Er hat schon viel erlebt, der “Multifunktionsplatz” im neu entstehenden Wissenschaftspark zwischen Natruper Straße und Sedanstraße. Erst als Exerzierfläche und betonierter Panzerparkplatz, nun mit frischem Asphalt und Farbanstrich versehen als, ja als was denn eigentlich? Teletubbie-Parkplatz?
Hergerichtet wurde die Fläche ursprünglich in den späten 30er Jahren, als das NS-Regime nahe der bereits zur Kaiserzeit entstandenen Kaserne an der Barbarastraße weitere Truppen in Osnabrück stationieren wollte. Was als Scharnhorstkaserne für tausend Jahre geplant war, ging bekanntlich schon wenige Jahre später in die Hände der Alliierten über. Die Briten zogen schließlich vor ein paar Jahren ab, seither entsteht auf dem Konversionsgelände der Wissenschaftspark, auf dessen Gelände unterhalb des Westerbergs sich neue Arbeitsplätze und Wohnungen ansiedeln sollen. Mit Sicherheit ein Vorzeigeobjekt, wie die Konversion vom kriegerischen Kasernengelände in Richtung Zukunft gelingen kann.
Aus einer funktionalen Betonfläche wurde eine multifunktionale Asphaltfläche
Über Jahrzehnte beschränkte sich die Multifunktionalität der Fläche wohl auf wahlweise Exerzieren oder das Bewegen von schwerem Kriegsgerät. Während der Erschliessung des Wissenschaftsparks wurde auf dem rund einen halben Meter dicken Betonplateau Erdaushub gelagert.
Schließlich rückten vor etwa einem Jahr Bauarbeiter an und asphaltierten die Fläche. Asphalt statt Beton, auch gut.
Zusätzlich wurde ein halbes Dutzend Straßenlampen aufgestellt, nun kann man auch im Dunkeln gut parken.
Vor knapp zwei Wochen steckten dann fleissige Arbeiter die Fläche aufwändig ab und malten allerlei bunte Flächen auf den Asphalt.
Nicht wenige Mitarbeiter in den Büros des angrenzenden Architekturbüros und im Innovationscentrum (ICO) fragten sich, was diese Asphaltbemalung wohl soll? Eine Kunstaktion von Studenten?
Markierungen um einzelne Parkplätze und die Zufahrt abzugrenzen – was sinnvoll gewesen wäre – sind es ganz offensichtlich nicht.
Die Fläche wird bereits vielfältig genutzt – doch dafür ist die Farbe nicht
Es sind auch keine kleinen Mini-Straßen, auf denen die Piloten ferngesteuerter Autos ihre Rennen ausfahren könnten. Was schade ist, denn die RC-Fahrer nutzen den Platz am Abend oder an den Wochenenden recht gerne.
Auch Rollerblade-Fahrer lieben den Platz, genau wie Skater oder Straßenfußballer.
Und Eltern, die mit ihren Kindern auf einer freien Fläche Fahrradfahren üben wollen, sieht man häufiger auf dem Platz – doch auch für sie macht die Malerei keinen Sinn. Im Gegenteil: Schon bei leichter Feuchtigkeit sorgt die Farbe dafür, dass die Oberfläche sehr rutschig wird.
Das Presseamt kann mit einem Luftbild die Malerei erklären
Wir haben beim Presseamt der Stadt nachgefragt. Der städtische Pressesprecher Dr. Sven Jürgensen hat Antworten auf unsere Fragen: “Bei der bislang als Parkplatz genutzten Fläche, handelt es sich gemäß Bebauungsplan um einen Multifunktionsplatz.
Zu diesem Zweck wurde der Platz mit einer Strom- und Wasserversorgung ausgestattet, die Lampen wurden entsprechend gewählt und als Unterscheidungsmerkmal zu einem normalen Parkplatz wurde dieser in Anlehnung an das Logo des angrenzenden Innovationscentrums bemalt”.Blöd nur, dass man vom Boden aus diese Analogie zum Logo des ICO nicht erkennen kann.
Doch die Verwaltung hat gleich nach Fertigstellung eine Luftaufnahme anfertigen lassen, und tatsächlich, aus der Perspektive sehen die farbigen Flächen dem Logo des Innovationscentrums schon ein wenig ähnlich.
