Nach Teil 1 über das “Prinzip Busemann” stellt sich im zweiten Teil unserer kleinen Serie heraus, dass das Unternehmen Zoo mit einem großen Excel-Sheet gesteuert wird. Und ein “Ex-” Schwager des Geschäftsführers darf sich über eine Leitungsfunktion freuen, hilft aber nicht, die strukturellen Probleme zu lösen.
Nochmals vorweg, wie auch bereits im ersten Teil der Betrachtung über eine mögliche Krise des Zoos deutlich festgestellt: Das Lebenswerk des Zoo-Geschäftsführers Andreas Busemann ist unbestritten und der Osnabrücker Zoo gehört mit großem Abstand zu den attraktivsten Möglichkeiten in der Region, seine Freizeit zu verbringen – mit Strahlkraft weit über Osnabrück und das Osnabrücker Land hinaus.
Zudem leisten die rund 180 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Schölerberg eine international anerkannte Arbeit im Bereich der Tierpflege und des Artenschutzes.
Unter der Führung von Andreas Busemann haben sich die Besucherzahlen von jährlich einst rund 400.000 auf zuletzt 1,2 Millionen verdreifacht. Die Einnahmen an der Zoo-Kasse stiegen mehr als doppelt so stark auf inzwischen 8,2 Millionen Euro – der Zoo von 2023 ist auf jeder Ebene nicht mehr der Zoo von vor 25 Jahren.
Doch mit dem Erfolg, der auch der Innovationsfreude des Geschäftsführers sowie den vielen neuen Attraktionen und Gehegen zu verdanken ist, wuchsen auch die Finanzprobleme. Dazu mehr in Teil 3 am Dienstag.
Etwas Geld von der Stadt Osnabrück, die aber nun auch mit 25 Prozent am Zoo beteiligt ist
Angesichts der Einnahmen an der Zoo-Kasse von über 8 Millionen Euro wirken 500.000 Euro an Zuschüssen aus der Stadtkasse schon fast geringfügig. Im Juni 2019, noch bevor es zu einem eskalierenden Streit mit dem alten Zoo-Aufsichtsrat kam (unter anderem hier ausführlich dargestellt), verpflichtete sich der Rat der Stadt, den Zoo für die nächsten vier Jahre mit einmalig zwei Millionen Euro zu unterstützen – verteilt auf vier in den folgenden Jahren zu zahlende Tranchen a 500.000 Euro. So jedenfalls stellt es der Zoo in einer auch von unserer Redaktion veröffentlichten Pressemitteilung dar. Tatsächlich aber war dieses Engagement auch verbunden mit der Aufstockung der städtischen Anteile an der Zoo gGmbH um 20 Prozent auf inzwischen 25 Prozent – ein nicht unwesentlicher Fakt, der auch in der noch beim Zoo Osnabrück abrufbaren Pressemitteilung nicht erwähnt wurde.
Rückblickend ist die Aufstockung des städtischen Engagements wohl ein Grund für das neuerliche Zerwürfnis zwischen Zoo-Geschäftsführer und Aufsichtsrat. Denn verbunden mit dem finanziellen Engagement wollte die Stadt genauer wissen, wie denn das Geld der Bürgerinnen und Bürger verwendet wird.
Die Stadt schickte jetzt nicht nur vier Vertreter in das Kontrollgremium, die fortan auch etwas genauer hinschauten.
Hatte Andreas Busemann sich das vielleicht etwas anders vorgestellt, als der für ihn lästig gewordene langjährige Zoo-Präsidenten Reinhard Sliwka, der nicht zuletzt durch rund 50 frisch in die Zoogesellschaft eingetretene Mitarbeiter, Freunde und Verwandte eines wirtschaftlich vom Zoo und dessen Geschäftsführer abhängigen “Zoo-Fotografen” abgewählt wurde?
Der neue Aufsichtsrat will es genauer wissen, als vielleicht erwartet
Am Ende des Jahres 2019 konnte Andreas Busemann jedenfalls noch hoffen, dass der neue Zoo-Präsident Fritz Brickwedde und der teils aus persönlichen Freunden und Sponsoren rekrutierte Aufsichtsrat ihm zukünftig weniger Stress machen würden.
Die 20 Prozent der Anteile am Zoo gehörten nun halt nicht mehr den Mitgliedern, die mit viel Engagement und zahlreichen Spenden den “Heimattiergarten” vor fast 90 Jahren gegründet hatten. Und mit den vier Aufsichtsratsmitgliedern aus Lokalpolitik und Verwaltung sollte doch auch gut umzugehen sein?
