Am Dienstagnachmittag veröffentlichte unsere Redaktion eine Pressemitteilung der SPD-Ratsfraktion Osnabrück. Wie sich herausstellte, bezog sich die Pressemitteilung auf einen nicht-öffentlichen Vorgang, der also unter Ausschluss der Bürger zur Beratung anstand.
Es ging um ein vom Bund Osnabrücker Bürger (BOB) angeregtes Gutachten zum Osnabrücker Stadthafen, die Kosten dafür (80.000 Euro) und die Kosten, die für die voreilige Straßenmarkierung des Neumarkts ausgegeben wurden (44.000 Euro) und welche Ausgabe nun sinnvoller sei.
Bereit kurz nach Veröffentlichung der Pressemitteilung meldeten sich gleich mehrere Parteienvertreter bei uns und zeigten sich sehr verwundert über die Pressearbeit der Sozialdemokraten
Eigentlicher Urheber: die CDU, nicht BOB
So stellte sich sehr bald heraus, dass die Idee, die Zukunft des Osnabrücker Stadthafens mit seinen unterdimensionierten Schleusen im Rahmen eines Gutachtens nochmals auf die politische Agenda zu heben, aus dem nicht-öffentlichen Teil des am gleichen Abends tagenden Haushaltsausschusses entstammte.
Und nicht allein BOB war der Urheber dieser Gutachten-Idee, sondern auch die mit keinem Wort von der SPD-Ratsfraktion erwähnte CDU, und das sogar federführend.
Das Durchstechen von nicht-öffentlichen Informationen ist nicht unüblich, Pressemitteilungen dazu schon
Was genau in dem fraglichen Antrag von CDU und BOB steht, ob er angenommen wurde – oder auch nicht – wird unsere Redaktion vermutlich erst mit etwas zeitlichem Abstand erfahren.
Dass Inhalte aus nicht-öffentlichen Sitzungen an die Presse „durchgestochen“ werden, ist nicht ungewöhnlich. Oft berichten wir und unsere Kollegen der Tagespresse nicht über derartige Themen, nutzen sie jedoch als Hintergrundwissen, um Zusammenhänge besser darstellen zu können.
Dass ein nicht-öffentlicher Tagesordnungspunkt Gegenstand einer regulären Pressemitteilung wird, ist jedoch zumindest „ungewöhnlich“.
Ungewöhnlich findet dies auch Dr. Stephen Grüner (BOB), der in einem ersten Statement dazu schreibt: „Der Bund Osnabrücker Bürger reagiert mit Verwunderung, dass die SPD vertrauliche interna des Masterplan Hafens vor einer Entscheidungsfindung in die Öffentlichkeit trägt“. Mit einer eigenen Pressemitteilung will BOB dazu noch gesondert Stellung nehmen. Besonders kurios findet der Lokalpolitiker, dass dem Bürger so zwar die Stellungnahme der SPD präsentiert wurde, ihm aber wegen der Vertraulichkeit die eigentliche Fragestellung verborgen bleibt.
SPD bezieht sich auf Präzedenzfall aus 2015
Zur Vertraulichkeit der Angelegenheit befragt, kontert SPD Fraktionschef Frank Henning, dass er sich die Frage stellt, warum die Frage der Gutachtenvergabe überhaupt für den nicht-öffentlichen Teil der Finanzausschuss-Sitzung vorgesehen wurde, „denn was ist an einer Gutachtenvergabe geheimhaltungsbedürftig?“
Im Übrigen verweist Henning auf einen seiner Meinung nach ähnlich gelagerten Fall aus dem Jahr 2015, bei dem der CDU-Fraktionschef Dr. Fritz Brickwedde aus nicht-öffentlicher Sitzung des Verwaltungsausschusses (VA) Informationen an die Presse gab.
Damals hatten SPD und Grüne die Verwaltung zur Zulässigkeit einer derartigen Indiskretion befragt. Die Antwort auf diese Anfrage war wiederum nicht-öffentlich (VO/2015/5252), liegt aber unserer Redaktion in Kopie vor.
Seinerzeit bestätigte das Rechtsamt der Stadtverwaltung, dass „Angelegenheiten, die im Verwaltungsausschuss beraten werden, […] nicht schon deshalb geheimhaltungsbedürftig [seien], weil dessen Sitzungen stets nichtöffentlich [sind]“.
Grenzen für die Pressearbeit der Fraktionen sieht die Verwaltung vor allem bei „geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten“; dass die Beauftragung eines Gutachtens über den Hafen als geheim anzusehen ist, bestreitet Henning (siehe oben).