Insgesamt 449 Mal kürzte eine Mitarbeiterin beim Landkreis Osnabrück das Verfahren zur Einbürgerung ab. Womöglich ist auch die Summe, die durch kriminelle Machenschaften rund um den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft erwirtschaftet wurde, noch höher als die bislang bekannten rund 41.000 Euro.
Die neuen Zahlen ergeben sich aus Informationen, die unserer Redaktion inzwischen vorliegen und aufzeigen, an wie vielen Stellschrauben eine Mitarbeiterin im Kreishaus des Landkreises Osnabrück drehen konnte, damit das Einbürgerungsverfahren im Sinne ihrer Kunden abgekürzt werden konnte.
Kleiner Fehlbetrag brachte die Prüfer auf die Spur von Anja M.
Entdeckt wurden die Tricksereien und der damit verbundene Griff in die Landkreis-Kasse durch eine routinemäßige aber unangekündigte Prüfung der insgesamt sechzehn Bar-Kassen der Ausländerabteilung. In fünfzehn Fällen blieb die Prüfung ohne Beanstandung, doch in einer Kasse fehlten 104 Euro.
Der daraufhin folgende Abgleich zwischen dem von der Mitarbeiterin auf Papier verbuchten Einnahmen und dem elektronischen Kassenbuch brachte dann den Stein ins Rollen.
Innerhalb eines halben Jahres hatte sich ein Fehlbestand von rund 5.300 Euro in die Bücher geschlichen. Dabei hatte Anja M.* versucht die große Summe auf verschiedene Kleinbeträge für Verwaltungsleistungen zu verteilen, die auch alle im Kassenbuchungsprogramm als Einnahmen erfasst, aber nicht an die Kreiskasse abgeführt wurden.
In einer weiteren Prüfung, bei der alle Bareinnahmen seit Beginn der Beschäftigung im Frühjahr 2021 von Anja M. geprüft wurden, addierten sich die Fehlbeträge auf weitere 9.800 Euro, die nicht an die Kreiskasse abgeführt wurden.
Etwa 150 Einbürgerungen gegen Barzahlungen vorgenommen
Je tiefer die Prüfer in die kreative Buchhaltung der für die Einbürgerungen im Landkreis zuständigen Mitarbeiterin eindrangen, desto größer wurden die Beträge. Bei ungefähr 150 Einbürgerungen sollen insgesamt Gebühren in Höhe von weiteren rund 26.000 Euro unterschlagen worden sein, so der aktuelle Stand der internen Ermittlungen im Kreishaus.
Zu den einzelnen Beträgen fehlen teilweise die Einträge im Kassenbuch, Zahlbelege fehlen oder es wurden Duplikate von Zahlbelegen aus anderen Einbürgerungsvorgängen erzeugt und abgelegt.
* der Name Anja M. wurde für die unter Tatverdacht stehende Landkreismitarbeiterin in der Berichterstattung des Spiegel verwendet und wird entsprechend von uns übernommen.