Aus der Kurstadt hinter dem Dörenberg an die Hase. Wenn es nach den Plänen der Osnabrücker Grünen geht, soll dieser Wechsel für Annette Niermann im Herbst gelingen. Mit der bisherigen Bürgermeisterin von Bad Iburg wollen die Osnabrücker Grünen den Chefposten im Osnabrücker Rathaus erobern und die Innenstadt autofrei machen.
Klimagerechter, fahrradfreundlicher, sozialer und vielfältiger soll Osnabrück werden, heißt es in einer ersten Pressemitteilung der Ökopartei. Also programatisch sind keine Überraschungen zu erwarten, sieht man von dem Reizthema ab, die Innenstadt “autofrei” machen zu wollen.
Eine Überraschung dürfte es für manch einen Beobachter allerdings sein, dass die Grünen nicht mit Volker Bajus an der Spitze zur OB-Wahl antreten.
Bajus, der ebenso wie Niermann – aber auch Amtsinhaber Griesert – nicht mit Hasewasser getauft wurde, also echten Osnabrückern als “Tolopen Volk” gilt, ist als Fraktionsvorsitzender der Grünen zumindest ein Kenner der Lokalpolitik und vertritt die Grünen und die Hasestadt auch als Nachrücker im Landtag in Hannover.
Politische Erfahrung bislang nur in Bad Iburg und im Kreistag
Die gebürtige Iburgerin und Griesert-Herausforderin begann ihre politische Karriere 2002 als Ratsmitglied von Bad Iburg, und war seit 2006 Mitglied im Kreistag, wo sie 2009 den Fraktionsvorsitz der Grünen übernahm.
Bei ihrer Wahl zur Bürgermeisterin von Bad Iburg war Annette Niermann die erste Bürgermeisterin in Niedersachsen mit einem grünen Parteibuch.
Weil ihre neue OB-Kandidatin zwölf Jahre in der Stadtverwaltung gearbeitet hat, erklären die Grünen, dass Niermann mit dem Ende ihrer Amtszeit “zurück nach Osnabrück” wolle und zitieren sie mit den Worten: „Ich bin der Stadt seit vielen Jahrzehnten beruflich und privat eng verbunden. Hier leben tolle Menschen und es gibt starke Unternehmen und Institutionen”.
Niermann wäre nicht die erste weibliche Oberbürgermeisterin von Osnabrück
In Ihrer Pressemitteilung schreiben die Osnabrücker Grünen es sei “an der Zeit, spürbar mehr politische Verantwortung zu übernehmen und dass mit Niermann die erste Frau Rathauschefin wird”. Dabei verkennen die Grünen allerdings, dass mit Ursula Flick bereits von 1985 bis 1991 der OB-Posten mit einer Frau besetzt war, allerdings mit CDU-Parteibuch und damals noch im Ehrenamt, begleitet von einem hauptamtlichen Oberstadtdirektor; ein Posten, den es so nicht mehr gibt.
„Wir haben eine Persönlichkeit gesucht, die nicht nur über langjährige Erfahrung in Verwaltung und Politik verfügt, sondern auch in der Region gut vernetzt ist, die bewiesen hat, dass sie schwierige Projekte managen kann und die für Transparenz und Bürgerbeteiligung steht. Mit Annette Niermann haben wir die Kandidatin gefunden, die all das auf sich vereint”, freuen sich die Parteivorsitzenden Eva Güse und Jurek Milde.
Landesgartenschau war ein Erfolg von Niermann
Einstimmige Unterstützung, so die Partei, gebe es auch aus der Grünen Ratsfraktion. „Annette Niermann ist hervorragend geeignet, die politische und organisatorische Führung der Stadt zu übernehmen. Sie hat in Bad Iburg nicht zuletzt mit der erfolgreichen Landesgartenschau und der damit verbundenen Stadtentwicklung gezeigt, dass sie gestalten kann. Osnabrück braucht im Rathaus keine Fortsetzung des Stillstands und der Bedenkenträgerei, sondern Entscheidungen, die politisch gut moderiert und transparent vorbereitet, aber dann auch entschlossen umgesetzt werden“, stellt der Fraktionsvorsitzende Volker Bajus klar.
Aus Sicht von Niermann bleibe die Stadt oftmals unter ihren Möglichkeiten. „Meine Vision ist ein Osnabrück, in dem die Menschen gut leben und arbeiten können. Eine Stadt mit gesundem Klima, eine Stadt, in der man sicher zu Fuß und mit dem Rad unterwegs sein kann, eine Stadt für Jung und Alt mit einer vielfältigen Kultur“, so Niermann. Die zentralen Herausforderungen Verkehrswende, Klimaschutz, Innenstadt, Wohnen sowie Teilhabe und sozialer Zusammenhalt seien nur gemeinsam mit den Bürgern der Stadt und mit einer verbesserten Zusammenarbeit mit dem Umland zu schaffen. Dies gelte angesichts derCorona-Pandemie und ihrer weithin noch nicht absehbaren Folgen umso mehr.
Grüne wollen Innenstadt autofrei machen
Mit Blick auf das Grüne Kernthema Klimaschutz habe Osnabrück mit vielen Projekten deutschlandweit Anerkennung bekommen, de facto bleibe man allerdings hinter den selbst gesteckten Zielen, insbesondere im Verkehrssektor, zurück. „Wir müssen endlich die Weichen stellen für ein klimaneutrales Osnabrück. Klar, das ist ein weiter Weg, aber zusammen mit den Akteuren aus Wirtschaft, Gesellschaft und vor allem auch den Hochschulen können wir diese Aufgabe erfolgreich angehen“, erklärt Niermann.
Die Grünen wollen auch bei der Innenstadtentwicklung einen Neuanfang. „In der City von heute treffen sich Menschen, tauschen sich aus, besuchen Kulturorte, machen Projekte, kaufen ein, gehen essen, leben und wohnen bewusst urban. Lärm, schlechte Luft und gefährlicher Autoverkehr sind nicht mehr zeitgemäß. Die moderne City ist daher ganz klar autofrei”, so Niermann.
Die Osnabrücker Grünen sehen ihre Ankündigung als eine gute Botschaft für den Start in das neue Jahr. „Das ist ein Signal des Aufbruchs! Am 12. September werden wichtige Weichen für die Zukunft unserer Stadt gestellt. Mit Annette Niermann zusammen werden wir diese aktiv gestalten“, so Güse und Milde abschließend.
Am 6. Januar hatte der Parteivorstand auf einer digitalen Mitgliederversammlung Niermann als OB-Kandidatin vorgeschlagen. Ende Januar sollen dann die Mitglieder über den Personalvorschlag entscheiden.
Archivfoto: Annette Niermann auf der Landesgartenschau in Bad Iburg