Selbst wenn die Finanzplanung des Zoos offensichtlich etwas schwierig ist (siehe Teil 2 dieser kleinen Serie), gibt es durchaus wichtige Kennzahlen zum Osnabrücker Zoo, auch über die oft verwendete Zahl der Besucher und der Eintrittserlöse hinaus.
Stimmt es zum Beispiel, dass es der Zoo in den vergangenen Jahren tatsächlich zweimal ein positives Jahresergebnis einfahren konnte?
Tatsächlich gibt es zwei erfolgreiche Jahresabschlüsse. Aber genau wie im Jahr 2022, das ebenfalls stark von Corona geprägt war, kamen im Jahr 2020 für den Zoo Osnabrück positive Sondereffekte zum Tragen, ohne die es auch in den beiden “Erfolgsjahren” rote Zahlen gegeben hätte.
Jahr 2020 war für den Zoo “Corona-Positiv”
Das positive Ergebnis von knapp 1,3 Millionen Euro im Jahr 2020 war nur möglich, weil die Bürgerinnen und Bürger eifrig für “ihren Zoo” spendeten. Insgesamt kam dabei eine Spendensumme in Höhe von 585.000 Euro zusammen, die aus der Stadtkasse verdoppelt wurde. Das Land Niederachsen zahlte nochmals rund 800.000 Euro an Corona-Beihilfen. Und aus der der Corona-Sonderhilfe flossen dem Zoo weitere 444.000 Euro zu.
Einnahmen aus dem Anteilsverkauf an die Stadt sind bereits weg
Nicht zuletzt erhielt der Zoo im Jahr 2020 auch die erste Tranche in Höhe von 500.000 Euro aus dem Verkauf von 20 Prozent der bisher von der Zoogesellschaft gehaltenen Anteile an die Stadt. “Die Alarmglocken klingelten” jedoch, so heißt es aus dem Rathaus, als Zoo-Chef Andreas Busemann im vergangenen Jahr die Stadt darum bat, die Tranchen drei und vier aus dem Anteilsverkauf zusammenzulegen. Seine Begründung: Er wollte damit die Liquidität sichern.
So kam es, dass im weiteren “Erfolgsjahr” 2022, in dem mit hochgerechnet 1,2 Millionen Besuchern ein Besucherrekord aufgestellt wurde, erneut ein positiver Jahresabschluss von knapp über 100.000 Euro vermeldet werden konnte. Aber auch nur deshalb, weil die Zoogesellschaft zusätzlich 150.000 Euro an die Zoo gGmbH übertragen hatte.
Dem Finanzausschuss der Stadt, der in der vergangenen Woche tagte, wurde von den städtischen Vertretern des Aufsichtsrats mitgeteilt, dass im angeblichen Rekordjahr besonders aufgefallen sei, dass Mehreinnahmen aus dem Ticketverkauf in Höhe von 1,8 Millionen Euro nicht entsprechend durchschlugen und offensichtlich teilweise von erhöhten Kosten aufgezehrt wurden.
Zahlreiche Kredite müssen zu neuen Konditionen verlängert werden
In allen Jahresergebnissen mit eingerechnet sind zusätzliche Zahlungen aus der Stadtkasse in Höhe von jährlich rund 707.000 Euro, mit denen vor allem die Kredite bedient werden.
Und Verpflichtungen bei den Banken gibt es einige. Für insgesamt 17,1 Millionen Euro bürgt die Stadt Osnabrück. Darlehen in Höhe von 9,2 Millionen müssen im Zeitraum von 2025 bis 2033 verlängert werden. Durch das inzwischen gestiegene Zinsniveau kommen neue Belastungen auf den Zoo zu. Bei der Stadtverwaltung rechnet man bereits mit zukünftig jährlich mehr als 500.000 Euro zusätzlicher Zinsbelastung; und das beim derzeitigen Stand der Darlehenszinsen, die durchaus noch steigen können.
Wirtschaftsprüfer mahnen Aktualisierung des “Worst-Case-Szenarios” an
Dass Kosten steigen können, muss bei der fortlaufenden Risikoabschätzung eingeplant werden. Im Zuge der im vergangenen Jahr durchgeführten Sonderprüfung, die unserer Redaktion vorliegt, mahnen die Prüfer an, dass ein “Worst-Case-Szenario” regelmäßig aktualisiert werden sollte. Vor allem aber für die geplanten Investitionen fehlten den externen Prüfern Risikozuschläge und eine aktualisierte Planung aufgrund der sich aktuell verändernden gesamtwirtschaftlichen Lage.
10, 15 oder mehr als 20 Millionen Euro: Was kostet die neue Elefantenanlage?
