Fast 100 Euro* zahlt der Steuerzahler für jeden Stuhl im Theater – ob besetzt oder unbesetzt – und das in jeder Vorstellung. Den Löwenanteil dieser Subventionierung zahlen die Bürger der Stadt Osnabrück; die FDP will jetzt auch die Landkreisbewohner „zur Kasse“ bitten.
Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Robert Seidler stellte die Überlegungen der FDP-Ratsfraktion am Donnerstag vor.
Landkreis soll sich zum Theater bekennen
Nach den Überlegungen der Osnabrücker Liberalen soll mit dem Landkreis über eine Übertragung von Gesellschaftsbeteiligungen verhandelt werden. Die FDP-Fraktion fordert, dass sich Politik und Verwaltung sowohl aus der Stadt als auch aus dem Landkreis zum Bestand des Theaters bekennen und eine gemeinsame Lösung erreichen, die nach Ansicht der FDP nur darin bestehen kann, dass Stadt und Landkreis das Theater zukünftig gemeinsam betreiben.
FDP rechnet die Belastungen für die Stadtkasse vor
Seidler erklärt: „Ein überregional wirkendes Theater muss auch überregional getragen werden. Die Stadt Osnabrück kann das Theater finanziell nicht mehr alleine tragen. Die allein von der Stadt Osnabrück zu finanzierenden Kosten, summarisch kurzgefasst, betragen bei zuletzt ca. 182.000 Besuchern jährlich ca. 10,2 Millionen Euro
- Ausgaben/Kosten insgesamt ca.: 19,1 Mio. €
- Einnahmen aus Verkauf von Karten etc.: 2,9 Mio. €
- Verlust: 16,2 Mio. €
- Abzgl. Zuschuss Land Niedersachsen: 5,2 Mio. €
- Abzgl. Zuschuss Landkreis Osnabrück: 0,8 Mio. €
- Rest von Stadt Osnabrück zu tragen: 10,2 Mio. €
Die Stadt Osnabrück finanziert somit nach Berechnungen der FDP jede Eintrittskarte – auch jede Karte jeden Besuchers aus dem Landkreis Osnabrück – mit ca. 56 Euro. Der Bund der Steuerzahler hatte 2015 eine Belastung des Steuerzahlers insgesamt von 96,29 Euro pro Stuhl des Theaters berechnet.
Nach Ansicht der FDP ist diese Belastung „auf Dauer nicht tragbar“. Die Ratsfraktion rechnet vor: „Bei einem Zuschuss von gerundet 10 Millionen Euro jährlich sind das in den vergangenen 20 Jahren allein ca. 200 Millionen Euro“.
Nach dieser Rechnung trug die fortdauernde Subventionierung des Theaters am Gesamtschuldenstand der Stadt Osnabrück von 650 Millionen Euro mit mehr als 30% bei.
Keine Axt an den Sparten des Theaters
An den verschiedenen Sparten des Osnabrücker Theaters wollen die Liberalen offensichtlich nicht rütteln. Sie stellen fest: „Ein Theater mit allen Sparten stelle einen Gesellschaftsschichten übergreifenden unverzichtbaren Bestandteil der Kultur dar. Theater könne deshalb nur bestehen, wenn keine Kirchturmpolitik stattfindet und alle politisch verantwortlichen Personen einen kommunalen grenzenüberschreitenden Konsens fänden.“
Seidler weiter: „Es kann deshalb bei der Diskussion um die finanzielle Fortführung des Theaters nicht nur um bisherige Forderungen auf finanzielle Beteiligung des Landkreises gehen, sondern es muss auf Augenhöhe miteinander umgegangen werden in Form der Übertragung von Gesellschaftsbeteiligungen und damit auch Abgabe von Aufsichtsratsmandaten an den Landkreis. Der Landkreis muss bereit sein, Verantwortung mit zu übernehmen, die Stadt muss bereit sein, Verantwortung teilweise abzugeben.
Zur Not auch Preiserhöhungen denkbar
Die Alternative besteht nach Ansicht der FDP ansonsten darin, dass die Stadt die jährlichen Defizite von rund 10 Millionen Euro jährlich nicht mehr wird tragen können.
Seidler denkt auch über Preiserhöhungen nach: „Falls es nicht zu dieser Lösung käme, müsste darüber nachgedacht werden, die Preisgestaltung zu verändern und eine räumliche Preisdifferenzierung anzustreben. Auswärtige Besucher des Theaters müssten höhere Eintrittskartenpreise in Kauf nehmen. Einwohnern der Stadt könnte dann auf Antrag ein Teil des Eintrittspreises erstattet werden.“
*Berechnungen des Bundes der Steuerzahler, siehe hier.
Illustration unter Verwendung eines Fotos von „Quersus“, Lizenz: Attribution-Share Alike 3.0 Unported