Das glaub ich jetzt mal nicht
Fassungslosigkeit war eine der erste Reaktionen unserer Leser, kurz nachdem HASEPOST exklusiv über die zum 31.12. geplante Einstellung des Sendebetriebs von os1.tv berichtete.
Mehr als 80 Leser kommentierten die von der NOZ-Medien nur intern bekanntgegebene Entscheidung über unsere Facebook-Seite (die Kommentare sind auch unter dem Artikel zu finden).
Selbstverständlich gab es bei den Kommentaren auch kritische Stimmen zu Programm und Macher, aber scheinbar verfügte und verfügt (der Betrieb geht ja erstmal weiter!) Osnabrücks Lokalfernsehen über eine treue Zuschauer-Gemeinde. Damit soll jetzt Schluss sein? Wir haben in den vergangenen zwei Tagen weiter an dem Thema gearbeitet, erste Reaktionen aus der Lokalpolitik gesammelt und dabei herausgefunden, dass die Entscheidung über das Sende-Aus offenbar sehr „einsam“ getroffen und vermutlich durch einen Gesellschafter aus Oldenburg ausgelöst wurde.
Keine Stellungnahme von NOZ-Medien
Bevor wir die uns zugespielte Information über das Sender-Aus am frühen Donnerstagabend veröffentlichen konnten, mussten wir diese Nachricht Gegenprüfen, dies ist ein Grundsatz journalistischen Arbeitens, dem wir uns selbstverständlich verpflichtet fühlen.
Über die Telefonzentrale der NOZ konnten wir zu diesem Zeitpunkt jedoch kein Mitglied der NOZ-Geschäftsführung mehr erreichen. Die notwendige Bestätigung gelang uns schließlich über einen der weiteren Gesellschafter der os1.tv GmbH.
Freitag-Vormittag, unser Artikel war raus und schlug bereits hohe Wellen in den sozialen Netzen, erfolgte ein neuer Versuch über das Vorzimmer des NOZ-Geschäftsführers Christoph Niemöller mehr Hintergrundinformationen zu bekommen. Ein versprochener Rückruf erfolgte jedoch nur durch eine Mitarbeiterin. Die NOZ-Geschäftsleitung wollte wohl nicht mit dem „Überbringer der Botschaft“ sprechen. Sinngemäß wurde uns mitgeteilt, unsere Redaktion hätte bereits alle Informationen zu dieser Unternehmensentscheidung vorliegen, darüber hinaus wolle man sich nicht äussern.
Auch mehr als 48 Stunden nachdem das Sende-Aus öffentlich bekannt ist, schweigt das Medienunternehmen NOZ dazu.
Für ein Unternehmen, dessen Geschäftsfeld die Kommunikation ist, eine sehr unkommunikative Haltung gegenüber (ausgerechnet) der Presse.
Die Neue Osnabrücker Zeitung besitzt in Osnabrück „fast“ so etwas wie ein Monopol auf die veröffentlichte Meinung. Neben der seit 1967 einzigen Tageszeitung NOZ, gehört auch das Anzeigenblatt Osnabrücker Nachrichten (ON) und eine Beteiligung am Radiosender ffn zum Portfolio.
Es gäbe also genügend eigene Kanäle um die unternehmerischen Entscheidungen aus dem eigenen Haus heraus zu kommentieren. Dabei ist es womöglich gar nicht das Unternehmen NOZ-Medien, das ursächlich für das jetzt bekanntgegebene „Aus“ verantwortlich ist. Dazu unten mehr.
Aufsichtsrat des Co-Gesellschafters Stadtwerke nicht informiert?
Unsere Redaktion hat über das Wochenende erste Reaktionen von Seiten der Lokalpolitik eingesammelt. Da sich der Stadtrat aktuell in den Herbstferien befindet, war dies gar nicht so leicht, daher sind auch nicht alle Parteien vertreten.
Auch Oberbürgermeister Wolfgang Griesert, dessen Vorgänger Boris Pistorius im Vorfeld der Gründung von os1.tv, hinter den Kulissen die Beteiligung der Stadtwerke Osnabrück kräftig gefördert haben soll, war ebenfalls nicht für eine erste Stellungnahme zu erreichen.
Von Seiten des Presseamtes der Stadt Osnabrück erklärte Gerhard Meyering, der auch erst durch unsere Berichterstattung von dem drohenden Aus erfahren hatte, man wolle sich erst dazu äußern, wenn eine offizielle Erklärung der os1.tv GmbH vorliege. Dies war jedoch bis Freitagmittag nicht der Fall.
Auf Nachfrage unserer Redaktion erklärte sich auch der stellvertretende Direktor der Landesmedienanstalt Niedersachsen (LNM) Christian Krebs sehr verwundert über die aktuelle Entwicklung. Auch ihm lag am Freitag noch keine Mitteilung über eine geplante Einstellung des Sendebetriebs vor.
Die Landesmedienanstalt ist unter anderem für die Sender-Lizensierung und Vergabe von Kabelplätzen für das Lokalfernsehen zuständig. Während die eigentliche Lizensierung relativ günstig ist (niedriger vierstelliger Betrag, einmalig), so Krebs, ist die Einspeisung in die Kabelnetze nach seiner Auskunft ein großer Kostenfaktor, der monatlich leicht einen fünfstelligen Betrag kosten könne.
In den zwischenzeitlich eingetroffenen Statements der Osnabrücker Lokalpolitiker ist ein Satz von Fritz Brickwedde (CDU) besonders auffällig. Er schreibt uns aus seinem Urlaubsdomizil:
Ein Ausstieg der Stadtwerke hat im Aufsichtsrat nicht zur Debatte gestanden
Diese Aussage ist natürlich erstaunlich und führt zu der Frage: Wurde das Sende-Aus im Alleingang beschlossen, ohne das alle Gesellschafter und ihre Gremien im Vorfeld informiert wurden?
Kam der „Todesstoß für os1.tv“ aus Oldenburg?
Zu den wenigen unabhängigen Redaktionen in Osnabrück zählt osradio 104,8. Nach Informationen der Radioredaktion wurde die Entscheidung für die Einstellung des Sendebetriebs durch die geplante Liquidierung der New Content Media Group (NMG), einer Tochter des Energie-und Telekommunikationsversorgers EWE, ausgelöst. Dieses Tochterunternehmen hält für den Gesellschafter EWE (Oldenburg) die Anteile an os1.tv. Zum EWE-Konzern gehört auch die Osnabrücker Telefongesellschaft osnatel.
Die EWE scheint kein glückliches Händchen mit ihren Lokalsendern zu haben. Unter Beteiligung der EWE-Tochter NMG wurden 2013 bereits der Lokalfernsehsender center.tv Bremen (Bremen und Bremerhaven) und HeimatLive (Cloppenburg, Leer und Cuxhaven) „beerdigt“.
Wir bleiben an dem Thema dran. Ohne die Kollegen von os1.tv wird es sehr einsam in der lokalen Berichterstattung in und um Osnabrück.
Eine lebendige Gemeinschaft, die eine Stadt wie Osnabrück ist, lebt von der Vielfalt von Meinungen und Positionen – und das darüber aus verschiedenen Perspektiven berichtet wird.
Das plötzliche Wegbrechen einer kompletten Redaktion, in der teils hochkarätige Lokalberichterstattung gemacht wurde, kann selbst Kritiker von os1.tv nicht kalt lassen. Davon sind wir bei der HASEPOST überzeugt! Heiko Pohlmann
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