Dass die Baukosten für neue Attraktionen und Gehege vom Geschäftsführer oft falsch eingeschätzt und (zu) spät korrigiert wurden, dafür steht beispielhaft die neue Elefantenanlage, die bis zum Jahr 2030 fertiggestellt werden und für weiter steigende Besucherzahlen sorgen soll.
Bei Planungsbeginn sollen die Kosten noch im mittleren einstelligen Millionenbereich gelegen haben. Zu Ende des Jahres 2019, der neue Aufsichtsrat hatte gerade erst seinen Job angetreten, bezifferte Busemann die Projektkosten für den Elefantenpark auf “circa 12 Millionen Euro” – versehen mit dem Zusatz “geschätzt”.
Die Summe blieb über ein paar Monate relativ stabil, wobei der Zoo-Geschäftsführer im Rahmen einer Aufsichtsratssitzung im Mai 2020 sogar potentiell noch geringere Kosten in Aussicht stellte und von einer Investitionssumme in Höhe von 10 bis 12 Millionen Euro ausging.
Doch bereits zum Jahresende 2020 vermerkte der Jahresabschlussprüfbericht 2020 für das “Projekt Elefantenpark” erwartete Kosten in Höhe von rund 15 Millionen.
Wieder ein halbes Jahr später, im Juni 2021, schätzte Busemann gegenüber dem Aufsichtsrat die Kosten für die Umsetzung des Großprojekts Elefantenpark nun recht unpräzise auf “12 bis 18 Millionen Euro”. In einem Projektfilm, der zum Zeitpunkt der Aufsichtsratssitzung am 9. Dezember 2022 nach Aussage von Busemann bereits drei Monate alt war, wurde der “Elefantenpark KUI BURI” mit erwarteten Kosten in Höhe von 15 Millionen Euro in Verbindung gebracht.
Doch inzwischen ist diese Summe längst wieder Makulatur. Vor allem durch die Auflagen des Veterinärmedizinischen Amtes wird das Projekt nun bereits mit Kosten oberhalb von 20 Millionen Euro veranschlagt.
Statt echter Tiere in Zukunft Hologramme?
Bis die Elefantenanlage fertig ist, soll mit der “Time Spiral” eine weitere Neuerung dafür sorgen, dass die Besucherzahlen hoch bleiben.
Grob vereinfacht handelt es sich dabei um einen Zoo mit virtuellen Tieren, die als Hologramm dargestellt werden. Besucher des Circus Roncalli konnten zum Weihnachtscircus 2018/2019 diese Technologie bewundern. Der bereits jahrelang ohne Wildtiere auskommende Circus brachte mit der Hologrammtechnik so wieder Tiere in die Manege und begeisterte damit auch das Publikum in der Hasestadt.
Doch zumindest für die Besucher des Osnabrücker Rocalli Weihnachts-Circus blieb es bei einem einmaligen Gastspiel in der Roncalli-Manage – bereits beim nächsten Gastspiel in Osnabrück war diese Technologie wieder aus dem Circus-Programm verschwunden. Und auch ein Partner, mit dem der Osnabrücker Zoo zusammenarbeitete, die Firma Extended, blieb nicht lange erfolgreich – inzwischen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Zuvor hatten die Hologrammspezialisten an der Entwicklung eines Konzepts für die Time Spiral im Osnabrücker Zoo mitgearbeitet, nachdem sie eine erste Installation im Zoo der französischen Kleinstadt Amnéville (rund 10.000 Einwohner) installiert hatten.
Dass ein für den Zoo wichtiger Technologiepartner inzwischen vom Markt verschwunden ist, ficht Geschäftsführer Busemann nicht an. Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte er “da benötigen wir eine breit aufgestellte Expertise” und “wir sind mit vielen Fachleuten diesbezüglich im Gespräch”. Das Projekt würde nur “im Falle massiver Förderung durch die EU realisiert” und solle europaweit ausgeschrieben werden. Der bisherige Partner Extended “hatte lediglich an der Ideenskizze mitgewirkt”.
Die große Frage wird sein, ob Busemann noch dabei sein wird, wenn über die Investition in die Hologramm-Halle oder die neue Elefantenanlage final entschieden wird. Aktuell, so zwitschert es über die Flure des Rathauses, stehen alle weiteren Investitionen und Veranstaltungen unter genauester Beobachtung. Allein für die Projektplanung des auch “Zelt der Zeiten” genannten Projekts wurden nach Recherchen unserer Redaktion bereits rund 34.000 Euro ausgegeben.
Erst wenn ein neuer Geschäftsführer gefunden und im Amt ist, soll entschieden werden, wo – abseits vom Tagesgeschäft – zukünftig die Schwerpunkte gesetzt werden.
