In einer Zeit, in der Kundenkontakte für das „normale“ Tagesgeschäft inzwischen 24/7 über das Internet abgewickelt werden und die alte Immobilie mit Schalterhalle wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten wirkt, wagt die Osnabrücker Volksbank den Schritt in eine moderne Hauptverwaltung außerhalb des Wallrings. In der Johannisstraße soll das Marienhospital (MHO) die Flächen der alten Volksbank-Zentrale übernehmen.
Kundenberatung zukünftig verstärkt am Domhof in der Altstadt
Die Volksbank Osnabrück eG verlagert ihren Hauptsitz von der Johannisstraße in den Gewerbepark Netter Heide, wie sie am Wochenende mitteilte, nachdem die Mitarbeiter informiert wurden. Das Beratungsgeschäft für Privatkunden der bisherigen Hauptstelle wird in der bestehenden Volksbank-Filiale am Domhof gebündelt und das Gebäude dort entsprechend ausgebaut. Das berichten Beate Jakobs und Heiko Engelhard, Vorstandsmitglieder der Volksbank Osnabrück eG.
Verwaltung und Beratung von Firmenkunden im Neubau
Die von der Volksbank genutzten Gebäudeteile an der Johannisstraße werden vom Marienhospital Osnabrück (MHO) übernommen. In der neuen Volksbank-Zentrale werden die Betreuung der mittelständischen Firmenkunden und die Vermögensbetreuung angesiedelt sein, ebenso wie die Arbeitsplätze der Verwaltung und der Sachbearbeitung.
Heiko Engelhard erklärt die Entscheidung mit den Veränderungen im Bankgeschäft: „Als wir unsere Zentrale in der Johannisstraße vor mehr als 50 Jahren bezogen haben, war das Bankgeschäft noch ein ganz anderes als heute. EDV-Technik oder gar Smartphone-Apps spielten noch überhaupt keine Rolle.“ Gerade bei der Kontoführung oder der Sachbearbeitung habe sich die Welt seitdem fundamental gewandelt. Dies verändere auch die Anforderungen an die Arbeitsplätze und die Büroorganisation. „In diesen Fragen stieß unsere jetzige Hauptstelle an der Johannisstraße immer stärker an ihre Grenzen, so dass wir uns letztendlich aus Wirtschaftlichkeitsgründen für einen Standortwechsel entschieden haben“, so Engelhard weiter.
Marienhospital sichert gute Weiternutzung der Immobilie in der Neustadt
Realisieren ließ sich das Projekt aber erst, nachdem das Marienhospital Osnabrück (MHO) Interesse an dem jetzigen Standort gezeigt hatte, um seine Erweiterungspläne realisieren zu können. „Die Voraussetzung zur Umsetzung unserer Pläne war von Anfang an, das Gebäude an der Johannisstraße einer guten Weiternutzung zuführen zu können“, führte Engelhard aus. Die Johannisstraße hätte anderenfalls unter einem Leerstand stark gelitten.
„Deshalb ergänzen sich die Pläne unserer Bank und des Marienhospitals in idealer Weise. Ohne diesen glücklichen Umstand hätten wir unsere Überlegungen wahrscheinlich nicht so zeitnah realisieren können.“
Der Umzug der Bank und die Übergabe des von der Volksbank genutzten Gebäudeteils an das Marienhospital erfolgt bereits im zweiten Halbjahr des Jahres 2020.
Bislang getrennte Beratung wird am Domhof zusammengeführt
„Trotz der fortschreitenden Technik setzen wir auch weiterhin auf die persönliche Betreuung unserer Kunden. Daher wollen wir nach wie vor an den zentralen Standorten in unserem Geschäftsgebiet für die Kunden gut erreichbar und sichtbar sein“, führt Beate Jakobs aus. „Unser derzeit im Stadtzentrum in der Johannisstraße und am Domhof noch auf zwei Standorte aufgeteiltes Filialangebot bündeln wir für unsere Privatkunden zukünftig in unserer Filiale am Domhof 8 gegenüber dem Theater. Dort sind wir mitten in der Stadt und die Kunden können einen Besuch bei uns mit einem Innenstadtaufenthalt verbinden.