Wohlgemerkt: Aus der Luft – nicht aus der Bodenperspektive. Da ist es nur bunt – und inzwischen auch mit allerlei Reifenspuren versehen, denn die sieht man auf farbigen Flächen besser als auf Asphalt, weshalb man Asphalt wohl in der Regel wohl auch nicht bemalt.
In Zukunft nicht nur Parken sondern auch Veranstaltungen
Auch was die zukünftige Nutzung angeht, konnte das Presseamt weiterhelfen: “Die Fläche soll für verschiedene Aktivitäten im Wissenschaftspark (Messen, Präsentationen, etc.) genutzt werden. Sie ist nicht als dauerhafte Parkplatzanlage vorgesehen, sondern als temporäre Ergänzung für Veranstaltungen”.
Teure Lösungen haben Tradition im Wissenschaftspark
Bereits bei der feierlichen Eröffnung der “Entreeplatz” genannten Fläche an der Einfahrt zum Wissenschaftspark, wurde von Seiten des Stadtkämmerers Thomas Fillep besonders hervorgehoben, dass 2/3 der Kosten aus Mitteln des Landes und des Bundes getragen wurden.
Beim Entreeplatz schaffte man – wohl vor dem Hintergrund der grosszügigen Fördermittel – das Kunststück, bei einer Investitionssumme von 600.000 Euro (+ Planungskosten von 100.000 Euro!) ganze drei Bäume zu pflanzen. HASEPOST fragte damals “Sind das Osnabrücks teuerste Bäume?”
340.000 Euro für einen bunten Parkplatz
Bäume wurden auf dem “Multifunktionsplatz” keine gepflanzt – aber die aus Steuermitteln zu bezahlende Rechnung hat es erneut in sich. Und schon wieder scheint sämtliche Ausgabendisziplin verflogen, gibt es doch wieder Geld aus fremde Kassen, das ohne Hemmungen investiert werden will.
Das Presseamt zu den Kosten: “Der Platz wurde ebenso wie die übrigen öffentlichen Flächen (z.B. Entreeplatz, ICO-Platz) gefördert. Die geförderten Kosten für den Multifunktionsplatz belaufen sich auf rund 340.000 €.”
Wie groß dieser bunte Parkplatz denn sei, wollte man uns beim Presseamt dann jedoch nicht mehr verraten. Eine entsprechende Nachfrage blieb, wie auch die Frage nach den Kosten für das Aufbringen der Farbe, unbeantwortet.
Was die Fläche angeht, haben wir nachgemessen: 2.540 Quadratmeter, so jedenfalls die Berechnung von Google Earth in der auch von Stadtplanern verwendeten Pro-Version, umfasst die multifunktionale und frisch eingefärbte Parkfläche.
1 Quadratmeter bunter Asphalt: 133,85 Euro
60.000 Euro, so Recherchen unserer Redaktion, hat die die Planung des bunten Parkplatzes gekostet. In Summe hat die Verwandlung der betonierten Kasernenfläche in einen bunten Teletubbie-Parkplatz (diese Bezeichnung hörten wir bei den Fotoaufnahmen von einem Passanten) also pro Quadratmeter gut 133,85 Euro gekostet.
Der durchschnittliche Preis um einen Quadratmeter Land in Osnabrück zu *kaufen* (nicht ihn lediglich zu asphaltieren und bunt anzumalen) beträgt übrigens 92,58 Euro (Stand September 2016).
Das Anmalen des Asphalts soll allein 36.000 Euro gekostet haben
Und die Kosten der Mal-Aktion, deren vollen Pracht nur aus der Luft zu erkennen ist?
Nach zuverlässigen Informationen unserer Redaktion schlägt dieser Einzelposten mit 36.000 Euro zu Buche – ist aber immerhin in den Gesamtkosten von 340.000 Euro enthalten.
Diesen Summe hat uns das Presseamt der Stadt, auch auf Nachfrage, allerdings nicht bestätigen wollen…
Die regelmässig das Klinikum oder die nahe Paracelsus-Klinik anfliegenden Piloten der Rettungshubschrauber werden sich bestimmt freuen, wenn sie unter sich das Logo des ICO erkennen!
Wer es sich selber mal anschauen will, hier die Karte:
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