Ein Leidartikel Leitartikel
Ein Abstellplatz für Fahrräder und ein Beitrag zur Verkehrslenkung: Deswegen investiert die Stadt am Neumarkt in weit über hundert Absperrgitter aus Plastik und Metall.
Die Pressesprecher von Stadtverwaltung und Osnabrücker Service Betrieb (OSB) versuchten diese Woche auf Nachfrage unserer Redaktion die Funktion der Absperrgitter auf dem „Problemplatz“ zu erklären. Erst vor rund zwei Wochen wurden zahlreiche Plastikgitter gegen angeblich „ansehnlichere“ Metallgitter ausgetauscht und rund drei Dutzend zusätzliche Gitter vor dem H&M Haus aufgebaut.
Bevor die Fußgängerzone kommt wird alles „vergattert“
„Ein Fahrradparkhaus“, diese Antwort gehört zu den regelmäßig geäußerten Ideen, was man denn mit dem zwischenzeitlich zugeschütteten Neumarkttunnel sinnvolles hätte anstellen können.
Bekanntlich kam es anders und für mehr als drei Millionen Euro wurde der Tunnel „dicht gemacht“. Seither erlebt der Neumarkt wahrlich unruhige Zeiten. Sollen Autos auf ihm fahren oder wird er zu einer Fußgängerzone, auf dem sich mehr als 2.000 Busse täglich den Platz mit den Fußgängern teilen sollen?
Aktuell läuft alles auf die Idee mit den Bussen und der Fußgängerzone hinaus. Funktioniert es so, wie es von der inzwischen abgelösten Ratsmehrheit auf den Weg gebracht wurde, dann könnte schon im Frühjahr die endgültige Sperrung für den Individualverkehr erfolgen. Aber erstmal gibt es einen „Fahrradparkplatz“ – und eine leere Fläche ohne Verwendungszweck, die nicht betreten werden darf.
Unter „Fußgängerzone auf dem Neumarkt“ haben sich viele Osnabrücker sicher etwas ganz anderes vorgestellt.
Absperrgitter für den „Viehtrieb“ der Fußgänger über den Platz?
Noch völlig unklar ist, wie sich Fußgänger und Stadtbusse zukünftig den Verkehrsraum teilen sollen, denn Schilder, Markierungen und Ampeln sind in einer Fußgängerzone nicht erlaubt.
Ist das womöglich die Stunde der Absperrgitter? Ein Leser der HASEPOST gab den Hinweis auf diesen möglichen Hintergrund der „Voll-Vergitterung“ des Neumarkts. Weil die Stadtverwaltung keine Idee hat, wie das mit den Bussen und den Fußgängern auf dem Neumarkt überhaupt funktionieren soll, werden enge Gassen geschaffen um die kritische „Konfrontation“ zwischen Stadtbus und Mensch auf einen schmalen Punkt zu konzentrieren. Mit ein wenig Glück funktioniert das dann so auch ohne Ampel. So jedenfalls die Idee unseres Lesers, der ungenannt bleiben möchte – vielleicht auch weil er über Insider-Wissen verfügt?!
Und tatsächlich – das Bild oben zeigt es deutlich – wie in einem Viehgatter werden die Fußgänger bereits jetzt davon abgehalten den reichlich vorhandenen Platz zu nutzen. Immer am Gitter entlang geht es auf direktem Weg zu der noch kurz vor Schluss installierten Ampel, die schon bald wieder demontiert werden soll.
Stadt will von verdeckter Agenda nichts wissen
Wird die Ampel dann in wenigen Wochen abgebaut, ist von einem wirklichen Platz-Charakter und gemeinsamer Nutzung durch Fußgänger und Busse keine Rede mehr. Gitter, überall Gitter – eine seltsame „Fußgängerzone“ wäre das.
Auf diesen möglichen Hintergrund am Rande der letzten Ratssitzung angesprochen, war sich Dr. Sven Jürgensen, Pressesprecher der Stadt Osnabrück sicher, dass dies nicht die eigentliche Begründung für das Aufstellen der weit mehr als hundert Absperrgitter sei.
Bis Mitte der Woche konnte der oberste Sprecher der Stadt aber auch nicht genau erklären, was denn nun die Idee hinter der Vergitterung des Neumarkts sein könnte.
