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Ohne Gegenstimme: Osnabrücker Stadtrat erklärt sich solidarisch mit Ukraine

Ohne Gegenstimme oder Enthaltung – von der Linkspartei bis zum Vertreter der AfD –  verurteilte der Rat der Stadt Osnabrück in seiner Sitzung am Dienstagabend den Angriff Russlands auf die Ukraine und den Bruch des Völkerrechts auf das Schärfste.

Im Text der Resolution wird Putins Krieg auch als „ein Angriff auf das friedliche Europa und die multilaterale Zusammenarbeit“ bezeichnet. In zahlreichen Redebeiträgen wurde auch dazu aufgefordert, das Einstehen für die Ukraine nicht mit einer Verurteilung von russischstämmigen Mitbürgern zu verbinden.

Neben einem Appel an die Bundesregierung, die EU und alle weiteren europäischen Nachbarstaaten gemeinsam mit ihren internationalen Partnern darauf hinzuwirken, umgehend auf den Weg der Diplomatie und der friedlichen Verständigung zurückzukehren, wird auch zur humanitären Hilfeleistung aufgefordert.
Mit der Resolution erklärt sich die Stadt Osnabrück bereit, den Menschen in der Ukraine schnell und unbürokratisch zivile Hilfsgüter zur Verfügung zu stellen und den Flüchtenden Schutz und Unterkunft vor dem Krieg zu gewähren.

In zahlreichen Redebeiträgen brachten die Parteienvertreter weitere Aspekte in die Diskussion ein.

CDU erinnerte SPD und Grüne an Klitschko-Kritik 2015

Für etwas Unruhe bei den Vertretern der SPD und den Grünen sorgte Dr. Fritz Brickwedde (CDU) der daran erinnerte, dass Vitali Klitschko, der Bürgermeister der Stadt Kiew, im Jahr 2015 die Friedensgespräche der Stadt Osnabrück besuchte. Brickwedde machte darauf aufmerksam, dass Klitschko bereits damals darauf hingewiesen hatte, dass Putin alles daran setzen werde die Demokratisierung der Ukraine, direkt vor Russlands Grenzen, zu verhindern.
Seitenhiebe gab es für die Osnabrücker Grünen und die SPD, die seinerzeit mit Verweis auf eine angebliche Nähe Klitschkos zu ukrainischen Faschisten, sich vehement dagegen aussprachen, dass Vitali Klitschko sich in das Goldene Buch der Hasestadt eintragen dürfe, was zahlreiche negative Presseberichte über die Osnabrücker SPD und Grünen zu Folge hatte.

Brickwedde, der die Resolution des Stadtrats zur Ukraine initiiert hatte, betonte, dass er bewusst die Vertreter der Linkspartei und der AfD im Stadtrat nicht gefragt habe sich daran zu beteiligen, da diese Parteien sich bis in die jüngste Zeit als Unterstützer und Sympathisanten Putins gezeigt hätten.

Grüne lenkten Blick auf nicht-ukrainische Flüchtlinge

Sebastian Bracke von den Grünen erinnerte daran, dass während die Osnabrücker Ratsmitglieder über eher alltägliche Themen debattiert, Menschen in der Ukraine um ihr leben bangen. Diese Situation sei, so Bracke „unerträglich“, genau wie die Lügen, mit denen Putin seinen Krieg begründet.
Wie weit der Einschnitt des 24. Februar unser Leben noch beeinträchtigen werde, sei noch völlig offen, betonte Bracke.
„Wenn wir jetzt über Millionen sprechen, sollten wir die Tausende nicht vergessen, die als Flüchtlinge von Weissrussland in die EU drängen“, schlug der Grünen-Politiker einen Bogen zu den nicht-europäischen Flüchtlingen, die derzeit über den Umweg Weißrussland in die EU drängen.

 

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Christoph Kühn von VOLT bedankte sich in seiner Rede bei der zahlreichen Hilfsangebote aus Osnabrück. Das jüngste Ratsmitglied bat besonders eindringlich darum, dass Bürger mit russischen Wurzeln nicht angefeindet werden sollen „es ist der Krieg Putins, nicht der Russen“.

