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Osnabrücker Stadrat beschließt Haushalt mit Rekorddefizit von 75 Millionen Euro

Zwei Stunden nahmen sich die Mitglieder des Osnabrücker Stadtrats am Dienstagabend Zeit über den Haushalt 2024 zu debattieren – eine weitere Stunde wurde benötigt um über einzelne Änderungsanträge abzustimmen. Am Ende setzten sich die Befürworter der weiteren Verschuldung durch, angeführt von der Mehrheitsgruppe aus Grünen, SPD und Volt – mit nur einem Hauch von Kritik durch die oppositionelle CDU-Ratsfraktion. Einzig die FDP, BOB und der Vertreter der AfD hielten dagegen.

Zum Thema: Kommentar zur Rolle der Osnabrücker CDU bei der Haushaltsdebatte 2024

„Alptraumhaft“ sei der Haushalt und „zum Weglaufen“, so beschrieb der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Volker Bajus, das, was nach der zweistündigen Redezeit zur Abstimmung stand. Und statt tatsächlich wegzulaufen oder wenigstens den Haushalt an den erwarteten Einnahmen in Höhe von 750 Millionen anzupassen, blieb Bajus weiter im Ratssitzungssaal und gehörte zu denen, die schließlich einen Ausgaben in Höhe von 825 Millionen Euro umfassenden Haushalt verabschiedeten – Defizit: 75 Millionen!

Trotz des ungedeckten Schecks, mit dem der Rekordhaushalt bezahlt werden soll, werden die Steuern der Stadt nicht erhöht, versprach Bajus. Auch auch die städtischen Gebühren sollen „einigermaßen“ stabil bleiben. Bajus betonte, dass die Stadt weiterhin in wichtige Bereiche wie Soziales, Bildung und Kultur investieren wird, ohne diese Angebote abzubauen. Der Vorsitzende der Grünen unterstrich die Bedeutung von Zuverlässigkeit und Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger. Ein besonderes Augenmerk liege auf dem Erhalt und der Unterstützung des Klinikums sowie der Stadtwerke, die beide in Notlagen nicht im Stich gelassen werden dürften.

Bajus, und nach ihm auch Vertreter der SPD, allen voran Frank Henning, kritisierte die Schuldenbremse des Bundes, die zwar nicht für die Kommunen gelte, aber reformiert gehöre.

300.000 Euro sollen durch mehr Strafzettel eingenommen werden

Marius Keite von der CDU oblag es ein wenig Kontra zu geben. Im späteren Verlauf stellte sein Fraktionskollege Florian Schwab fest, dass die Mehrheitsgruppe auch ohne Zustimmung der Union den Haushalt hätte beschließen können. Gerade vor dem Hintergrund dieser Feststellung blieb die CDU relativ brav und die Gegenrede eher leise.
Der Fraktionsvorsitzende der CDU ging vor allem auf die externen Rahmenbedingungen ein, die auch auf die Haushaltslage der Stadt wirken. „In vielen Unternehmen leeren sich die Auftragsbücher,“ mahnte Keite. Die noch starken Einnahmen bei der Gewerbesteuer sollten daher nicht für selbstverständlich genommen werden. Auch eine mögliche Leitzinserhöhung berge Gefahren, während die laufenden Kredite der Stadt noch mit niedrigen Zinsen versehen seien.

Dass die Mehrheitsgruppe eine Stärkung des OS-Teams als Maßnahme für mehr Sicherheit verkaufen will, kritisierte Keite scharf. Nach Ansicht der CDU geht es dabei eigentlich um die „rot-grüne Anti-Autopolitik“; eigentliches Ziel dieser Maßnahme sei es gegen den Individualverkehr vorzugehen. Immerhin ist dies einer der wenigen Posten, der mit 300.000 Euro etwas zusätzliches Geld in die Stadtkasse bringen soll – sicherlich nicht zur Freude einiger Bürger und Besucher der Stadt.

Mehr Geld für die Wohnungsgesellschaft, Fahrradwege und „Verkehrswende“

Die SPD-Ratsfraktion verteilte ihre initialen Redebeiträge auf den verkehrspolitischen Sprecher Heiko Panzer und die Fraktionsvorsitzende Susanne Hambürger dos Reis auf.
Frau Hambürger dos Reis erklärte, dass „herausfordernde Zeiten“ auch „mutige Entscheidungen“ erfordern. Zwar sei es grundsätzlich sinnvoll nicht mehr auszugeben als man einnimmt. Ein Stillstand bei den ausgaben würde Osnabrück allerdings zurückwerfen.
Die auch als Aufsichtsratsvorsitzende der Wohnungsgesellschaft WIO agierende Hamburger dos Reis betonte, wie wichtig es sei, dass die Stadt weiter in den Kapitalstock der städtischen Wohnungsgesellschaft einzahle, um die Wohnungsnot zu lindern und damit diese in Zukunft auch auf eigenen Beinen stehen könne.

