„Ob“ es überhaupt eine Notwendigkeit gibt, dass der Schlossgarten umfangreich umgebaut werden soll, stand bei der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung (StUA) in der vergangenen Woche nicht zur Debatte. Schon jetzt ist allerdings klar: Es wird bereits vor dem ersten Spatenstich um über anderthalb Millionen Euro und damit um mehr als 25% teurer als ursprünglich geplant.
Widerstand gegen die Kostenexplosion gab es von Seiten der Lokalpolitiker nicht. Bezahlen sollen die Mehrkosten – wie auch bei der Theatersanierung geplant – auswärtige Steuerzahler.
Mit ein paar rhetorischen Winkelzügen schaffte es der extra aus Berlin angereiste Planer zusätzlich die Aufmerksamkeit der Ratsmitglieder davon abzulenken, dass es nach dem Umbau des beliebten Schlossgartens unterm Strich weniger Vegetationsflächen geben wird als bisher.
Kosten steigen von 6,17 Millionen auf 7,87 Millionen Euro
Unterstützt vom umstrittenen Stadtbaurat Frank Otte, relativierte Jörg Michel vom Planungsbüro POLA auch den geplanten Zugriff auf zusätzliche Fördergelder, und dass auch die Stadt mehr als eine halbe Million Euro zusätzlich aufwenden muss um die weitere Bebauung des Schlossgartens zu bezahlen.
Immerhin bliebe man mit Kosten von weniger als 140 Euro pro Quadratmeter sowohl unter dem bisherigen Förderhöchstsatz von 160 Euro, als auch unter einem inzwischen auf 200 Euro pro Quadratmeter angehobenen förderfähigen Betrag.
Da also fest eingeplant ist auch Steuergelder aus der Landeskasse abzugreifen, bleibt so in der Rechnung der Planer für die hochverschuldete Stadtkasse „nur“ ein „Mehrbedarf“ von 567.000 Euro – den Rest müssen Steuerzahler aus dem Rest des Landes zahlen.
Mit enthalten in der Rechnung ist auch die geplante Umgestaltung des Ledenhofs. für die es aber zum Zeitpunkt dieser Kostensteigerung noch nicht einmal eine Skizze gibt.
Mehr als 400 Quadratmeter „Vegetationsfläche“ werden geopfert
Besondere Mühe verwendeten die Berliner Planer auch darauf, zumindest auf dem Papier eine gegenüber dem IST-Zustand zukünftig verringerte bebaute und befestigte Fläche nachzuweisen. Tatsächlich werden aber rein rechnerisch lediglich magere 180 Quadratmeter weniger Fläche bebaut und befestigt sein als bisher.
Die „Vegetationsfläche“, also die Flächen, auf der Platz für Gras, Bäume, Blumen, Bienen und Schmetterlinge ist, wird sogar um 405 Quadratmeter geringer ausfallen, wenn die Bagger abziehen.
Bemüht diesen Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit schön-zu-„framen“, betonte Landschaftsplaner Michel immer wieder, dass nach Ende der Bauarbeiten ja ein Spielplatz mit 585 Quadratmetern entstehe. Dass ein Spielplatz in weiten Teilen zwar nicht als versiegelte Fläche gilt, mit seiner großen Sandfläche aber eben keine Grünanlage ist, wurde dadurch geschickt überspielt.
Stadbaurat widersprach 2017 der Flächenberechnung der HASEPOST
Ersten Entwürfe, über die unsere Redaktion 2017 kritisch berichtet hatte, sahen eine noch deutlich größere Flächenversiegelung vor. Durch Asphaltieren des Platzes rund um das neue Springbrunnenbecken wäre noch mehr Grün verschwunden – allerdings bestritt der Stadtbaurat seinerzeit noch die offensichtliche Fehlplanung.
In den vergangenen Monaten wurden Änderungen an vielen Details vorgenommen – denn so falsch waren unsere Recherchen wohl doch nicht.
Durch Verzicht auf die im vergangenen Jahr umstrittene Steinpflasterung rund um das neue Springbrunnenbecken, das weiterhin als einzelne Wasserfläche geplant ist, wurde die Flächenversiegelung signifikant nach unten geschraubt. Nun soll ein wasserdurchlässiger Bodenbelag (aber kein Rasen) das bis zu 30cm tiefe Wasserbecken umrahmen. In der Berechnung der versiegelten Fläche taucht dieser Bereich dann nicht mehr auf – Grünfläche ist es allerdings dennoch nicht.