Netter Heide noch „erweiterter Innenstadtgürtel“
Die Betreuung der mittelständischen Firmenkunden hingegen und die Arbeitsplätze der Verwaltung und Sachbearbeitung zentralisieren wir an einem gut erreichbaren Standort im erweiterten Innenstadtgürtel“, so Jakobs weiter.
Hierfür zieht die Bank in das Areal der ehemaligen Winkelhausenkaserne, den „Businesspark Netter Heide“. „Mit dem dort bereits im Bau befindlichen „Winkelhaus“ haben wir ein Objekt gefunden, das unsere internen Anforderungen ideal erfüllt, gut erreichbar ist und in einem hochmodernen Gewerbepark für Dienstleistungen liegt“, sind beide Vorstände überzeugt. Arbeitsplätze in Verwaltung und Sachbearbeitung ließen sich nämlich deutlich effizienter außerhalb der Innenstadt ansiedeln. „Zudem schaffen wir auch im Winkelhaus neben einer Selbstbedienungszone mit Geldautomaten und Überweisungsterminal, professionellen Beratungsbereichen sowie einer neuen Schließfachanlage mit ca. 900 Fächern die Kernangebote einer Bankfiliale. Und indem an der Johannisstraße auch weiterhin eine Selbstbedienungsfiliale erhalten bleibt, erweitern wir unser Filialangebot sogar“, schließen Beate Jakobs und Heiko Engelhard. Am neuen Standort werden ca. 100 Arbeitsplätze gebündelt.
Glücksfall für das Marienhospital
Für das Marienhospital ist der Umzug ebenfalls eine glückliche Fügung. Denn mittelfristig beginnt dort der große Neu- und Umbau. „Wir werden an unserem jetzigen Standort einen kompletten Gebäudeteil abreißen und einige Bereiche auslagern – dafür eignet sich das Volksbank-Gebäude ideal“, sagt Werner Lullmann, Geschäftsführer der Niels-Stensen-Kliniken, zu denen auch das MHO gehört. Voraussichtlich werden das Labor sowie eine Praxis aus dem MHO an die Johannisstraße wandern. Dort sei ausreichend Platz für die benötigten Labor- und Praxisräume vorhanden, berichtet Lullmann. Ein weiterer Vorteil sei die direkte Nachbarschaft zum MHO; so blieben die Wege kurz.
Kommentar von Hasepost-Herausgeber Heiko Pohlmann
Chapeau! Die, die sich mit Geld und dem Blick in die Zukunft auskennen, machen es der Stadtverwaltung vor. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung von Geschäftsprozessen ist es nicht mehr notwendig alle Mitarbeiter in der Innenstadt zu konzentrieren und rare Grünflächen am Wall zu bebauen; wie es die offenbar noch der analogen Welt verhaftete Stadtverwaltung plant.
Bei der Volksbank werden zukünftig die beratungsintensiven Gespräche mit den Privatkunden am Domhof gebündelt, während Geschäftskunden ihren Ansprechpartner in der Netter Heide finden: Bequem mit dem Auto erreichbar und direkt angedockt an die Verwaltung, die es trotz aller Digitalisierung auch in Zukunft noch geben wird – aber mit den Jahren vielleicht immer weniger.
Gut, dass das Marienhospital weitere Räumlichkeiten braucht, so ist auch sichergestellt, dass dieser Teil der Johannisstraße nicht um eine weitere Dönerbude oder einen Gebraucht-Goldhändler „bereichert“ wird.
Die freie Wirtschaft macht es der Verwaltung also vor, doch die wird dieses Handeln wohl nicht verstehen. Dort denkt man an entscheidender Stelle noch in der Währung „Denkmäler“, die man in der inzwischen dem Ende zuneigenden Amtszeit unbedingt auf den Weg bringen will.