Ein respektabler See hat sich in den vergangenen Tagen in der Baugrube auf dem „Baulos 2“ genannten Grundstück vor H&M gebildet*. Dort wo eigentlich mit Hochdruck am Neubau eines Hotels für den Hamburger Immobilieninvestor Dr. Theodor Bergmann gearbeitet werden soll, steht außer einem vereinzelten Bagger und ein paar Containern kein Baugerät mehr.
Eine herbstliche Beobachtung von Hasepost-Herausgeber Heiko Pohlmann
Auch in direkter Nachbarschaft zum neu entstandenen „H&M See“ erinnert Osnabrücks Problemplatz mehr an Detroit oder Nairobi, als an eine Großstadt in einem der reichsten Länder der Welt auf dem Höhepunkt einer Niedrigzins- und Wachstumsphase.
2019: Das Katastrophenjahr für den Neumarkt
Der von der Regenbogenkoalition aus SPD, Grünen, FDP, Linkspartei, Piraten und UWG über zwei Kommunalwahlkämpfe durchgepeitschte Neubau eines Shopping-Centers hat sich als das erwiesen, was von der Industrie- und Handelskammer bis hin zu zahlreichen lokalen Einzelhändlern prognostiziert wurde: Ein Nullnummer und Spekulationsblase, die in diesem Sommer endgültig geplatzt ist.
Und die Umgestaltung des Neumarkts, inklusive Oberfläche in bunt eingefärbtem Beton, basierend auf bereits 2016 in einem teuren Architektenwettbewerb prämierten Plänen, musste ebenfalls in diesem Sommer in letzter Minute gestoppt werden, weil Beton eben nicht geeignet ist als Straßenoberfläche abseits von Panzerstraßen – wie am Rosenplatz eindrucksvoll zu sehen ist.
Versicherung realisierte erst spät, was direkt vor ihrem Haus gebaut werden soll
Nun gerät auch noch der ursprünglich als Geschäftshaus und mangels Nachfrage dann in eines der inzwischen zahlreichen Hotelprojekte umgewandelte „Zauberwürfel“ genannte Neubau vor H&M in die Krise.
Die Versicherungsgesellschaft, denen ausgerechnet genau der Dr. Theodor Bergmann, der nun das Hotel bauen will, vor Jahren das H&M-Gebäude verkauft hat, merkte gerade noch rechtzeitig, dass man ihnen direkt vor die Bürofenster einen Betonklotz bauen will und legte einen Widerspruch gegen die Baugenehmigung bei der Stadt und einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht ein.
Zwar wurde Bergmann der Weiterbau nicht untersagt, tatsächlich ist aber aktuell von Bautätigkeiten nichts mehr zu sehen – stattdessen entstand ein veritabler See.
In der kommenden Woche wird sich die Stadtverwaltung gegenüber dem Oberverwaltungsgericht erklären müssen, wie es zu einer Baugenehmigung an den Hamburger Immobilienkaufmann Bergmann kommen konnte, die den Bau des Betonklotzes gerade mal 6 Meter vor dem H&M Gebäude erlaubt.
Offenbar hatte der Eigentümer der bestehenden Immobilie es nicht mitbekommen, dass der Bebauungsplan bereits 2014 zu seinen Ungunsten von der Lokalpolitik verabschiedet wurde.
Zum Thema: Kommentar zur Genehmigung einer Videoleinwand vor der Kommunalwahl 2016
Osnabrück braucht jetzt viel Glück vor Gericht
Mit ein wenig Glück, kommt Osnabrück heile aus der Sache heraus, auch wenn viele Bürger der Stadt sich fragen, ob es wirklich ein Glück für die Stadt ist, wenn noch ein weiteres Hotel in Osnabrück gebaut wird.
Läuft es mit der Pechsträhne aber so weiter, wie bei nahezu jedem Projekt am Neumarkt, dann wird aus dem „gefühlten“ Baustopp am Neumarkt eine richterliche Anordnung und es folgt ein für die Stadt sehr langwieriges und teures Gerichtsverfahren, an dessen Ende womöglich Schadenersatzansprüche und eine Rückabwicklung des Projekts Zauberwürfel stehen könnte.
Bergmann ist auch Miteigentümer der Schrottimmobilien auf der anderen Seite
Ironie der Geschichte: Über eine Eigentümergesellschaft ist der Hamburger Investor Dr. Bergmann, dessen Familie vor Jahrzehnten in Osnabrück mehrere Textilkaufhäuser betrieb, auch an den Schrottimmobilien auf der anderen Seite des Neumarkts beteiligt. Auch diese Häuser drohen schon bald die Stadtkasse zu belasten und könnten Steuergelder auf das Konto des Hamburger Investors spülen.
Geschätzt zwischen 30 und 80 Millionen Euro, so ein Immobilienfachmann aus Osnabrück gegenüber unserer Redaktion, dürfte es die Stadtkasse kosten das Baulos 2 „rück-abzuwickeln“ und die das Kachelhaus und die Wöhrl-Immobilie in städtischen Besitz zu bringen.
Es wäre fast wie eine Zeitmaschine: Mit diesem gigantischen Geldbetrag würde die Stadtverwaltung einen Neumarkt „kaufen“, der mit Ausnahme des Hasehauses exakt so aussieht wie 10 Jahre zuvor!
Nein, stimmt nicht, für weitere Millionen Euro müsste die Baugrube vor dem H&M auch noch wieder zugeschüttet werden – oder wir lassen Enten darauf schwimmen und ein findiger Osnabrücker startet eine Tauchschule und einen Tretbootverleih, mitten in der Innenstadt? Das wäre vielleicht endlich mal eine wirtschaftlich tragfähige Geschäftsidee für diesen Platz.
Von Theatersanierung (mindestens 80 Millionen) über Stadion-Renovierung oder -Neubau bis hin zum Problemfeld Güterbahnhof, gibt es zahlreiche „Baustellen“ in dieser Stadt, die in der besten Wirtschaftslage der vergangenen 50 Jahre nicht in Angriff genommen oder schlicht verstolpert wurden. Wer soll das bezahlen, wenn die Konjunktur nun irgendwann mal stottert? Vielleicht führen wir dann ja eine Mautpflicht für Fahrradwege ein?
* [Update 20:30] Ein Leser merkte an, dass in einem nächsten Baufortschritt mit Tauchern in der gefluteten Baugrube gearbeitet werden soll; sofern nicht juristisch ein Baustopp erlassen wird, denn darum geht es in diesem Kommentar (Anmerkung des Autors)