Die Nachricht dürfte bei den Verantwortlichen der Regenbogenparteien und in Teilen der Verwaltung wie eine Bombe eingeschlagen sein: Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat entschieden, dass der Neumarkt wieder dem Individualverkehr zur Verfügung gestellt werden muss.

AFP

HASEPOST hatte bereits am frühen Donnerstagvormittag via Facebook von der Entscheidung der Lüneburger Richter berichtet. Da andere Lokalmedien zu dem Zeitpunkt noch uninformiert waren, hielte einige Leser die Nachricht für einen verfrühten Aprilscherz, der es aber nicht war.

In erster Instanz hatten Osnabrücker Verwaltungsrichter noch anders geurteilt. Gegen das am Donnerstag veröffentlichte Urteil sind keine Rechtsmittel möglich, die Stadt muss den Neumarkt vorerst wieder öffnen.

Damit hat zum zweiten Mal ein Gericht dafür gesorgt, dass eine ideologiegetriebene Verkehrspolitik nicht gegen geltendes Recht durchgesetzt werden darf. Bereits 2016 konnte der Handwerker Bernd Klute eine erneute Öffnung des Neumarkts vor Gericht durchsetzen, da eine von Stadtbaurat Frank Otte als Grund für die Sperrung angeführte Baustelle lediglich in der Fantasie des umstrittenen Verwaltungsmitarbeiters existierte.

Lokalpolitiker im Konflikt mit dem Grundgesetz

Tatsächlich wiegt die Urteilsbegründung der Lüneburger Verwaltungsrichter nun sogar noch schwerer als noch vor zwei Jahren. Dieses Mal wurde zwar nicht ein Verwaltungsmitarbeiter dabei überführt, dass er entweder die Übersicht über sein Aufgabengebiet verloren hatte oder ein seltsames Verhältnis zur Wahrheit pflegt (was übrigens, soweit bekannt, ohne disziplinarische Folgen blieb), dafür ist nicht weniger als das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland die Leitschnur der Entscheidung der oberen Verwaltungsrichter.
Durch die von den Regenbogenpolitikern – auch gegen den Oberbürgermeister – durchgeprügelte neuerliche Neumarktsperrung, sehen die Richter das grundgesetzlich verbriefte Recht auf körperliche Unversehrtheit sowie das Grundeigentum der Kläger beeinträchtigt.

Bus, Neumarktsperrung
Das darf jetzt alles wieder abgefräst werden, weil die Verwaltung nicht auf die Entscheidung des OVG warten wollte

Wann soll der Neumarkt wieder geöffnet werden?

Die Vorgabe des Verwaltungsgerichts ist eindeutig: Es werden keine Übergangsfristen genannt, also „sofort“.

Was macht die Stadtverwaltung?

Im Rathaus scheint man auf Zeit zu spielen. Man wolle das Urteil erstmal prüfen und dann innerhalb der zuständigen Fachabteilungen beratschlagen, wann und wie die Durchfahrtsverbotsschilder abgeschraubt und entfernt werden.

Wie schnell kann der Neumarkt tatsächlich wieder frei sein?

Etwas guten Willen vorausgesetzt, der laut städtischem Pressesprecher Dr. Sven Jürgensen bei den „motivierten Mitarbeitern der Stadt“ vorhanden sei, könnten die Verbotsschilder sicher binnen weniger Minuten abgeschraubt werden.
Allerdings hat sich die Stadtverwaltung selbst in eine mißliche Lage manövriert, da kurz nach der erneuten Sperrung im Oktober umfangreiche Straßenmarkierungsarbeiten mit einer stark haftenden Spezialfarbe vorgenommen wurden, die nun umständlich und kostenintensiv wieder entfernt werden muss.
Dr. Stephen Grüner vom Bund Osnabrücker Bürger (BOB) bezeichnete es gegenüber unserer Redaktion als „Skandal“, dass im Herbst nicht erst auf den Ausgang der bekannten Klagen abgewartet wurde. Wie bei den baustellenbedingten Sperrungen zuvor, hätte die Stadt den Verkehr auch durch einfache gelbe Baustellenmarkierungen leiten können, die innerhalb kürzester Zeit rückstandsfrei entfernt werden können.

Wird nun noch auf dem Neumarkt kontrolliert?

