Die beiden Corona-Razzien in den Clubs „neo“ an der Pagenstecherstraße und „Gleis 3“ im Fledder haben gezeigt, dass Teile der Gastro-/Clubszene und die Ordnungsbehörden ein Kommunikationsproblem haben – auch für solche „schwierigen Fälle“ braucht es jetzt einen Nachtbürgermeister.
Heiko Schlatermund, der sich in der SPD-Ratsfraktion in den vergangenen Jahren unermüdlich um das Thema „Nachtbürgermeister“ gekümmert hat, konnte nicht wissen, dass es wenige Tage nach der jüngsten Ratssitzung eine Corona-Razzia im „Gleis 3“ geben wird, als er vergangene Woche in der Ratsdebatte sagte „der Nachtbürgermeister ist aktuell und wir brauchen ihn dringend“. Und tatsächlich brauchen wir ihn jetzt wirklich dringend – besser heute noch als morgen.
Ein Kommentar von Heiko Pohlmann
Das Beispiel Nachtbürgermeister zeigt in meinen Augen wieder, wie wirklich gute Ideen im Politikalltag unterzugehen drohen. Die Idee eines Nachtbürgermeisters für Osnabrück brachten die Jusos bereits vor der Kommunalwahl 2016 ins Gespräch und erst 2019 tauchte sie wieder auf der politischen Agenda auf um nun endlich auch umgesetzt zu werden.
Wäre nicht Heiko Schlatermund am Ball geblieben, die gute Idee wäre wohl untergegangen.
Vielleicht hat auch die Corona-Lage der vergangenen Monate für ein Umdenken in den anderen Fraktionen gesorgt. An Corona hatte der Fachsprecher der SPD-Fraktion für Kultur- und Hochschulpolitik sicher auch gedacht, als er vergangenen Dienstag die Dringlichkeit für diese Innovation bekräftigte.
Dabei ist die Idee eines Moderators zwischen Gastro- Club- und Kreativszene und der Verwaltung, Polizei und Politik keinesfalls neu und unerprobt. Von Toronto bis Heidelberg gibt es Beispiele, die dem Osnabrücker Nachtbürgermeister aufzeigen, wie er seinen Job ausgestalten kann.
FDP dagegen, Linke und Piraten unentschieden
Gegen die Stimmen der FDP und bei Enthaltung der Linkspartei und der Piraten, wurde vergangene Woche schließlich beschlossen eine entsprechende Stelle einzurichten. Der Kandidat oder die Kandidatin, der oder die jetzt noch gefunden und auf Tauglichkeit geprüft werden soll, wird diesen Posten als Halbtagsstelle ausfüllen. Die Verantwortung zur Umsetzung liegt bei Alexander Illenseer von der Marketing Osnabrück, der die Stelle öffentlich ausschreiben wird.
In den kommenden 24 Monaten nach der Stellenbesetzung, soll dann erprobt werden, ob sich die Institution bewährt.
Politik fängt schon an über Frauenquote nachzudenken
In einer ersten Pressemitteilung äußerte sich die SPD-Ratsfraktion erfreut darüber, dass die Idee aus dem Kommunalwahlkampf 2016 nun umgesetzt werden kann. „Wir werden das Projekt natürlich weiterhin unsererseits begleiten und würden gerne an dieser Stelle auch besonders weibliche Personen dazu ermutigen, sich auf die baldige Ausschreibung zu bewerben“, betont Kerstin Lampert-Hodgson, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Ratsfraktion.
Es ist sicher gut, dass die Politik weiterhin ein Auge auf diese neue Institution haben wird. Hoffentlich geben die Verantwortlichen in Rat und Politik dem Nachtbürgermeister (oder der Nachtbürgermeisterin) möglichst viele Kompetenzen und Vertrauen mit auf dem Weg. Vielleicht hätten sich die für die gesamte Gastro- und Clubszene belastenden jüngsten Corona-Razzien, durch einen Einsatz und die Vermittlung eines Nachtbürgermeisters vermeiden lassen. Genau für solche Situationen brauchen wir eine starke Persönlichkeit mit Akzeptanz bei allen Beteiligten!
Bitte keine Beeinflussung durch die Politik bei der Stellenbesetzung
Die Forderung nach einer „weiblichen“ (warum nicht gleich diversen?) Nachtbürgermeisterin, wie sie jetzt aus der SPD kommt, ist natürlich durchaus legitim. Vielleicht läßt die Politik aber besser ihre klebrigen Finger aus dem Besetzungsprozess? Egal welches Geschlecht, welche Herkunft und vor allem welches Parteibuch der künftige Nachtbürgermeister oder die Nachtbürgermeisterin haben wird… das ist Privatsache und hat nichts mit ihrem oder seinem Job zu tun. ‚Kein‘ Parteibuch wäre sogar wünschenswert, meine ich.
Fähigkeiten und Akzeptanz sollten entscheidend sein. Die Politik hat ihren Job getan (zwar spät aber gut, Danke!), nun geht es darum eine Person zu finden, die möglichst erfolgreich diesen durchaus anspruchsvollen Posten ausfüllen kann! Dass so ein Job auch durch eine Frau hervorragend erledigt werden kann, sollte dabei selbstverständlich sein.
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