Vor wenigen Tagen (7. September) beschloss der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt, dass das ÖPNV-Netz in Osnabrück künftig zusammengestrichen werden soll. Der Grund: Das finanzielle Dilemma der Stadtwerke Osnabrück. Als letzte Instanz wird der Stadtrat am 19. September über die Streichungspläne beraten – Statements der Großparteien im Stadtrat zeigen allerdings, dass die Entscheidung wohl schon gefallen ist.
Die Stadtwerke Osnabrück befinden sich in einer finanziellen Notlage: Bereits 2022 musste die Stadt mit einer Finanzspritze von etwa 21 Millionen Euro aushelfen. Als Tochterfirma sind die Stadtwerke nicht nur finanziell, sondern auch politisch eng mit der Stadt Osnabrück verbunden. Dass den Stadtwerken durch – bereits eingeräumte – Fehlentscheidungen Geld fehlt, wirkt sich auch auf die Stadt Osnabrück aus. Die Kürzung des ÖPNV-Netzes ist ein laut diskutierter Vorschlag der Stadtwerke, um sich zumindest in Teilen aus der finanziellen Krisensituation zu retten.
Warum geht es an den ÖPNV?
Nach Marco Hörmeyer, Pressesprecher der Stadtwerke Osnabrück, registrieren die Stadtwerke Osnabrück bereits seit 2020 – auch durch die Corona-Pandemie und den „Fahrrad-Boom“ – einen dauerhaften Rückgang der Fahrgastzahlen im Stadtverkehr. Um insgesamt 25 Prozent wären die Nutzerzahlen in den vergangenen drei Jahren zurückgegangen, trotz 9-Euro-Ticket und Deutschland-Ticket. „Es ist unsere Aufgabe, regelmäßig Nachfrage und Bedarfe zu ermitteln und zu bewerten – insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Betrieb des ÖPNV strukturell defizitär ist und auch bleiben wird“, heißt es von Hörmeyer. Demnach sei der Busbetrieb immer ein Minusgeschäft – wenn die Stadtwerke ihn nicht aus eigener Kraft gegenfinanzieren können, muss die Stadt Osnabrück entweder aushelfen oder das Busliniennetz als Auftragsgeberin neu diskutieren.
Sehr geringe Auslastungszahlen im Bereich Gretesch und Hörne
Auf Grundlage der Auswertungen der Stadtwerke sind die Auslastungszahlen in allen diskutierten Abschnitten außerhalb der Schülerbeförderungen sehr gering. Die Stadtteile Gretesch und Hörne sind am stärksten von den Streichungsplänen betroffen: Hier sollen die Linien 16 beziehungsweise 19 nicht mehr bis zu ihren bisherigen Endstationen fahren, sondern deutlich früher enden. Die Stadtwerke begründen die Maßnahme mit den niedrigen Auslastungszahlen. „Die Nachfrage auf der Linie 19 im Bereich Hörne [liegt] im Schnitt im sehr niedrigen einstelligen Bereich pro Tag. Gleiches gilt im Bereich Gretesch auf der Linie 16 sowie im Abschnitt Dodesheide-Schinkel auf der Ringlinie. Auf anderen Streckenabschnitten im Stadtbusnetz sind die Auslastungszahlen höher“, erklärt der Stadtwerkesprecher. Die Stadtbuslinien 11-19 sowie die Ringlinie werden schon überwiegend von Auftragsunternehmen bedient – einsparen könne man hier also nur noch durch die Kürzung des Busnetzes.
Grüne und SPD träumen von besserem Netz in der Zukunft
Die Großparteien im Stadtrat stehen hinter den Plänen der Stadtwerke Osnabrück. Die Grünen, SPD und CDU machen ihr Bedauern über den Schritt deutlich, sehen wirtschaftlich allerdings keinen anderen Weg. „Die aktuelle Krise der Stadtwerke und der Fachkräftemangel zwingen Verwaltung und Politik zum Handeln. Wir bedauern sehr, dass deswegen auch in das bestehende Busangebot eingegriffen werden muss“, schreiben die Grünen und die SPD in einer gemeinsamen Pressemitteilung. „Dass wir die schmerzlichen Einschnitte mit Blick auf die Verkehrswende in unserer Stadt alles andere als gut finden, ist klar. Priorität haben jetzt in der Krise der Erhalt der Stadtwerke und die Konsolidierung des Netzes. Dabei sind der Finanzierung des ÖPNV-Angebots durch die Stadtfinanzen auch angesichts der steigenden Kosten Grenzen gesetzt.“ Neben der Kürzung von Buslinien, wären demnach auch Taktveränderungen diskutiert worden. Das Licht am Ende des Tunnels: Nun könne überlegt werden, wie der ÖPNV in Zukunft neu aufgestellt werden könnte.
CDU beharrt auf „wirtschaftlicher Vernunft“
Auch die CDU-Ratsfraktion sieht aufgrund der wirtschaftlichen Lage der Stadtwerke keine bessere Lösung, als den ÖPNV in Osnabrück zu kürzen: „Die dem Rat vorliegenden Vorschläge sind teilweise harte Einschnitte für die betroffenen Bürger, dies ist uns bewusst“, schreibt der Fraktionsvorsitzende Marius Keite. „Aus diesem Grund haben wir uns in der Beratung intensiv mit den Alternativen beschäftigt und geprüft welche Optionen uns bleiben. In Abwägung der vorliegenden Fakten sehen wir keine andere Möglichkeit als den in Abstimmung zwischen PlaNOS, den Stadtwerken Osnabrück, der Stadtverwaltung und der Politik erarbeiteten Vorschlägen zuzustimmen.“ Ein gutes ÖPNV-Angebot sei für die CDU wichtig – aber nur, wenn „Funktionalität und die wirtschaftliche Vernunft im Vordergrund stehen.“
Sparkurs von Stadt und Stadtwerken
Einsparungen im ÖPNV wirken sich letztendlich nicht nur auf die Kasse von Stadt und Stadtwerken aus, sondern auch auf die Zufriedenheit der Stadtbewohnerinnen und -bewohner. Das politische Schlagwort: „kaputtgesparter ÖPNV“. Einsparungen im ÖPNV sorgen nachweislich nicht für langfristige Besserungen in der Infrastruktur von Städten, sondern eher für den Umstieg aufs Auto. Ein bereits „kaputtgesparter“ ÖPNV lässt sich retten, aber nur mit Engagement, entsprechenden politischen Entscheidungen und natürlich finanziellen Investitionen. Wie sich der Sparkurs von Stadt und Stadtwerken beim ÖPNV bemerkbar macht, wird wohl erst in einigen Jahren absehbar. Ein breiter Protest formierte sich zuletzt in Hörne, wo die Bewohnerinnen und Bewohner für das Fortbestehen der Buslinie demonstrierten.