„Volkshilfe“, das klingt schon irgendwie „altbacken“.
Erinnert das Attribut „Volk“ nicht auch an das dunkelste Kapitel unserer Geschichte? Als sich das Volk hinter dem Führer vereinte und fleißig auf den Volkswagen sparte – diesen jedoch nur in seiner Kübel-Version fahren durfte, vorzugsweise erst gen Osten, dann in den Westen und schließlich in den Untergang, nach nicht ganz tausend Jahren.
Tatsächlich gibt es einen bereits 1947 gegründeten Verein gleichen Namens. Allerdings steht dieser Verein der Sozialdemokratie nahe, und er kümmert sich unter anderem um Flüchtlingshilfe und die Integration von Sinti und Roma. Dieser Verein hat seinen Sitz jedoch im österreichischen Wien.
Ein Osnabrücker Verein mit Telefonanschluss in New Mexico
Der in Osnabrück im November 2014 gegründete und im April 2015 in das Vereinsregister eingetragene Verein, zeigt sich nach außen hin verschlossen. Zwar wird regelmäßig über Facebook kommuniziert, doch die dort in der Seiteninfo angegebene Internetadresse www.volkshilfe.info verlinkt nur zurück auf die Facebook-Präsenz.
Wenn man nicht gerade im Vereinsregister des Amtsgerichts recherchiert (haben wir, siehe unten), findet sich lediglich eine anonyme Postfachadresse zur Kontaktaufnahme. Ein Impressum findet sich bei den Volkshelfern ebenso wenig, wie Hinweise auf die Mitglieder des Vereinsvorstands oder gar die Satzung des eingetragen Vereins.
Auch die bei Facebook hinterlegte Telefonnummer führt ins Leere, die Vorwahl verweist auf einen Vorort von Albuquerque im us-amerikanischen Bundesstaat New Mexico. Wer dort anruft bekommt nur ein Besetztzeichen zu hören.
Nach Informationen der zuständigen WHOIS-Datenbank wurde die Domainadresse der Osnabrücker Volkshilfe auf Achim Kemper registriert. Zu Achim Kemper, der nach Angaben des Vereinsregisters beim Amtsgericht nicht nur zu den Gründern des Volkshilfe e.V. gehört, sondern für den Verein auch seine Wohnanschrift beim Amtsgericht hinterlegt hat, findet sich deutlich mehr im Internet. Zahlreiche Webseiten der linken Szene bezeichnen Kemper als „Neonazi“, der vor ein paar Jahren vor allem im Raum Münster in der rechten Szene aktiv gewesen sein soll.
Die Osnabrücker Volkshilfe hilft vor allem „Landsleuten“
Ein aktueller Artikel der „Antifaschistischen Zeitung“ Lotta-Magazin hat sich näher mit dem Verein Volkshilfe und den Hintergründen befasst.
Während auf der eigenen Facebook-Seite von der Volkshilfe das Motto verbreitet wird: „Wir helfen da, wo Politik aufhört“, gibt die im linken Spektrum angesiedelte Webseite den Hinweis auf einen im Internet zu findenden Brief an den Herausgeber der Seite Einwanderungskritik.de.
Dort schreibt Kemper unverblümt: „Wir wollen eine deutsche Gemeinschaft errichten, die greifbar ist, die lebendig ist,“ und weiter,“Da hilft mir jemand, meines Deutschtums wegen“. Kemper beschreibt wie man Hausaufgabenhilfe für „deutsche Kinder“ und Sammelaktionen für „deutsche Obdachlose“ organisiert.
Selbst hingegen ist die Volkshilfe zurückhaltend. In Facebook-Posts ist etwas neutraler von „Landsleuten“ die Rede, denen geholfen wird.
Kritische Fragen von Facebook-Mitgliedern werden kryptisch beantwortet, ein Beispiel:
Posting
Wir hätten ein Jobangebot für geeignete Landsleute im Raum Osnabrück im sozialen Bereich zu vermitteln.
Wer qualifiziert ist und Arbeit sucht meldet sich bitte.
Kein deutscher soll von Arbeitslosengeld leben müssen!
Frage Facebook-Mitglied
Harte Aussage!
Kein Deutscher?
Bei allen anderen ist es ok?
Sorry aber dafür können die euch mega an die Karre pissen!
AGG [„Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz“, die Redaktion] falls ihr keine Ahnung habt was ich meine!
Antwort Volkshilfe e.V.
Entschuldige bitte, aber du interpretierst da etwas hinein was dort nicht steht. Die Formulierung lautet Landsleute und nicht deutsche. Wir geben Informationen über eine offene Stelle an geeignete Landsleute weiter. Nicht mehr und nicht weniger. „Kein deutscher soll von Arbeitslosengeld leben müssen“ ist eine eigenständige Aussage und Meinung des Vereins, deshalb auch ein extra Absatz. 😉
Keine Verknüpfung zu (rechts)extremen Seiten = Strategie?
Bis auf die eher verklausulierten Hinweise auf Landsleute und Deutsche, denen man bevorzugt helfen wolle, ist die Facebook-Präsenz der Volkshilfe frei von nationalistischen oder gar politisch extremen Inhalten. Auch das Lotta-Magazin muss eingestehen, dass „bei Facebook keinerlei Links zu extrem rechten Parteien“ verbreitet werden. Und genauso wenig bewerben diese offenbar die Volkshilfe. Selbst auf dem Hasestadt-Blog, einer Facebook-Präsenz deren zugehöriger (aber nicht mehr aktiver) Domain-Name ebenfalls auf Achim Kemper registriert ist, verschwanden im Sommer Links auf die Volkshilfe.
Die Antifaschisten des Lotta-Magazins werten die Abwesenheit von Verbindungen in die rechte Szene als „Graswurzelstrategie“. Demnach soll „mittels (vermeintlich) sozialer Betätigung an der gesellschaftlichen Basis“ versucht werden, „Kontakt zu Bevölkerungsteilen zu knüpfen, die sich von politischen Parteien oder Organisationen nicht angesprochen fühlen“.
Das Logo der Volkshilfe soll demnach „passend“ so gewählt worden sein, „das jenen großer Wohlfahrtsverbände ähnelt“. Tatsächlich handelt es sich um eine Adaption einer vielfach im Internet zu findenden Grafik der Designerin Martha Ormiston, die unter der Creative Commons Lizenz verbreitet wurde.
Volkshilfe antwortet schnell – will aber keine Stellung nehmen
Selbstverständlich wollten wir auch mehr von der Volkshilfe erfahren und hatten auch um ein Interview gebeten. Die via Facebook gestellte Anfrage wurde schnell beantwortet:
„Wir werden uns zu keinen Vorwürfen von wem auch immer äußern. Die Volkshilfe will durch Taten statt Worte überzeugen. Wer auf große Worte statt auf Handlungen setzt mag sich an Politiker halten, wir helfen eben da wo Politik aufhört. Zum Impressum: Wir befinden uns hier auf Facebook, die wenigsten FB-Seiten haben ein Impressum.“
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