Die Zahlen würden vorliegen und müssten nur noch formatiert werden, erklärte Stadtbaurat Otte den Mitgliedern des Betriebsausschusses Immobilien- und Gebäudemanagement in der Sitzung am 22. Oktober vergangenen Jahres. Zuvor hatte er auf Nachfrage nicht begründen können, warum er sich für die Bebauung des alten Klostergartens aussprach.
Auf der Freifläche am Wall sollen nach der Vorstellung des Stadtbaurats ein “Stadthaus 3” entstehen. Auch ein Vierteljahr später liegt weder der Politik noch der Öffentlichkeit eine valide Personalplanung noch ein Raumbedarfsplan vor, mit denen der Wunsch nach noch mehr Bürofläche begründet werden könnte.
Angeblich war altes Finanzamt im Fledder stark asbestverseucht
Bevor Frank Otte am 22.Oktober eingestehen musste, dass er keinen Nachweis über eine angebliche Raumnot der Verwaltung vorweisen kann, hatte der Stadtbaurat gegenüber den Ausschussmitgliedern ein Horrorszenario präsentiert.
Demnach sei das eigentlich für die Ausdehnung der Verwaltung vorgesehene ehemalige Finanzamtgebäude an der Hannoverschen Straße so umfassend mit Schadstoffen belastet, dass von einem Kauf dringend abzuraten sei.
Die Ratsfraktionen der Grünen und CDU/BOB folgten der Verwaltungsvorlage, ohne die von Otte behaupteten Angaben kritisch zu hinterfragen. Inzwischen ist bekannt, dass ein privater Investor die Schadstoffbelastung gänzlich anders einschätzt und das Gebäude von der Landesregierung gekauft hat.
Doch im weiteren Verlauf verlief für Stadtbaurat Frank Otte am 22. Oktober einiges nicht so wie geplant. Den Kauf des alten Finanzamts hatte er den Ausschussmitgliedern erfolgreich madig gemacht, doch die Neubaupläne konnte er nicht mit Zahlen begründen – zumal erst kurz zuvor durch die Berichterstattung unserer Redaktion bekannt wurde, dass die Stadtverwaltung sich gerade erst das Verwaltungsgebäude der Paracelsus-Kliniken gesichert hatte, das ab Jahresende 2020 bezogen werden kann.
Otte versprach im Oktober 2x eine Raumbedarfsplanung vorzulegen
Vor diesem Hintergrund versprach Frank Otte (ausweislich des Protokolls): “Die Verwaltung werde kurzfristig in einer gesonderten Vorlage über die Personalentwicklung der Verwaltung und die angemieteten Objekte informieren.”
Zwei Tage später, bei der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umwelt (StUA) am 24. Oktober, wiederholte Otte sein Versprechen und konkretisierte “der aktuelle und zukünftige Raumbedarf der Stadtverwaltung soll der Lokalpolitik nun über das Protokoll nachgereicht werden” (Zitat aus unserem Artikel über die Ausschusssitzung am 24.10.2019).
Ein Vierteljahr verstrich inzwischen und das längst überfällige Dokument über die Personalentwicklung wurde offenbar immer noch nicht veröffentlicht.
Eine interne Quelle aus dem Politikbetrieb gab unserer Redaktion jedoch den Hinweis, dass das Thema Raumbedarf der Verwaltung in der Sitzung in dieser Woche auf der Agenda stehen wird – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Und auch zu dieser Sitzung kann Frank Otte offenbar immer noch keine validen Zahlen liefern, die auch nur im Ansatz eine “Planung” der Verwaltung belegen. Drei Monate nach der Ankündigung vollständige Unterlagen vorzulegen, erhalten die Ausschussmitglieder zur Vorbereitung auf die Sitzung diese Woche, lediglich eine Aufstellung der aktuell angemieteten Flächen. Keine Planung für das kommende Jahr, in fünf Jahren oder vielleicht sogar in zehn Jahren.
Unsere Redaktion hatte bereits im November recherchiert, dass die Stadtverwaltung innerhalb der kommenden zehn Jahre jeden vierten Mitarbeiter in den Ruhestand schicken wird.
SPD und CDU setzen Otte unter Druck
Während die Debatte um das italienische Restaurant an der Ecke Bierstraße/Lohstraße unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt werden soll, hat die Ratsfraktion der SPD vergangene Woche einen Antrag gestellt, die bislang “nur scheibchenweise” Kommunikation an die Gremien über die städtische Raumsituation endlich zu beenden und zu liefern.
Von Seiten der CDU-Ratsfraktion wird in einer Pressemitteilung durch Dr. Fritz Brickwedde von der Verwaltung gefordert darzulegen, wie Räume effizienter genutzt werden könnten. “Das gelte für Teilzeit und Homeoffice”, so Brickwedde. “Nicht jeder Mitarbeiter brauche acht Stunden am Tag einen eigenen Schreibtisch. Irgendwann müssten sich Investitionen in Digitalisierung auch in höherer Effizienz auszahlen. In vielen holländischen Kommunalverwaltungen hätten sehr viele Mitarbeiter überhaupt keinen eigenen Arbeitsplatz mehr.”
Stadtverwaltung sieht keine Dringlichkeit
Anders als die beiden großen Ratsfraktionen sieht die Stadtverwaltung offenbar keine Dringlichkeit, so etwas wie eine aktuelle Raumbedarfsplanung vorzulegen. Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte Dr. Sven Jürgensen, Pressesprecher der Stadt Osnabrück: “Die Vorlage ist noch in Bearbeitung. Da die Vorlage zur Bebauung des Dominikanerparkplatzes von der Verwaltung zurückgezogen wurde, wird die angekündigte Vorlage auch verschiedene Varianten der Bebauung/nicht Bebauung zu berücksichtigen haben; d.h. Bedarfe und mögliche Standorte werden gegenübergestellt. Die Dringlichkeit ist durch die Zurückziehung entfallen.”
Kommentar des Autors:
Fragen wir doch mal den Vorstand oder Geschäftsführer eines mit der Stadtverwaltung vergleichbaren Betriebes nach seiner aktuellen Mitarbeiterzahl und dem Raumbedarf, heute und in vielleicht fünf oder zehn Jahren …
OK, unser fiktiver Geschäftsführer oder Vorstand wird es vielleicht nicht sofort wissen, jedenfalls nicht auf den einzelnen Mitarbeiter und den Quadratmeter genau. Er wird vermutlich zum Hörer greifen und einen leitenden Angestellten dazu befragen. Und egal zu welcher Tages- und Nachtzeit: Wenn der nicht sofort eine Antwort auf diese Frage hat, dann hat unsere fiktive Firma am kommenden Tag einen Mitarbeiter weniger!
Der “Vorstand” unserer Stadtverwaltung ist der Bürger – es ist “unser Laden”. Und wenn die Öffentlichkeit und/oder die Lokalpolitik auf Nachfrage keine Kennzahlen erhält, dann stimmt etwas ganz gewaltig nicht!
In welchem Kasperletheater wird denn bitte unser Steuergeld verbrannt, wenn der Stadtbaurat nicht umgehend Auskunft geben kann zu den wichtigsten Kennzahlen des “Konzerns Stadtverwaltung”, als deren Vertreter sich unsere Stadtoberen gerne sehen.
Man müsse die Zahlen nur noch in lesbare Form formatieren … war die Ausrede vor einem Vierteljahr und plötzlich sieht die Verwaltung keine Dringlichkeit mehr. Das klingt verdammt nach der Ausrede “der Hund hat meine Hausaufgaben gefressen”.