Unsere Autorin Laura Stevens war neugierig, sie hat das Osnabrücker Hospiz besucht und dabei viel erfahren.
Von außen völlig unscheinbar liegt das Osnabrücker Hospiz im Zentrum der Stadt, direkt am Marienhospital und nahe der Johanniskirche.
Als ich durch die Tür trete, erwarte ich den typischen Krankenhausgeruch, eine nüchterne und sterile Umgebung, traurige Gesichter und betretende Stille.
Stattdessen begegnen mir lächelnde Gesichter, eine moderne und gemütliche Einrichtung und vor allem kein einziger weißer Kittel. Komisch eigentlich, stellt man sich unter einem Hospiz doch immer etwas ganz anderes vor, wenn man noch keine Berührungspunkte mit solchen Einrichtungen hatte.
Räumlichkeiten, die an Zuhause erinnern
Jan Felix Simon, der ehrenamtliche Geschäftsführer mit dem ich heute verabredet bin, zeigt mir die Räumlichkeiten. Elf Einzelzimmer mit jeweils eigener Terrasse, eine “Oase” für Angehörige mit Kuchen auf dem Tisch und einem Schlafsofa, ein Kaminzimmer mit geräumigem Essbereich und einer offenen Küche, zwei gemeinschaftliche Außenbereiche und ein großes Badezimmer mit Whirlpool-Wanne und außergewöhnlicher Deckengestaltung strahlen mir in warmen Farbtönen entgegen. Einer der gemeinsam nutzbaren Außenbereiche ist zudem überdacht, was für die rauchenden Gäste, Angehörigen oder auch das Personal die Terrasse zu einem Ort macht, an dem man sich trifft und wo viel geredet wird. Bis 2007 befand sich das stationäre Hospiz noch in der zweiten Etage, zog dann aber ins Erdgeschoss.
Alle Institutionen unter einem Dach
Insgesamt 130 Ehrenamtliche unterstützen das Osnabrücker Hospiz, zu dem deutlich mehr als nur die stationäre Einrichtung gehört. Das Logo beinhaltet sechs verschiedenfarbige Quadrate, die die jeweiligen Bereiche darstellen sollen. Es gibt das stationäre Hospiz, den ambulanten Hospizdienst, den Osnabrücker Hospiz e.V., die Trauerbegleitung, den ambulanten Kinderhospizdienst und die Hospiz-Pflegeberatung (SAPV). All das unter einem Dach, das sei in Deutschland etwas ganz besonderes, betont Jan-Felix Simon. Die verschiedenen Bereiche arbeiten Hand in Hand, Absprachen und eventuelle Übergänge von der ambulanten zur stationären Betreuung laufen fließend und im Hintergrund ab, ohne dass es zu großen Bergen von Formularen oder Wechseln der Bezugspersonen kommt.
Private Finanzierung schafft viele Möglichkeiten
Dank der privaten Trägerschaft durch den Verein, der aktuell 2030 Mitglieder zählt, kann die Einrichtung völlig unabhängig von Kirche oder Stadt agieren und unterliegt keinerlei konstitutioneller Zwänge, was viele Freiheiten erlaubt. Durch nicht belegte Zimmer, Transportkosten und die generelle Unterfinanzierung der Hospizarbeit entsteht ein hohes Defizit, das dann durch Spenden gedeckt werden muss. Um Gewinn geht es dabei allerdings nicht, denn die Gäste stehen im Vordergrund und nicht der wirtschaftliche Gedanke. Das Wichtigste um Spenden zu bekommen ist dabei die Mund-zu-Mund-Propaganda. Durch Besuche von Schülergruppen oder Erfahrungsaustausch der Angehörigen spricht sich die Arbeit der Einrichtung herum und Interessierte können sich auf der Homepage über weitere Details informieren. Unter anderem lässt sich dort auch ein Online-Veranstaltungskalender finden, in dem sämtliche öffentliche Termine aufgelistet sind.
