung von mehr als 400 Quadratmetern.
Die „circa 250“ oder inzwischen „230“ Quadratmeter an „mehr Grünfläche“ können also tatsächlich nur so entstanden sein, dass wesentliche Teile der geplanten Versiegelung bewusst herausgerechnet wurden, weil sie bspw. in Verantwortung der Universität liegen. Vermutlich sind auch die zur Versiegelung anstehenden Flächen vor der Mensa zwar Teil der Umgestaltungspläne, aber nicht Teil der Berechnung der Verwaltung, die ein „mehr an Grün“ nur bei sehr oberflächlicher Betrachtung versprechen.

Unter www.schloga.de geht es zu unserer Aktion „Rettet den Osnabrücker Schlossgarten“ und einer Erklärung, warum die HASEPOST hier Partei ergreift und einer redaktionellen Leitlinie folgt.

PS: Alle unsere oben aufgeführten Quadratmeterangaben sind auch nur „circa“; gerne veröffentlichen wir hier auch exakte berechnungen der Stadtverwaltung, nur wurden diese bislang nicht veröffentlicht!

 


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