Auch die bislang asphaltierten Wege werden zu weiten Teilen mit einem neuen Belag versehen und zusätzlich auf eine geringere Breite verringert.
Stadtrat stimmt für weniger Grün und explodierende Kosten
Bevor die Ausschussmitglieder einstimmig dem Antrag zustimmten und so die vorliegenden Pläne und die Kostensteigerungen akzeptiert wurden, konnte der Planer viele weitere Details der geplanten Umsetzung vorstellen.
So wurde inzwischen auf die ursprünglich geplanten massiven Betonbänke verzichtet. Nun sollen flache und – weil ohne Rückenlehne – von beiden Seiten nutzbare Bänke das zukünftig einzelne Wasserbecken säumen. Zusätzlich sollen einzelne Stühle, die von den Besuchern herumgetragen werden können, zum Verweilen einladen.
Das Wasserbecken ist so geplant, dass es dazu einladen soll auch mal seine Füsse darin zu baden. Kinder sind herzlich eingeladen im Wasser zu planschen.
Damit auch in Zukunft das Schlossgarten Open Air seinen Standort behält, wurde bei der Planung auf die speziellen Anforderungen hinsichtlich Bühnenbau oder Fluchtwege-Nachweis geachtet. Zusätzliche werden voraussichtlich 30 Bäume neu gepflanzt, gefällt wird nach aktueller Planung nur ein einzelner Baum.
Wenn alles so wie geplant läuft, könnte bereits im Herbst mit den Bauarbeiten begonnen werden. Angefangen wird mit der Verlegung des Spielplatzes vor der Mensa, an dessen ursprüngliche, Standort die Universität einen Neubau plant und somit ein gutes Stück des Schlossgartens bebaut wird – was auch durch Rechentricks kaum wegzudiskutieren sein wird.
Kommentar des Redakteurs
Erneut hat ein Fachausschuss die Chance vertan die Verwaltung auf Einhaltung des zuvor vereinbarten Kostenrahmens festzunageln. Die Lokalpolitiker und Ausschussmitglieder haben sich mal wieder selbst als naive Feierabendpolitiker geoutet, denen man besser keine größeren Summen anvertrauen sollte. Und leider geht auch ein gutes Stück an Grünfläche im Schlossgarten verloren, weil offensichtlich niemand die Planungsunterlagen gelesen hat.
Statt den Planer zurück nach Berlin ans Zeichenbrett und den Taschenrechner zu schicken und dem Stadtbaurat zu signalisieren, dass man seine Spielchen mit den Steuergeldern der Bürger nicht mitmacht, akzeptierten die Ausschussmitglieder eine deutliche Kostensteigerung und einen geschickt verschleierten Kahlschlag im Schlossgarten. Da sind 30 zusätzliche Bäume ein schwacher – wenn auch schöner – Trost. Am Ende werden trotzdem mehr als 400 Quadratmeter an Grünfläche fehlen!
Dass mit Stadtbaurat Frank Otte ausgerechnet ein Mitglied der Osnabrücker Grünen (mal wieder) für weniger Grün in der Stadt verantwortlich zeichnet, ist schon irgendwie seltsam. Dass Vertreter aller Parteien ohne zu Zucken eine massive Kostensteigerung akzeptieren, leider schon Alltag. Stoppen kann diesen Wahnsinn der Ausschussmitglieder nun noch der Stadtrat und in ein paar Jahren – bei der nächsten Kommunalwahl – die Bürger, die für solche Planungen am Ende zur Kasse gebeten werden.
Interessant ist auch, dass die mit mehr als 25% schon jetzt massive Explosion der Kosten, mit der bislang lediglich grob geplanten Sanierung des Ledenhofs aus einem Topf bezahlt werden soll.
Es wird sicher spannend, was da noch an Kostensteigerungen auf uns zukommt. Bekanntlich wurde der Ledenhof in den 70er Jahren auf die nur bedingt tragfähige Deckenkostruktion der Tiefgarage gesetzt. Wenn man den inzwischen mehr als 40 Jahre alten Beton entfernt, dürfte noch so manch eine teure Überraschung auf den Steuerzahler warten. Um das vorauszusehen braucht man kein Bauexperte zu sein – mahnende Stimmen aus den Reihen des Fachausschusses sind dennoch nicht zu hören!