Das Führungskräfte ein Unternehmen oder eine Behörde vor dem regulären Ablauf ihres Arbeitsvertrages verlassen ist nichts Besonderes. Allenfalls der Zeitpunkt des Wechsels von Rita Maria Rzyski von Osnabrück nach Hannover ist unglücklich.
Heute meldete das Büro von Stefan Schostok (SPD), Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover, dass die Osnabrücker Stadträtin Rita Maria Rzyski die Leitung des neuen Dezernates für Bildung, Jugend und Familie an der Leine übernehmen soll.
Oberbürgermeister Wolfgang Griesert: „ein toller Karrieresprung“
In einer erste Stellungnahme gegenüber unserer Redaktion sagte Oberbürgermeister Wolfgang Griesert, dies sei für Frau Rzyski „ein toller Karrieresprung“. Er selbst wurde erst am Donnerstagabend von dem geplanten Wechsel informiert und er war „total überrascht“.
Nach Ansicht des Oberbürgermeisters bringt seine bisherige Stellvertreterin auch alle Kernkompetenzen für das Amt in der Landeshauptstadt mit. „Sie kennt alle Netzwerke und alle Akteure“, so Griesert, und weiter: „da macht ihr keiner was vor“!
Am Dienstag wurde die Wiederbesetzungssperre erlassen
Allerdings erinnerte Griesert auch daran, dass er angesichts der aktuellen Haushaltslage erst am Dienstag eine Wiederbesetzungssperre für die Verwaltung erlassen habe – auch vor diesem Hintergrund müsse man auch diesen Posten jetzt nicht überstürzt neubesetzen. Die Wiederbesetzungssperre ist unbefristet und es gibt zumindest keine rechtlichen oder vertraglichen Verpflichtungen, die hier eine Ausnahme zwingend machen, so Griesert.
Rita Maria Rzyski hatte nach dem Wechsel von Boris Pistorius in die Landespolitik mehr als ein halbes Jahr, bis zur Wahl von Wolfgang Griesert, die Amtspflichten des Oberbürgermeisters übernommen. Selbst Leitungsposten einer Stadt können und müssen nicht immer unterbrechungsfrei neu besetzt werden.
Können sich Grüne oder SPD diesen Posten sichern?
Obwohl mit dem Titel „Stadträtin“ versehen, ist der nun freiwerdende Dezernentenposten nicht mit dem nach Feierabend tagenden „Stadtrat“ der gewählten Kommunalpolitiker zu verwechseln, aber dennoch ein politisches Amt.
Zusammen mit dem Oberbürgermeister, dem Stadtbaurat und dem Kämmerer ist Rita Maria Rzyski bislang Mitglied des Vorstands, oder auch der Geschäftsleitung – wenn man Osnabrück wie ein Unternehmen betrachten würde.
Neue Dezernenten werden zwar vom Rat der Stadt gewählt, wo SPD und Grüne mit ihrer „Zählgemeinschaft“ regelmässig die größte Einzelfraktion der CDU überstimmen, das Vorschlagsrecht liegt jedoch beim Oberbürgermeister, das ist so in der niedersächsischen Kommunalverfassung geregelt.
Selbst wenn die Zählgemeinschaft vor der Kommunalwahl im September 2016 sich noch wünschen sollte diese Stelle mit einem Kandidaten aus ihren Reihen zu besetzen, wird sie hier wohl am Vorschlagsrecht des Oberbürgermeisters scheitern.
Gegenüber Hasepost erklärte Griesert, er hätte kein Problem damit gehabt wenn der Vertrag von Frau Ryzski im Sommer 2016 turnusmäßig um weitere acht Jahre verlängert worden wäre, nun habe er aber die Neubesetzung in der Hand.
Geht jetzt das Personalfindungs-Chaos wieder los?
40.000 Euro kostete 2012 die Suche nach einem neuen Finanzvorstand für die Stadt Osnabrück. Diese Kosten entstanden allein für die beauftragte Personalberatung im ersten Durchlauf, doch davon gab es sogar zwei.
Im ersten Durchlauf präsentierten die externen Personalberater mit Jutta Bott eine Kandidatin, die an ihrer ehemaligen Wirkungsstätte gerade ein Disziplinarverfahren ausstehen musste, weswegen sie in Osnabrück nicht tragbar gewesen wäre. Da half auch das SPD-Parteibuch nicht, das die Wunschkandidatin aus Kassel damals vorweisen konnte.
Dumm nur, dass das Disziplinarverfahren gegen Frau Bott erst offenbar wurde als der Vertrag bereits unterzeichnet war. Bereits 14 Tage nach Amtsantritt wurde Frau Bott bereits wieder abgewählt. Osnabrück muss ihr für diese zwei Wochen – und weitere acht Jahre – trotzdem ein Gehalt zahlen und auch ihren Ruhestand finanzieren: eine Summe von mehr als einer halben Million Euro!
Erst im zweiten Anlauf wurde mit Thomas Fillep schließlich ein Ersatz gefunden, der ebenfalls mit SPD-Parteibuch vermutlich auch auf nicht-fachlicher Ebene überzeugen konnte.
Auch die Wahl eines neuen Stadtbaurates 2013, die notwendig wurde weil sich SPD-Chef Frank Henning offen gegen den damaligen Oberbürgermeister Boris Pistorius (ebenfalls SPD) stellte, der gerne den Vertrag von CDU-Mitglied Wolfgang Griesert verlängert hätte, ging nicht ohne Pannen ab.
Die Suche nach Grieserts Nachfolger, der selbst wenig später Boris Pistorius auf dem Posten des Oberbürgermeisters folgte, war ebenfalls ein teures Abenteuer für Osnabrück.
Erneut fiel ein Wunschkandidat der rot-grünen Zählgemeinschaft durch. Frank Otte, der im schwäbischen Leinfeld-Echterdingen Stellvertreter des dortigen Oberbürgermeisters war, fehlte schlicht der in der Ausschreibung geforderte Universitätsabschluss. Erst nach Änderung der Ausschreibungsunterlagen konnte die Zählgemeinschaft aus SPD und Grünen ihren Wunschkandidaten durchdrücken.
Interessanterweise fiel die Wahl damals, mit Frank Otte, auf einen parteilosen Kandidaten – während es in der zweiten Vorstellungsrunde auch einen Favoriten mit grüner Parteizugehörigkeit gegeben haben soll. Zum Zeitpunkt der Besetzung des Stadtbaurats-Postens hatte jedoch Rita Maria Rzyski kommissarisch die Aufgaben des Oberbürgermeisters übernommen und entschied sich gegen den parteigebundenen Kandidaten. Inzwischen soll aber auch Frank Otte, so hört man aus Kreisen der Lokalpolitik, in ein politisches Lager gewechselt sein, ihm sagt man den Eintritt in die Partei der Grünen nach.
Der Oberbürgermeister, der an diesem Freitag bereits kurz vor seinem Sommerurlaub stand, will die Sommerpause nun nutzen sich in Ruhe Gedanken zu machen wie bis zur Wahl einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers von Frau Ryzski die Aufgaben intern geschultert werden können. Wie es konkret weitergeht wird sich erst nach der Sommerpause zeigen!
Die Wahl von Rita Maria Rzyski zur Stadträtin in Hannover ist für die Oktober-Sitzung des dortigen Rates am 8. Oktober geplant. Auf die bundesweite Ausschreibung für Leitung des neuen Dezernates gingen 78 Bewerbungen ein, davon 38 von Männern und 40 von Frauen.