Es war ein denkbar schlechtes Timing der Stadtverwaltung, dass am Donnerstagabend knapp 150 Helleraner in den Stadtteiltreff Alte Kasse gelockt hatte und am Ende für reichlich Frust sorgte. Ein großer Teil der Helleraner war gekommen um mit Politik und Verwaltung zum Thema des in direkter Nähe der zur Überflutung neigenden Düte geplanten Baugebiets am Kampweg zu diskutieren.
Doch ein Dialog blieb aus, es kam zu Monologen von Seiten der Anlieger und zur immer gleiche Abwehr, wechselweise vom grünen Stadtbaurat Frank Otte und vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank Henning. Inhaltlich konnten oder wollten sich die Vertreter von Politik und Verwaltung nicht mit den Sorgen der Bürger beschäftigen.
Was Frank Henning, der turnusmäßig die Versammlungsleitung übernommen hatte, und Frank Otte den Bürgern zum Tagesordnungspunkt „2c“ (geplante Bebauung Kampweg) zu sagen hatten, hätte dem Leitfaden eines Callcenter-Mitarbeiters entnommen sein können.
Falscher Ort und falscher Zeitpunkt für Sorgen der Bürger?
„Kommen Sie zur Informationsveranstaltung kommende Woche“ und „schicken Sie uns alles schriftlich, wir können hier nicht im Detail auf Ihre Einwendungen eingehen“, wären im fiktiven Leitfaden eines Callcenter-Agenten die einzigen Antwortmöglichkeiten gewesen, die „im richtigen Leben“ schnell dazu geführt hätten, dass der Bürger entnervt das Gespräch beendet hätte.
Ob es der Glaube an eine hinter der Maske des Bürokraten versteckte Fähigkeit zur Einsicht und zur tief vergrabenen Dialogbereitschaft war? Die Anlieger ließen nicht locker und Frank Henning und Frank Otte wiederholten wieder und wieder ihre zum Mantra gereiften Abwehrsätze gegen die von den Bürgern vorgetragenen Bedenken.
Folgt man der von der Bürokratie vorgegeben Logik, dann konnten die beiden offiziellen Vertreter der Stadt auch gar nicht anders: Der Termin für die Bürgerversammlung war hinsichtlich des geplanten Baugebiets denkbar schlecht gewählt – der Frust war vorprogrammiert.
Erst eine Woche später, am kommenden Mittwoch (7.11.2018, 19 Uhr, Turnhalle der Grundschule Hellern), soll es eine eigene Bürgerinformationsveranstaltung zum Thema Neubaugebiet an der Düte geben.
Verwaltung will nicht diskutieren, bitte alles schriftlich…
Trotz des nicht gerade optimalen Timings der Stadtverwaltung, ließen es sich die Mitglieder der Anliegergemeinschaft vom Kamp- und Tongrubenweg und der Lipper Straße nicht nehmen ihre Anfragen zu verlesen. Das jedoch führte zur zweiten an diesem Abend mehrfach wiederholten Replik von Frank Otte und Frank Henning, die Bürger sollen diese Einwendungen doch bitte auch schriftlich an die Stadt senden, „damit nichts verloren geht“.
Auch von Seiten des SPD Ortsvereins Hellern gab es einen umfangreichen Fragenkatalog zum Status der Planung und zum weiteren Vorgehen, dessen Beantwortung Frank Otte gleich zu Beginn des Tagesordnungspunkts übernahm und in akkustisch kaum verständlichem Singsang und von technischen Problemen begleitet beantwortete.
Statt wenigstes eine Dialog zu simulieren und die Antworten der Verwaltung offen vorzutragen und zu erläutern, las Otte mühsam und monoton von seinem iPad die vorbereiteten Antworten ab. Dabei hielt Otte das eigenwillig funktionierende Mikrofon konsequent falsch, so dass wohl nur ein Bruchteil der Anwesenden mitbekommen haben dürfte, wie die Antworten tatsächlich lauteten. Mehrfache Zwischenrufe, die den Stadtbaurat dazu aufforderten doch endlich das Mikrofon richtig zu halten oder zumindest lauter zu sprechen, blieben erfolglos. Zwischenzeitlich schalteten einige anwesende Vertreter der Verwaltung wenigstens ihre Smartphones aus, die zusätzlich das Mikrofon störten.