Zwischenzeitlich waren in der vergangenen Woche Schilder aufgetaucht, die Fahrradbesitzer dazu aufforderten bis zum 13. Februar alle innerhalb der gerade erst quadratisch abgesperrten Fläche vor dem H&M Haus zu entfernen. Am kommenden Montag soll die frisch eingerichtete „Fahrradabstellanlage“ gereinigt werden. Auch davon war im Presseamt der Stadt vor unserer Nachfrage noch nichts bekannt.
Fragen bleiben vorerst unbeantwortet
Tatsächlich konnte das Presseamt der Stadt im Laufe der Woche das Offensichtliche, also die Nutzung eines Teiles der frisch abgesperrten Fläche als Fahrradparkplatz bestätigen.
Doch leider neigen Journalisten zu Nachfragen, denn daraus ergaben sich zwei neue Fragen:
- Was ist die Grund für die viel größere Absperrung zwischen Sportarena und Neumarktampel?
- Warum wird der Fahrradabstellplatz vor dem H&M Haus bereits zwei Wochen nach Installation wieder gereinigt?
Zur Überraschung des Autors erklärte sich das Presseamt der Stadt daraufhin als nicht mehr direkt zuständig und verwies auf die Kollegin beim Osnabrücker Service Betrieb (OSB).
Fahrräder werden am Montag nicht gleich entsorgt
Was die Reinigung der Fläche vor H&M angeht, nur rund zwei Wochen nach Aufstellung der Absperrgitter, konnte Karin Hofmann, Pressesprecherin des OSB Entwarnung geben. Noch verkehrstüchtige Fahrräder werden jetzt nicht sofort entsorgt, aber es wäre schon wünschenswert, wenn die Fläche am Montag freigemacht würde.
Die Kollegen wollten sich dann nochmal alles genau ansehen und schauen was genau zu „reinigen“ sei (nach nur zwei Wochen?); deshalb seien die Schilder aufgestellt worden.
Warum nicht das Reinigen und Aufstellen der Gitter in umgekehrter Reihenfolge hätte passieren können, konnte die OSB-Sprecherin allerdings auch nicht erklären.
Gatter sollen „Laufbeziehungen“ festlegen
Nach interner Nachfrage beim OSB erhielt unsere Redaktion schließlich auch eine Antwort, warum so eine große Fläche zwischen Sportarena und Neumarkt abgesperrt wurde.
Die Antwort gleicht dann doch sehr der Idee unseres Lesers von oben:
Mit der aktuellen Eingatterung weiter Teile des Neumarkts seien nun gewünschte „Laufbeziehungen“ hergestellt. Und so werde „die Pflege des Neumarkts“ für den Servicebetrieb der Stadt auch „beherrschbarer“. Zudem führe es zu „mehr Verkehrssicherheit, wenn die Fußgänger nicht frei herumliefen“.
Abgeklärt sei die Maßnahme mit dem Hochbauamt, so der OSB.
Und schon vor einer Woche hatte das Presseamt der Stadt mitgeteilt, dass die „ansehnlicheren“ Metallgitter genau deshalb beschafft wurden, weil sie dort für „einen längeren Zeitraum“ stehen bleiben sollen.
Ganz langsam fügen sich Puzzlesteine zu einem Gesamtbild.
Wer geglaubt hatte, der nun bald vom Autoverkehr „befreite“(?) Neumarkt würde den Fußgängern zur Verfügung stehen, darf sich getäuscht sehen. Ein Teil wird Fahrradparkplatz, der andere Teil wird „einfach so“ hinter Gittern versteckt. Die Fußgänger werden zwischen Gittern über den Neumarkt gedrängt.
Der Fairness halber darf allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass irgendwann auch eine Umgestaltung des Neumarkts geplant ist – mit Springbrunnen und Sitzbänken – aber bis dahin: Gatter und Gitter!
So wie in dem ersten Bild oben soll der Neumarkt werden, und so wie rechts im Bild sah er vergangen Sommer aus. Groß war der Unterschied zu dem Planungsentwurf eigentlich nicht – bis auf die Absperrgitter.