Aktuell feiert das Felix-Nussbaum-Haus sein 20-jähriges Bestehen mit der Veranstaltung “20 Jahre – 20 Tage”. Am 2. August holte sich das Felix-Nussbaum-Haus zusätzlich das Team vom Young Urban Performances Festival (YUP) aus Osnabrück und Ort(en) aus Münster ins Boot und zeigte sowohl Peformances als auch Installationen.
Young Urban Performances ist ein aus acht jungen Studierenden aus den künstlerischen Studiengängen bestehendes Kollektiv. Gemeinsam organisierten sie letztes Jahr im November das Young Urban Performances Festival, für das sich unetablierte Künstler bei einem Open Call bewerben konnten. “Die Künstler sollen die Gelegenheit haben ihre Arbeiten zu zeigen und sich unter einander zu vernetzen”, beschreibt Ann-Sophie Meyer die Intention des Festivals. Dabei geht vorallem darum jungen Künstlern eine Bühne zu bieten und die Performance-Kunst in Osnabrück zu etablieren.
Nach dem Festival wurde das Felix-Nussbaum-Haus auf das Kollektiv aufmerksam und schlug eine Zusammenarbeit vor. “Wir sind stolz auf diese Einladung”, sagt Meyer dazu. Am 02. August übernahm YUP gemeinsam mit Ort(en) das Felix-Nussbaum-Haus und zeigte vier Installationen und Performaces unter dem Motto “MUAR – Raum rückwärts”.
Agnes Nguyen – Heartlight
Die ehemalige Osnabrücker Studentin Agnes Nguyen zeigte eine aus zwei Sitzwürfeln bestehende Installation. In den Würfeln ist ein Pulssensor verankert, der den Herzschlag des Sitzenden aufnimmt, woraufhin die Würfel im Takt des Herzschlages aufleuchten. “Bei manchen Menschen wurde das Aufleuchten synchron, bei anderen leuchteten die Würfel immer schneller auf. Zu beobachten wie die Menschen mit ihren Herzschlägen und dem Aufleuchten aufeinander reagieren ist sehr spannend”, beschreibt Nguyen ihre Arbeit. “Du bist quasi eine Skulptur, die von außen angeschaut wird.” Der Besucher wird Teil der Installation, denn je nachdem wie viele Besucher um die Würfel herumstehen, reagieren die auf den Würfeln sitzenden anders. Sind weniger Menschen anwesend, so fühlen sich die Sitzenden meist wohler und haben eher einen ruhigen Herzschlag der sich synchronisiert . Befinden sich mehr Leute im Raum, so fühlen sich viele unwohl dabei und die Herzschläge werden kaum synchron. “Die Arbeit offenbart den Innenraum von zwei Menschen und ihre Empathie für einander”, erklärt Nguyen.
Joran*Yonis aka Pia Tabea Visse – ξένος
Eine Performance mit dem Titel “ξένος” zeigte Pia Tabea Visse auf dem unteren Gang im Felix-Nussbaum-Haus. Die Besucher wurden dabei in einen dunklen Raum geführt, der an einzelnen Stellen blau beleuchtet war. Gleich am Eingang wurden die Besucher von zwei Performern “beschnüffelt” und ein erstes unangenehmes Gefühl macht sich bei den Besuchern breit. Im Gang angekommen, bewegen sich dort verschiedene Performer in befremdlich anmutenden Kostümen. Sie zucken, sie hecheln, sie schlurfen durch den Gang. Immer mal wieder bleibt einer stehen und starrt einem Besucher penetrant in die Augen. Manche Besucher senken darauf verunsichert den Blick, andere starren vollkommen ruhig zurück. Das ganze wird von tiefen Bassklängen untermalt.
“Man begegnet Menschen die man nicht kennt, die fremd und unbekannt sind”, erklärt Visse ihre Arbeit. “Auf der einen Seite ist das exotische anziehend, auf der anderen geht man lieber einen Schritt zurück, weil es fremd ist. Die Performance beschäftigt sich mit dem Unterschied zwischen Angst und Furcht und dem Überwinden von Vorurteilen. “Die Idee hatte ich schon vorher, inspiriert durch die Philosophin Julia Christeva. Das Felix-Nussbaum-Haus war der perfekte Rahmen für die Umsetzung”, sagt Visse.
Sophie Fijal – Körperhüllen
Sophie Fijal lässt die Besucher mit weißen Körperhüllen selbst zum Performer werden. Drei verschieden Hüllen stehen zu Verfügung, einmal für eine, einmal für zwei und schließlich eine für drei Personen. In diese Hüllen gehüllt erfahren die Besucher den Raum und ihre Bewegungen ganz anders. In der Körperhülle für zwei Menschen laufen die Besucher sich gegenüber gebeugt in einiger Entfernung zueinander durch den Raum. Die größte Hülle fasst drei Menschen die sich, aufrecht stehend und nah aneinander gedrängt unter einer Art Kappe, aneinander anpassen müssen, um voran zukommen. Die kleinste Hülle verhüllt einen Menschen und beschert ihm ein beengendes Gefühl. Aus diesem Grund ist die Hülle auch mit einer Warnung für Klaustrophobiker versehen.
Die Hüllen nehmen einem die Unabhängigkeit von anderen und die Individualität. Die Besucher dabei den Raum und auch sich selbst neu erleben.
Ort(en) – Ort(en) #1
Das erst im April gegründete Performance-Kollektiv Ort(en) aus Münster zeigte eine 25-minütige Performance, bei der der Besucher rund um das Felix-Nussbaum-Haus geführt wurde. Konzipiert wurde die Performance speziell für das Felix-Nussbaum-Haus. Dabei haben sich die Künstler intensiv mit dem Ort und der Architektur auseinander gesetzt und dazu dann improvisierend eine Performance entwickelt. Ganz in grau gekleidet zeigten die Künstler dabei verschiedene Ansätze, wie das wortlose Schrubben von Säulen und das Tragen eines Baumes im Rucksack. Die einzigen Laute kamen von Klickern, die durch die Architektur des Hauses widerhallen. Ort(en) ließ sich auch von Felix Nussbaum selbst inspirieren und fertigte deswegen eine Maske aus Leinwand an, wie sie auch in Kunsterweken von Nussbaum zu sehen ist, die den Besucher wieder an den Eingang des Hauses führt. Die Maske geht aber immer weiter, bis sie schließlich durch das Heger-Tor hindurch verschwindet. “Wir wollen Bilder im Raum schaffen, sowohl räumlich als auch inhaltlich”, erklärt Lisa Tschorn die Performance. “Die Leute sollen Lust auf Räume bekommen.”
Wer nun Lust auf Performance-Kunst bekommen hat, sollte sich den 27. und 28. Oktober im Kalender anstreichen, denn da wird zum zweiten Mal das Young Urban Performances Festival stattfindet. Bis zum 31. August können sich junge Künstler noch beim Open Call für das Festival bewerben.