Gewohnt fokussiert auf die Verkehrswende betonte Heiko Panzer für die SPD die Wichtigkeit der Busbeschleunigung und mehr Geld für Fahrradwege. Panzer kritisierte die Verwaltung, dass die Verwaltung nur sehr spät eigene Vorschläge für mögliche Einsparungen geliefert hätte, im Umfang von 2,9 Millionen Euro.

FDP und BOB mahnen: Kommunalaufsicht könnte Haushalt noch kippen

Erst die beiden kleineren Fraktionen lieferten schließlich etwas Gegenwind. Für die Liberalen kritisierte Dr. Thomas Thiele, dass die Mehrheitsgruppe die Bedürfnisse der Bürger au den Augen verloren habe und zahlreiche ideologische Projekte das hohe Defizit begründen. „Es wäre an der Zeit gewesen Prioritäten zu ändern“, so Thiele. Stattdessen werde mit „Haushaltstricks“ gearbeitet. Eine  Genehmigung des Haushalts sieht durch die Kommunalaufsicht sieht die FDP als gefährdet an. Und auch „die Glaubwürdigkeit des Stadtkämmerers“ Thomas Fillep, der wegen Krankheit nicht an dieser Ratssitzung und der Haushaltsdebatte teilnehmen konnte, sei „gefährdet“.
Als Beispiele für Entscheidungen des Stadtrats, die den Haushalt erst in die Schieflage gebracht hätten, zählte der FDP-Fraktionsvorsitzende die jährlich immer wieder mit 15 Millionen Euro zu Buche schlagenden Kosten für das Leistungszentrum des VfL. „Breitensport muss Vorrang haben“, forderte Thiele, der auch daran erinnerte, dass die Stadt ebenfalls für den VfL ein Grundstück an der Gartlage gekauft hatte, für das es nun keine Verwendung gebe.

Ohne konkret zu werden, äußerte auch Kerstin Meyer-Leive vom Bund Osnabrücker Bürger (BOB) die Möglichkeit, dass der Haushalt 2024 noch an der Kommunalaufsicht scheitern könnte.
Zwar sei es so, dass auch andere Kommunen Schulden machen, so die BOB-Politikerin, „aber das darf keine Entschuldigung für einen nicht ausgeglichenen Haushalt sein“.

Oberbürgermeisterin will Baustellen zukünftig besser kommunizieren

Nachdem aus allen Fraktionen noch zahlreiche Redebeiträge oft gleichlautend wahlweise der Verwaltung und den Mitarbeitern dort dankten, den Klimawandel oder die Schuldenbremse des Bundes thematisierten, ergriff abschließend die Oberbürgermeisterin das Wort.
Auch Katharina Pötter bezeichnete die finanzielle Lage der Stadt und den daraus resultierenden Haushalt als „katastrophal“ und teilte die zuvor mehrmals geäußerte Kritik an den zahlreichen Baustellen in der Stadt. Die Oberbürgermeisterin betonte, dass zu den Baustellen vor allem die Kommunikation besser werden müsse, „denn die Baustellen sind nötig“.
Hinsichtlich der Kosten der Verwaltung werde es zukünftig zwangsläufig zu Einsparungen kommen, denn durch den Fachkräftemangel und den demographischen Mangel werde die Verwaltung schon bald „einen Großteil der Mitarbeitenden verlieren“.

Die Oberbürgermeisterin berichtete, dass ihre Kollegen aus den anderen Großstädten in Niedersachsen sie um die Haushaltsverhandlungen in Osnabrück beneiden würden. Dass über die unterschiedlichen Parteien und Fraktionen gemeinsam an einem Haushalt gearbeitet werde, sei „bemerkenswert“ und „einmalig in Niedersachsen“. Diese Art der Zusammenarbeit hat nach Ansicht der Oberbürgermeisterin „Tradition aus Verantwortung gegenüber der Stadt.

Der oben nur auszugsweise skizzierten Haushaltsdebatte folgte ein Marathon durch Dutzende Änderungsanträge, über neun eng bedruckte Seiten.

Dem Gesamthaushalt stimmte schließlich die Mehrheitsgruppe aus Grünen, SPD und Volt, gemeinsam mit der CDU und der Oberbürgermeisterin für die Verwaltung zu. Wie zuvor angekündigt stimmte die FDP, BOB und das Einzelmitglied der AfD dagegen. Die beiden Vertreter der Linkspartei enthielten sich.

 


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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