Wenn es nicht um so ein ernstes Thema gegangen wäre, hätte dieser Teil der Veranstaltung gut als Comedy-Einlage durchgehen können.
Entwürfe für Neubaugebiet bereits weit fortgeschritten
Den Anliegern geht es vor allem darum, dass man sie überhaupt in die Planung einbezieht. Währenddessen liegen inzwischen Entwürfe der Verwaltung vor, die bereits sehr konkret aufzeigen, wie die Bebauung aussehen könnte. Statt wie im direkten Umfeld mit Giebeldächern und in Form von Einfamilienhäusern, sollen die in Nachbarschaft zum Flüsschen Düte geplanten Häuser mit einer Würfelform dem Bauhaus nacheifern und bis zu dreigeschossig ausgeführt werden.
In einem Hintergrundgespräch mit unserer Redaktion erläuterten Vertreter der Verwaltung Anfang der Woche, dass die Flachdach-Idee auch deshalb gewählt worden sei, da man so bei Starkregen das Wasser kurzzeitig auf dem Haus belassen könne, während ein schräges Dach für ein sofortiges Abfliessen sorgt, was man angesichts der Hochwasserproblematik in dem Baugebiet vermeiden wolle.
Trotz der inzwischen schon recht konkreten Entwürfe betonte der SPD-Politiker Frank Henning: „Das ganze Verfahren ist wirklich erst ganz am Anfang“.
Die bereits recht weit fortgeschritten wirkenden Planunterlagen, können online und direkt beim Fachbereich Städtebau bis zum 23.11.2018 eingesehen werden. An dieses Amt sind auch die Bedenken der Anlieger zu richten, die im weiteren Verlauf der Lokalpolitik vorgelegt werden.
Ob und wie zukünftige Hochwasserereignisse, Starkregen oder die vielfältige Natur direkt am Düte-Strand das Projekt noch kippen können, überlässt die Stadtverwaltung externen Gutachtern – oder eben der Politik, die angesichts des starken Anliegerprotests jederzeit die Notbremse ziehen kann. Dass nicht er oder seine Mitarbeiter, sondern die Politik oder Gutachter für den Fortgang der Planungen verantwortlich sind, gehört ebenfalls zu den am Donnerstagabend mehrfach wiederholten Äußerungen des Stadtbaurats.
Geld für Gutachten obwohl alles an GM-Hütte hängt?
Mehrere Anlieger wiesen darauf hin, dass erst eine noch nicht genauer terminierte und ihren Auswirkungen noch offene Hochwasserschutzmaßnahme in Georgsmarienhütte zu den Grundbedingungen gehören würde, die doch bitte abzuwarten sei, bevor man von Seiten der Stadt kostspielige Gutachter beauftrage. Davon wollten Frank Henning und Frank Otte aber ebenso nichts wissen („Schicken Sie uns das alles schriftlich“), wie von den Schilderungen des Hochwassers 2010, das nicht nur das direkte Umfeld der Düte betraf, sondern auch jenseits der Lengericher Landstraße und in Hörne für große Zerstörungen gesorgt hatte.
Ein Privatvideo zeigt das Ausmaß des Hochwassers 2010:
Quelle: YouTube, Nagilum1976
Nur für einen kurzen Moment, nachdem einer Anwohnerin bei der Erinnerung an diese Zeit die Stimme stockte und ihr die Tränen in die Augen stiegen, brach auch der bürokratische Eispanzer des Ratsmitglieds Frank Henning, der sich anschließend selbst daran erinnerte, wie sein Elternhaus vor Jahren von Schlammmassen geflutet wurde.
Fortsetzung folgt nächsten Mittwoch
Erst nach mehr als einer Stunde – nachdem einige Bürger lauthals beklagten, dass ein weiterer Austausch inhaltlich immer gleicher Beiträge auch keine neuen Erkenntnisse liefern wird – wurde dieser Tagesordnungspunkt abgebrochen. Ob die zwei Stunden, die für die Bürgerinformationsveranstaltung am kommenden Mittwoch (19 bis 21 Uhr) angesetzt sind, ausreichen werden, darf bezweifelt werden.