Ein letztes Zuhause, kein Krankenhaus
Die ärztliche Betreuung findet durch insgesamt 10 Palliativmediziner statt, die durch die vorherige Betreuung von Gästen während der Weiterbildung Kontakte zum Hospiz knüpfen konnten. Daraus wurde eine dauerhafte und enge Zusammenarbeit, obwohl die Ärzte auch eigene Praxen betreiben. Die Krankenschwestern haben alle eine Zusatzausbildung absolviert und betreuen nicht nur die Gäste, sondern auch immer die Angehörigen. Durch die überkonfessionelle Betreuung und die Finanzierung durch die Krankenkassen und durch Spenden ist es dem Hospiz möglich, jeden – unabhängig von dessen finanzieller Situation, Religion oder Sprache – aufzunehmen.
Wichtig ist dabei das Bewusstsein darüber, dass ein Hospiz kein Krankenhaus darstellt. Auf einer Palliativstation werden die Patienten medizinisch behandelt und es gibt lebensverlängernde Maßnahmen. Das ist im Hospiz nicht der Fall, denn es stellt eine Art „letztes Zuhause“ dar. Intubation und Beatmung, Operationen, Chemotherapien, Dialysen, all das findet hier nicht statt. Doch auch ein schnelles Herbeiführen des Todes ist hier nicht möglich. „Das Hospiz leistet Sterbebegleitung, keine Sterbehilfe.“ betont die stellvertretende Pflegedienstleiterin Monika Loth. Das Ziel ist es, das Leben zu genießen so lange es geht, was auch durch verschiedene Angebote ermöglicht werden soll. Von Besuchen des eigenen Schrebergartens über romantische Abende mit dem Partner am Ort des Kennenlernens bis hin zu einem Kurzurlaub wird alles versucht, um die letzten Wünsche der Gäste zu erfüllen, sofern es möglich ist. Doch auch gemeinschaftliche Aktivitäten wie das gemeinsame Kochen oder Grillen am Mittwoch, Geburtstagsfeiern, die Pflege des Kräutergartens oder Gesellschaftsspiele gehören zum Programm. Niemand wird zu etwas überredet, die Entscheidungen an etwas teilzunehmen treffen die Gäste immer selbst.
Verschiedene Möglichkeiten der Trauerbegleitung
Eine weitere Besonderheit ist der psychosoziale Aspekt. „Die Angehörigen werden immer mitbetreut“ erklärt Beate Lahrmann, die zur Hospiz-Pflegeberatung SAPV gehört. Das Abschiednehmen fällt niemandem leicht, weshalb die Trauerbegleitung mit das Wichtigste ist. Neben Trauerseminaren und der Trauerbegleitung gibt es eine Schreibwerkstatt, ein monatliches Trauercafe in der Familien Bildungsstätte und auch ein regelmäßiges Kaffeetrinken mit den Angehörigen, die im aktiven Austausch über alles sprechen können, was sie bewegt. Etwas ganz besonderes ist hierbei das Labyrinth auf dem Johannisfriedhof, das von einer Gartenbau AG der Hochschule Osnabrück gestaltet wurde. Es handelt sich hierbei um ein Steinlabyrinth, das auf einer denkmalgeschützten Fläche des mittlerweile entwidmeten Friedhofs steht. Hier finden verschiedene Trauerseminare statt, für die man sich anmelden kann. Einmal im Jahr gibt es zudem eine Aktion, bei der Kinder Blumenzwiebeln pflanzen, die dann im Frühjahr erblühen.
Der Tod ist nie schön, ihm Auge in Auge gegenüber zu stehen schon gar nicht. Aber das Hospiz ist ein Ort der friedlichen Begegnung, der Gespräche und des Abschiednehmens in einer liebevollen Umgebung, in der Personalschlüssel, Qualifikation der Mitarbeiter und Einrichtungsgröße eine Menschlichkeit ermöglichen, die in einem Krankenhaus oder einem Pflegeheim so nicht möglich wären. Der Tod gehört zum Leben wie das Licht zum Schatten, er darf kein Tabu sein sondern sollte – wie das Osnabrücker Hospiz – direkt ins Zentrum der Aufmerksamkeit gucken. Denn durch das Bewusstsein über die Endlichkeit des Lebens gewinnen die kleinen Dinge an Wert.
Weitere Informationen über das Osnabrücker Hospiz, die Möglichkeiten die Hospizarbeit zu unterstützen und die Kontoverbindung für Spenden finden Sie auf der Homepage des Osnabrücker Hospiz.