Wie weit dürfen Grundrechte eingeschränkt werden um Sicherheit im öffentlichen Raum zu schaffen – und wie sinnvoll ist Videoüberwachung? Die von der Osnabrücker Stadtverwaltung und den Ratsfraktionen angestrebte Videoüberwachung von Neumarkt und Johannisstraße stößt beim Chaostreff Osnabrück e.V. auf Kritik.
Der Verein, der sich selbst als „eine lockere Gruppe von Leuten mit Interesse in den Bereichen Sicherheit, Kryptografie, alternative Betriebssysteme, freie (libre) Software, Netzpolitik und vielen weiteren Themen“ definiert, hat einen offenen Brief veröffentlicht, um Kritik an den geplanten Maßnahmen in die Debatte einzubringen.
Schlechte Beleuchtung, mangelnde Sauberkeit und Angsträume rund um den Neumarkt
Der offene Brief ist adressiert an Oberbürgermeisterin Katharina Pötter; darin erkennt der Verein die Notwendigkeit an, bestimmte „Angsträume“ in der Stadt anzugehen, in denen sich Bürgerinnen und Bürger unsicher fühlen, besonders nachts. Solche Orte seien oft durch schlechte Beleuchtung gekennzeichnet. Der Chaostreff Osnabrück begrüßt mehrere Vorschläge der Stadtverwaltung, darunter die Erhöhung der Anzahl an Streetworkern, Verbesserungen in der Sauberkeit, die Einführung eines Nachttaxis [Anmerkung der Redaktion: das Angebot des Nachttaxis soll ausschließlich Frauen zur Verfügung stehen] und eben die verbesserte Beleuchtung.
Verlagert Videoüberwachung das Problem nur in die Seitenstraßen?
Eine geplante Maßnahme jedoch stößt auf entschiedenen Widerstand des Vereins: die angestrebte Videoüberwachung. Die Kritik des Chaostreffs basiert auf der Annahme, dass Videoüberwachung nur wenig zur Prävention beiträgt, da sie potenzielle Probleme lediglich in nicht überwachte Bereiche verschiebt, ohne die Ursachen von Kriminalität zu adressieren. Zudem wird angeführt, dass solche Überwachungsmaßnahmen einen tiefen Eingriff in die Privatsphäre darstellen und im Grunde alle Menschen im öffentlichen Raum unter „Generalverdacht“ stellen würden. Der Verein zitiert Studien, die zeigen, dass der Effekt von Videoüberwachung auf die Straßenkriminalitätsrate oft marginal ist und somit die weitreichenden Eingriffe in die Privatsphäre nicht rechtfertigt.
Soziale Angebote statt Videoüberwachung
Stattdessen fordert der Chaostreff Osnabrück, dass die Videoüberwachung aus den Planungen gestrichen und vorrangig andere Maßnahmen umgesetzt werden. Nach diesen Maßnahmen sollte eine Evaluierung stattfinden, um festzustellen, ob die gewünschten Effekte erzielt wurden. Besonders betont wird die Bedeutung sozialer Angebote, wie eine Verstärkung im Bereich Streetwork und Jugendarbeit. Eine spezifische Idee des Vereins ist die Errichtung eines Jugendtreffpunkts im Quartier Johannisstraße, um jungen Menschen Alternativen zu Einkauf und Gastronomie zu bieten.