Jazz geht über die simplen Klänge der Rock- und Popmusik hinaus. Fast schon auf eine spirituelle Art und Weise berührt der kreative Musikstil seine Anhänger seit Tag eins. In diesem Sinne findet am 10. Juni das dritte Osnabrücker POLYCHROM Jazzfestival kostenlos auf gleich zwei Bühnen statt, an der Katharinenkirche und auf dem Ledenhof.
Vor allem Jazz bergt ein enormes Potenzial zum Improvisieren, so lassen sich viele Musikerinnen und Musiker spontan von Rhythmus und Groove leiten. Es entstehen Eindrücke, die besonders nachwirken – sowohl im Kopf als Melodie als auch im Körper. Mit einer ähnlichen Energie will Marco Gausmann den “Jazz mehr in die Stadt tragen”. Laut dem Geschäftsführer des Musikbüro Osnabrück e. V. sei “durch das vielseitige und übergreifende Angebot” für alle etwas dabei. Da Jazz sich etwas unter dem Radar bewege, wolle man mit dem Festival die Präsenz der Musikrichtung erhöhen.
Freies Jazz-Programm
Zusammen mit dem Kunstraum “Hase29” wurde ein inhaltliches Konzept entwickelt, dass für Neues begeistern soll. Zwar unterscheide sich Jazzmusik vor allem darin, dass sie nicht in ein Taktschema gepresst wird, trotzdem seien Einflüsse aus Pop, Soul oder Hip Hop gerne gesehen. Genreübergreifende Fusionen sind nicht verboten, wenn Lariza und Black Cap mit tanzbarem Fusion-Jazz in typisch experimenteller Form auffahren. Laut Anna Suzuki fehlen jedoch ein paar Meter, um die beiden Acts in den Free-Jazz einzuordnen, der höchsten Stufe der improvisierten Spielart. Die Festival-Initiatorin verspricht allerdings, dass es trotzdem wild werde.
Auch Fred Garden spielen gerne mit dem Cross-Over-Potenzial der Jazzmusik. Suzuki betont, dass die Band im letzten Jahr super angekommen sei. “Die vielen Bläser sorgten für die passende Harmonie zwischen Hip Hop und Jazz.” Bestens bekannt ist der Mix beider Genres durch US-Rapper Kendrick Lamar, wobei das Freestyle-Element hier mehr textlicher als melodischer Natur ist.
Dass sich jedoch auch Gewohntes bewährt, ist daran zu erkennen, dass das Thema Westfälischer Frieden dieses Jahr auf keiner Veranstaltung fehlen darf. Außerdem wartet auf Zuschauerinnen und Zuschauer ein Auftritt im Rahmen des MeWe-Kulturfestivals, wenn Lelèka ukrainische Volkslieder mit Jazz verbindet. Frieden trifft auf Frieden: Ob in Osnabrück oder der Ukraine, spielt dabei keine Rolle.
Jazz als Kunst und Ausdruck
Historisch entspringt Jazz vielen Richtungen, zum Beispiel dem Blues, Swing oder Groove. Dass Jazz auch geordnet kann, zeigt Jerry Lu. Gemeinsam mit dem POLYCHROM Festival möchte er den künstlerischen Nachwuchs fördern, deshalb eröffnet der Pianist und Musikdozent der Hochschule Osnabrück die Veranstaltung mit der POLYCHROM-Combo um 15:30 Uhr. Dort spielen die Studierenden unter seiner Leitung. Im Anschluss spielt Lus eigenes Jazz-Trio aus Bass, Schlagzeug und Klavier, das die Basis des Jazz’ näherbringen soll. Eine strukturierte Form gibt es neben der ganzen Improvisation also doch. “Ausgehend von diesem Punkt sind dann jegliche Jazz-Experimente möglich”, so Suzuki.
Jazz sprengt besonders heute die musikalischen Grenzen, zusätzlich lädt er zu anderen Kunstformen ein. Deshalb hat Hase29 das Kunstprojekt “Fancy Fences” ins Leben gerufen. Sieben junge Künstlerinnen und Künstler aus Osnabrück bemalen weiße Planen, die standesgemäß rund um Bauzäune gewickelt sind. “Überall stehen Bauzäune mit diesen hässlichen zerknitterten Planen. Wir wollten das Gelände rund ums Festival etwas cooler gestalten”, erklärte Gausmann. Die Aktionskunst findet live statt, während das Festival läuft. Azim Becker, zuständig für die Organisation der Künstlerinnen und Künstler, fügt an: “So spontan, wie der Jazz ist, so spontan wird hier Kunst geschaffen. Genau das ist der Spirit von Jazz.”
Darüber hinaus wird es einen Kreativ-Pavillon für Kinder und Jugendliche geben, in einer anderen Aktion werden Spenden für den Osnabrücker Hilfsverein “Exil” gesammelt. Das vollständige Programm gibt es hier. Der Eintritt ist frei.