Dass es auch mit dem neuen Aufsichtsrat tatsächlich nicht einfach werden wird, dürfte Andreas Busemann spätestens dann festgestellt haben, als sich erster Unmut über die Buchhaltung und Planungsgrundlagen regte.
Der Zoo ist mit rund 180 Mitarbeitern, mehr als 2.500 zu betreuenden Tieren und einer Bilanzsumme von über 30 Milionen Euro ein durchaus komplexes Unternehmen.
“Sim-Zoo” mit dem Microsoft Office Paket
Die Planungsgrundlage für den in den vergangenen 25 Jahren massiv gewachsenen Osnabrücker Zoo ist aber auch im Jahr 2023 weiterhin eine große Excel-Tabelle, die ausschließlich durch den Geschäftsführer gepflegt wird.
Dass ein solches Vorgehen nicht nur ungewöhnlich, arbeitsintensiv, sondern auch fehleranfällig ist, wurde zuletzt im Januar dieses Jahres durch einen externen Wirtschaftsprüfer im Rahmen einer Sonderprüfung festgestellt. Und auch sonst scheint Geschäftsführer Busemann ein Freund des Office-Paketes der Firma Microsoft zu sein. Erläuterungen und Details, die in der auf Excel basierenden Zoo-Simulation fehlen, mussten sich die externen Prüfer aus ergänzenden Word-Dokumenten zusammensuchen, wenn sie denn vorhanden waren.
Eine Plan-Bilanz oder ein Plan-Cashflow, so die unserer Redaktion vorliegenden Unterlagen, soll es für den Zoo gar nicht erst geben.
Und inzwischen regt sich sogar leiser Zweifel, was die von Rekord zu Rekord eilenden Besucherzahlen angeht. Ein in sich geschlossenes Ticket- und Besuchermanagement, bei dem jeder Besucher eindeutig identifiziert wird – egal ob er eine Jahreskarte vorzeigt oder ein Tagesticket kauft –, gibt es auf dem Schölerberg nicht.
Weitere Kritikpunkte, mit denen sich Busemann von Seiten des Aufsichtsrats konfrontiert sah, umfassen den Einkaufsprozess, der mit Ausnahme der Bereiche Energie, Tierfutter und Medizin in Hand des allein schalten und waltenden Geschäftsführers liegt. Angeblich wird häufig kein Skonto gezogen. Und wenn es mal Probleme mit Lieferanten gibt, setzt man sich oft nicht an den Verhandlungstisch, sondern übergibt die Angelegenheit gleich einem Anwalt, so beschreibt ein Insider die Mangementmethoden des Geschäftsführers.
Der Kaufmännische Leiter, der mal ein Schwager war und kein Kaufmännischer Leiter sein sollte
Abhilfe und vor allem Hilfe für den Geschäftsführer sollte ein Kaufmännischer Leiter schaffen. Die Stelle sollte auf Drängen des neuen Aufsichtsrats von Busemann selbst besetzt werden – dieser hatte also die Freiheit, seinen Wunschkandidaten selbst zu bestimmen.
Was der Aufsichtsrat nicht ahnte: Es wurde eine Stellenbesetzung nach dem “Prinzip Busemann“.
Unter allen möglichen Kandidaten fiel die Wahl ausgerechnet auf einen “Schwager”, als solchen betrachtet man ihn im Aufsichtsrat und ist entsprechend schlecht auf die Personalie zu sprechen. Der Mitarbeiter kann immerhin ein Diplom als Kaufmann vorweisen und war zuvor bei einer Tapetenfabrik beschäftigt – jedoch nicht in einem Zoo oder einem anderen vergleichbaren Unternehmen, aus dem er wertvolles Know-how hätte mitbringen können.
Auf Nachfrage unserer Redaktion bestreitet Busemann jegliche verwandtschaftliche Beziehung zu seinem leitenden Mitarbeiter. Nach Informationen unser Redaktion könnte dies aber wohl eine Spitzfindigkeit sein, durch eine Scheidung soll es sich inzwischen um einen “Ex-“Schwager handeln.
Keine Probezeit und neue Stellenbeschreibung
Der Aufsichtsrat erfuhr von den Hintergründen dieser Personalie erst auf Nachfrage. Und noch ein weiteres Detail erfuhren die Kontrolleure des Geschäftsführers erst im Nachhinein: Eine Probezeit wurde nicht vereinbart.
Zudem wurde aus dem “kaufmännischen Leiter” im Rahmen der Stellenbesetzung durch Busemann ein “Verwaltungsleiter”. Ohne Zugriff auf das mächtige Excel-Sheet, mit dem Busemann den Zoo steuert, und auch sonst ohne Zugriff auf Planung und Finanzmanagement des Zoos.
Hier lesen Sie Teil 1 und Teil 3 dieser kleinen Artikelserie.