Ein Kommentar von Heiko Pohlmann (aktualisiert 10:35 Uhr)
NOZ-Lokalchef Wilfried Hinrichs glaubt eine Verlegung der Bundesstraße „würde sich zunächst nur auf Straßenkarten und in Navigationsgeräten bemerkbar machen“.
FDP-Fraktionschef Thomas Thiele fordert eine weitere Reduzierung des LKW-Verkehrs in der Innenstadt und befürwortet auch die Verlegung der B68-Route, dabei kritisert er die von der Verwaltung angegebene Zahl von „nur 15 Prozent”“, die der Durchgangsverkehr am innerstädtischen LKW-Verkehr angeblich beitragen würde.
Wieso eigentlich „nur“?
„Nur“ in Navigationsgeräten und „nur“ 15 Prozent Durchgangsverkehr (wobei diese Zahl höchst fragwürdig ist, siehe unten)?
Eine Herausnahme der innerstädtischen Bundesstraße 68 aus Karten und vor allem Navigationsgeräten ist genau das, was die Stadt zukünftig spürbar vom LKW-Verkehr entlasten wird. Mit der Herabstufung der Wälle auf eine innerstädtische Straße wird jedes Navigationssystem diese Straßen deutlich herab-priorisieren. Gleiches gilt auch für die Planungs- bzw. Tour-Verfolgungs-Software der Speditionen. Die Berechnung der Routenführung folgt einem sehr strikten Algorithmus, in dem jede Wege-Option nach ihrer Hierarchie bewertet wird. Gemeindestraßen sind in dieser Bewertung ganz weit unten angesiedelt.
Und was die Statistik der Verwaltung angeht: die von Dr. Thiele zu Recht kritisierte Zahl von „nur 15 Prozent“ LKW-Durchgangsverkehr, die 2008 erhoben worden sein soll, ist online auf die Schnelle leider nicht zu überprüfen.
Im online veröffentlichten Masterplan Mobilität (Link unten) wurde 2010 der LKW-Durchgangsverkehr in der Nacht (20:00 – 06:00 Uhr) und in den Morgenstunden (07:00 – 10:00) ermittelt. Für eine Ganztagesbetrachtung fehlten offenbar die Mittel oder der politische Wille. In dieser jüngsten verfügbaren Untersuchung überrascht es kaum, dass in der Nacht (nicht nur alle Katzen grau sind) tatsächlich nur 72 LKW die Stadt durchfuhren.
Interessant ist aber die ermittelte Zahl für den morgendlichen LKW-Verkehr. In den drei 2010 untersuchten Stunden durchquerten die Innenstadt 323 LKW (34%). Das dürfte die wirklich relevante Zahl in der Diskussion sein! Die tragischen Unfälle zwischen Fußgängern, Radfahrern und LKW fanden alle bei Tageslicht statt – nicht in der verkehrsarmen (und die Statistik verfälschenden) Nachtzeit!
Ein LKW über 2,8 Tonnen ist als einzelner „Maschinenwagen“ etwa 8 Meter lang, ein Lastzug knapp 19 Meter. Angenommen der LKW-Durchgangsverkehr besteht jeweils zur Hälfte aus einzelnen Maschinenwagen und Lastzügen, dann ergeben die 2010 in den Morgenstunden gezählten 323 LKW eine Gesamtlänge von 4.360,5 Meter – Stoßstange an Stoßstange – und das jeden Morgen!
Um diese Zahl einmal zu verdeutlichen: würde man diese 323 LKW versuchen (wieder Stoßstange an Stoßstange) im Stadtgebiet zu parken, könnte man damit eine ununterbrochene LKW-Reihe vom Funkturm auf dem Schinkelberg bis hinunter zu Galeria Kaufhof am Neumarkt bilden!
Und das – wohlgemerkt – sind „nur“ die LKW die Osnabrück täglich zwischen 07:00 und 10:00 Morgens durchqueren!
Lohnt es sich da nicht alle Möglichkeiten in Angriff zu nehmen diese Belastung und Gefährdung der Osnabrücker um die Stadt herumzuleiten?
NOZ (hinter Paywall) über den Antrag die B68-Route zu verlegen:
http://www.noz.de/lokales/osnabrueck/artikel/521991/osnabruck-beantragt-verlegung-der-b68
Masterplan Mobilität 2010, Wirtschaftsverkehr (PDF):
https://www.osnabrueck.de/images_design/Grafiken_Inhalt_Wohnen_Verkehr/7.4._Wirtschaftsverkehr.pdf