Fakt ist, der Neumarkt ist aktuell noch mit Durchfahrtverbotsschildern versehen. Unser Kollege, den wir namentlich nicht nennen wollen, der vom Beifahrersitz am Donnerstagmittag eine Fahrt über den Neumarkt filmte, fuhr in einem Auto, dessen Fahrer ein Knöllchen in Höhe von 20 Euro riskierte.
Fakt ist aber auch, dass die Stadtverwaltung mit dem OS-Team nicht befugt ist den fliessenden Verkehr zu kontrollieren und Knöllchen zu vergeben. Lediglich die Polizei könnte hier Kontrollen durchführen, wird sie das auch?
Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte eine Sprecherin der Polizeiinspektion Osnabrück, dass man durchaus noch „anlassbezogen“ die Querung des Neumarkts ahnden werde. Allerdings sind regelrechte Kontrollaktionen – mit Polizeibulli und mehreren Beamten im Einsatz – derzeit nicht mehr geplant. Sollte es in den kommenden Tagen jedoch zu gefährlichen Situationen kommen, kann sich die Lage aber ändern. Statt eines kostenpflichtigen Tickets haben die Polizeibeamten aber auch die Möglichkeit eine mündliche Verwarnung auszusprechen, so die Pressesprecherin.

Was sagt die Politik?

Grüne, Linke, FDP, SPD und UWG/Piraten, als Regenbogenkoalition, schwiegen den gesamten Donnerstag über. Der BOB kündigte für den Freitag einen Pressetermin an. Und die CDU sieht den Oberbürgermeister durch die neue Sachlage gestärkt.
„Das Urteil des OVG Lüneburg stellt eine Klatsche für die Regenbogenkoalition aus SPD, Grünen, FDP, Linken sowie UWG/Piraten dar. Das Urteil bestätigt Oberbürgermeister Wolfgang Griesert sowie das Rechtsamt der Stadt und stellt der Kommunalaufsicht des Innenministerium ein schlechtes Zeugnis aus“, mit diesen Worten kommentiert der Vorsitzende der CDU-Stadtratsfraktion Fritz Brickwedde das Urteil zum Neumarkt.
Brickwedde erinnerte daran, dass die CDU im Frühjahr 2017 an die anderen Parteien appelliert habe, den Neumarkt bis zum Beginn von Bauarbeiten offen zu lassen. In dieser Zeit eines Moratoriums hätte man klären können, was aus dem Einkaufszentrum wird und welche Möglichkeiten der Lärm- und Abgasreduzierung am Wall möglich seien. Dieses Angebot habe die Regenbogenkoalition in der Mai-Sitzung des Rates leider abgelehnt und die sofortige Sperrung beschlossen.
Die CDU habe immer die Position vertreten, dass eine Sperrung rechtlich nur möglich sei, sofern die Gründe des öffentlichen Wohl überwiegen. Die 2.250 Anliegerinnen und Anlieger des Walls würden durch die Sperrung jedoch zusätzlich belastet. Die Wall-Anlieger hätten ebenso wie die Pendler, die zu Umwegen gezwungen würden, ein Recht auf sorgsame Abwägung und die Klärung der offenen Fragen.
SPD und Grüne hätten keinen gemeinsamen Plan für Emissionsreduzierungen am Wall, sondern seien völlig zerstritten. Den Parteien der Regenbogenkoalition empfahl der CDU-Fraktionsvorsitzende „Demut“. Sie seien über das Rechtsamt der Stadt und den Oberbürgermeister hergefallen und hätten beide unflätig beschimpft. Das Gericht habe nun klar die Position des OB und der CDU/BOB-Gruppe bestätigt“, so eine Pressemitteilung der CDU-Ratsfraktion vom Donnerstagnachmittag.



Ein ganz kurzer Kommentar

Es würde von Größe zeugen, wenn Vertreter der Regenbogenkoalition sich nun demütig gegenüber den Osnabrücker Bürgern zeigen würden, auf deren Rücken sie seit Jahren eine rein ideologisch getriebene Verkehrspolitik betreiben. Dass es der städtischen Bauverwaltung gestattet wurde, noch während Klagen beim Oberverwaltungsgericht anhängig sind Fakten zu schaffen, ist symptomatisch für eine Basta-Politik, die gegen und nicht für die Interessen der Bürger durchgeboxt wird.
Vielleicht wäre es jetzt endlich an der Zeit über neue Koalitionen im Stadtrat nachzudenken? Das ständige Anbiedern der Osnabrücker SPD an die zumeist an der Lebenswirklichkeit vieler Bürger vorbeizielende Verbote- und Erziehungspolitik der Osnabrücker Grünen ist erneut vor einem Gericht gescheitert.

Heiko Pohlmann
Herausgeber der HASEPOST