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Schöne neue Einkaufswelt: die Apotheken verlassen die Innenstädte und Google plant „Same Day Delivery“

Wer in den vergangenen Wochen in der nördlichen Innenstadt ein paar Kopfschmerztabletten kaufen wollte, konnte zwei interessante Feststellungen machen: die erst vor ein paar Jahren neueröffnete Apotheke in der Theaterpassage hat ihre Türen für immer geschloßen und die traditionsreiche Hirsch-Apotheke am Nikolaiort hat sich deutlich verkleinert und teilt ihre Geschäftsräume nun mit einem Hörgeräte-Spezialisten (I-love-OS berichtete).
Gleichzeitig steht die benachbarte Immobilie von Bücher Jonscher noch immer leer und Thalia optimiert verkleinert die Verkaufsfläche drastisch.

Bücher und Medikamente sind unbestritten zwei der “Renner” im Onlinehandel, und so verwundert es nicht, wenn die Pharmazeutische Zeitung bereits 2009(!) einen Trend zur Schließung von Apotheken ausmachte.

Apotheke geschlossen für immer

Dieser Trend ist nun zur Gewissheit geworden. Laut Bild-Zeitung wurden bundesweit im ersten Halbjahr 2012 im Schnitt pro Woche sechs Apotheken geschlossen.

Carel Halff, Chef der Weltbild-Gruppe, die erst kürzlich in der Krahnstraße ein Geschäft eröffnete, wird in der aktuellen Ausgabe des Branchenorgans “der Handel” mit folgenden Worten zitiert:

Mittelfristig werde der gesamte deutsche Buchmarkt 50 Prozent der Verkaufsfläche und damit eine vergleichbare Zahl an Standorten stilllegen, (…). Buchläden würden künftig nur noch eine Komplementärfunktion zum Onlinegeschäft haben.

Geradezu passend dazu berichtete das Blog Basic Thinking gestern von Googles Plänen in Zukunft “Same Day Delivery” zu erproben und zu unterstützen, also die taggleiche Auslieferung von Onlinebestellungen. Vorerst ist noch wenig von diesen Plänen bekannt, und erstmal sollen die Experimente auch wohl auf San Francisco begrenzt bleiben.
Die Entwicklung des Internets und des Onlinehandels zeigt aber, dass was heute noch in Kalifornien erprobt wird, schon bald auch in Osnabrück Realität sein wird.

Die Osnabrücker Innenstadt und der Osnabrücker Handel werden also zusätzlichen Wettbewerb aus dem Internet bekommen.
Was also, wenn nach den Versandapotheken und Online-Buchhändlern bald auch Schuh-Versender wie Zalando oder Online-Optiker wie Mr. Spex zusätzliche Wege finden, Kaufkraft aus den Innenstädten zu ziehen?  Wenn Google tatsächlich auch in die lokale Distribution investieren will, dann dürfte Osnabrück als ein Ballungsraum in Europas wichtigstem Handelsmarkt sehr bald “auf der Liste” stehen.
Dann brauchen wir in Osnabrück nicht noch zusätzliche Ladenflächen, sondern eine Lokalpolitik, die dafür Sorge trägt, dass eine aktive und lebendige Kaufmannschaft sich gegen den Onlinehandel zur Wehr setzen kann. Die lebendige Osnabrücker Innenstadt wird sicher nicht aus Konzernzentralen in Essen, Hamburg, Paris oder sonstwo verteidigt.
Gerade das Beispiel Thalia (Reaktion auf Onlinewettbewerb: Flächenverkleinerung) und Weltbild (Prognose von zahlreichen Filialschließungen) zeigt, dass von den typischen Mietern einer Shopping-Mall kein Widerstand zu erwarten ist.
Sobald die Zahlen nicht mehr stimmen, werden die sich zurückziehen – vermutlich in die konzerneigenen Versand-Abteilungen (bei Thalia: Buch.de).

Schaut man sich die Besetzung des Osnabrücker Stadtrates einmal an, wird man dort nicht die Zielgruppen von Zalando & Co treffen, aber nur weil das eigene Shopping-Verhalten anders ist, darf die Lokalpolitik sich nicht vor offensichtlichen Herausforderungen verschliessen.
Unabhängig von der Standort- und Quadratmeter-Debatte muss die Frage nochmal auf den Tisch, ob bei Fertigstellung eine Einkaufscenters am Neumarkt oder an der Hase überhaupt noch eine Handelslandschaft existiert, die bereit ist neue Flächen (nach Möglichkeit langfristig) zu besetzen?


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2011 unter dem Titel "I-love-OS". Die Titelgrafik der HASEPOST trägt dieses ursprüngliche Motto weiter im Logo. Die Liebe zu Osnabrück treibt Heiko Pohlmann als Herausgeber und Autor an. Neben seiner Tätigkeit für die HASEPOST zeichnet der diplomierte Medienwissenschaftler auch für zwei mittelständische IT-Firmen als Geschäftsführer verantwortlich.

  

   

 

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