AfD-Ratsmitglied überraschte mit persönlichem Redebeitrag

Unruhe kam kurzzeitig bei einigen Ratsmitgliedern auf, als sich auch Viktor Jersch, Vertreter der AfD, auf die Rednerliste setzen liess.
Doch statt einem vielleicht erwarteten kontroversen Redebeitrag, überraschte der aus Russland stammende Jersch mit einem ruhig vorgetragenen Redebeitrag, bei dem die innere Zerrissenheit des erstmalig im Oktober in den Stadtrat eingezogen AfD-Mitglieds zu spüren war.

„Es ist halt so, dass ich ein Deutscher aus Russland bin und seit mehr als 20 Jahren Geschäfte mit Russland und der Ukraine betreibe“.
Mit vielen seiner Geschäftspartner verbinde ihn auch eine „tiefe Freundschaft“ so Jersch, egal ob diese aus Kiew, Lugansk oder Nowosibirsk stammen. Dass es nun zum Krieg mit Russland gekommen ist, sei für ihn nicht überraschend gekommen, erklärte Jersch, der kurz an die seit 2014 schwelenden Konflikte in der Ukraine erinnerte. Persönlich so Jersch, sei er gegen jeden Krieg und für ihn sei es wichtig, dass auch er den Menschen helfen könne – vor allem aber auch, dass in Deutschland kein Hass zwischen den menschen entsteht.

Oberbürgermeisterin sieht große Herausforderungen auf Osnabrück zukommen

Abschließend ergriff auch die Oberbürgermeisterin das Wort. Katharina Pötter sagte, sie sei „sehr dankbar“, dass der Rat mit einer so großen Mehrheit zusammenstehe.

„Wir dachten, dass der Krieg teil unserer Geschichte, aber nicht unserer Gegenwart und schon gar nicht unser Zukunft ist“, so Pötter. Diesen Worten schob Sie die Aufforderung hinterher: „Wir müssen dem Hass vorbeugen“.

Nach Angaben er Oberbürgermeisterin sind inzwischen über 600 Flüchtlinge bei Verwandten, Freunden und auch bei der Stadt untergebracht. Wegen derMelde- und Visafreiheit seien es aber vermutlich weit mehr. Nicht zuletzt, weil bereits vor Putins Krieg rund 1.400 Menschen mit ukrainischen Wurzeln in der Hasestadt gemeldet waren.

Stadt stellt Geld bereit und wartet auf Berlin und Hannover

Pötter warnte vor den Folgen der jetzt einsetzenden Fluchtwelle: „Wir werden schnell an die Grenzen unserer Ressourcen kommen. Sie werden kommen, auch nach Osnabrück und wir werden uns darauf vorbereiten müssen“. Die Oberbürgermeisterin befürchtet, dass es zeitweise „kaum noch Zimmer und Wohnungen“ für die Flüchtlinge geben werde, „sondern nur noch ein Dach über dem Kopf“: Der Schutz sei „das wichtigste“, aber man werde auch alles daran setzen, dass die Kinder in unsere Bildungssysteme integriert werden. „Gerade die jüngsten sollen gut in unser Stadt ankommen. Notunterkünfte dürfen nur vorübergehend sein, aber diese Plätze werden nicht reichen“.

Pötter erklärte, dass man nun Geld im Haushalt für die Bewältigung dieser Mammutaufgabe einstellen werde, „ich erwarte aber von Land und Bund, dass sie uns mit der Finanzierung dieser Aufgabe nicht alleine lassen“.

Zu Beginn der Ratssitzung wurden an die Ratsmitglieder und Besucher kleine Schleichen in de Farben der Ukraine ausgeteilt – siehe Titelfoto.

 


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Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann
Heiko Pohlmann gründete die HASEPOST 2014, basierend auf dem unter dem Titel "I-love-OS" seit 2011 erschienenen Tumbler-Blog. Die Ursprungsidee reicht auf das bereits 1996 gestartete Projekt "Loewenpudel.de" zurück. Direkte Durchwahl per Telefon: 0541/385984-11

  

   

 

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