Eskalation statt geordneter Rückzug vom Chefposten
Und der “neue Geschäftsführer” bringt diese Artikelreihe zu einem Punkt, der bereits am Anfang der Recherchen stand. Dass Andreas Busemann vorzeitig den Geschäftsführerposten verlassen wird, war im politischen Osnabrück seit Jahresanfang ein offenes Geheimnis.
Gemeinsam mit dem Aufsichtsrat, ganz besonders auch mit der als Verein geführten Zoogesellschaft sollen kurz nach dem Jahreswechsel bereits alle Modalitäten der Trennung von Busemann und Zoo besprochen und vereinbart gewesen sein.
Nicht nur Zoo-Insider, auch der Verfasser dieses Artikels war verwundert, dass es keine zwischen Geschäftsführer und Aufsichtsrat abgestimmte Mitteilung über die längst bekannte Beendigung der Tätigkeit zum Jahresende 2023 gab.
Die Information über das Ende der Ära Busemann wurde bekanntlich nicht vom Zoo oder dem Geschäftsführer selbst als allgemeine Pressemitteilung veröffentlicht, sondern in einer ganzen Reihe von Artikeln der Tageszeitung NOZ immer wieder neu verbreitet – immer in Begleitung von Zahlen aus der auf den ersten Blick so positiven Bilanz der Ära Busemann, bei der scheinbar alle Bilanzen nur eine Richtung kennen: nach oben.
Kommentar des Redakteurs
“Es geht doch gar nicht um so große Summen.” Wie häufig habe ich bei der Recherche zu diesem und den beiden vorangegangenen aktuellen Artikeln über den Zoo und seinen Geschäftsführer diesen einen Satz gedacht.
Nicht weil “ein paar Millionen” nicht viel Geld sind – das sind sie. Sondern weil man ja wirklich nur kurz bei Google schauen muss, um festzustellen, dass zahlreiche andere Zoos in Deutschland viel mehr am Tropf der öffentlichen Kassen hängen.
Und tatsächlich hat der ehemalige “Heimattiergarten” unter seinem scheidenden Geschäftsführer Andreas Busemann eine unglaubliche Erfolgsgeschichte hingelegt – eben ohne die Stadtkasse bislang groß zu belasten.
“Unglaublich” ist aber auch, wie das “Prinzip Busemann” funktioniert hat, bei dem persönliche Nähe scheinbar wichtiger ist als fachliche Qualifikation.
“Unglaublich” ist es auch, wie er vor den Augen des 2019 unter seltsamen Umständen abgesetzten alten Aufsichtsrats der Geschäftsführer schalten und walten konnte wie ein Alleinherrscher, obwohl der Zoo den Mitgliedern der Zoogesellschaft und den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt gehört – nicht einer fiktiven Busemann & Co Gesellschaft.
Und diese unglaubliche Konzentration auf einen Alleinherrscher am Schölerberg, umgeben von Freunden und Familienmitgliedern – alle mit Anstellungsvertrag beim Zoo –, wiederholte sich auch unter dem neuen Aufsichtsrat, der aber – anders als der alte Aufsichtsrat – gemeinsam noch rechtzeitig die Konsequenzen gezogen hat um die Ära Busemann vorzeitig zu beenden.
Noch fast unglaublicher finde ich aber, wie in einer beispiellosen Kampagne versucht wurde – obwohl der Aufhebungsvertrag bereits unterschreiben ist und Stillschweigen vereinbart wurde –, in der Öffentlichkeit eine Stimmung zu erzeugen, die wohl zu einer Legendenbildung führen sollte.
Irgendwie erinnert mich das Agieren von Andreas Busemann an das Handeln von Ikonen wie Steve Jobs oder Elon Musk, die ebenfalls immer im Clinch mit dem Aufsichtsrat beziehungsweise den Aktionärsvertretern waren beziehungsweise noch sind. Ich mag Unternehmer wie Jobs oder Musk!
Der Unterschied zwischen Apple oder Tesla/Twitter/SpaceX ist aber: Der Zoo wurde weder von Andreas Busemann gegründet, noch gehört er ihm. Und wenn der Zoo tatsächlich in eine Krise geraten sollte – was er im übrigen aktuell nicht ist – dann haben sich nicht irgendwelche Anleger verzockt und es gibt zukünftig einfach keine iPhones mehr, dann haben wir alle keinen Zoo mehr oder müssen als bereits jetzt schon hochverschuldete Stadt für den Zoo, seine Tiere und vor allem auch für rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geradestehen.
Mein allerhöchster Respekt für die Leistung von Andreas Busemann in den vergangenen 25 Jahren, aber die Zeit, in der ein Unternehmen so geführt werden kann, wie der Osnabrücker Zoo in den vergangenen Jahren geführt wurde, die ist vorbei!
Hier lesen Sie Teil 1 und Teil 2 dieser kleinen Artikelserie.