Der Wirtschaftsweise Achim Truger bewertet die aktuelle wirtschaftliche Lage in Deutschland als „dramatisch“ und macht sich für eine Aussetzung der Schuldenbremse stark. Die Krise, verursacht durch den Corona-Schock und die Energiekrise, habe der deutschen Wirtschaft stark zugesetzt und die Regierung stehe vor erheblichen Herausforderungen.
Krisenbewältigung: Truger plädiert für finanzpolitische Maßnahmen
Achim Truger, ein Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, äußerte sich in einem Interview mit den Sendern RTL und ntv zur prekären wirtschaftlichen Situation in Deutschland: „Dramatisch wird es dadurch, dass die deutsche Wirtschaft seit 2019 praktisch nicht mehr gewachsen ist. Wir haben den Corona-Schock gehabt und danach die Energiekrise. Wir liegen jetzt mehr als fünf Prozent unter dem vor der Krise prognostizierten Wachstumstrend. Das ist wirklich dramatisch.“
Aussetzung der Schuldenbremse gefordert
Truger fordert von der Bundesregierung, „eine Notlage zu erklären und die Schuldenbremse auszusetzen“. Er führt aus: „Aus meiner Sicht wäre eine Notlage im Jahr 2025 im Rahmen der Schuldenbremse gerechtfertigt. Wenn man bei der Wirtschaftsleistung mehr als fünf Prozent unter dem Vorkrisentrend liegt und die Prognosen immer noch nicht wirklich aufwärts zeigen, kann man rechtfertigen, dass man noch mal richtig Geld in die Hand nimmt, um die Wirtschaft anzuschieben.“
Der Wirtschaftsweise verweist aber auch auf die Schwierigkeiten einer solchen Maßnahme in der aktuellen politischen Konstellation: „Die Bundesregierung bekommt ja ein Glaubwürdigkeitsproblem, wenn sie 2023 sagt, die Notlage sei vorbei, und nun soll sie plötzlich wieder da sein. Da hat sich die Ampel in eine schwierige Lage manövriert. Realistisch gesehen sollte die Regierung jetzt zumindest finanzpolitisch nicht weiter kürzen. Bei den Energiepreisen muss sie sehen, dass sie mit einer Überbrückung für Investitionssicherheit sorgt.“
Wirtschaftspolitik in der Kritik
Top-down Truger kritisiert zudem heftig die aktuelle Wirtschafts- und Finanzpolitik, die seiner Meinung nach zur unsicheren Lage beigetragen hat: „Die Unsicherheit über die Finanz- und Wirtschaftspolitik ist ein Problem. Die Bundesregierung und wahrscheinlich auch die Ökonomen, also mich eingeschlossen, haben unterschätzt, was zum Beispiel dieser vorzeitige Wegfall der E-Auto-Prämie auslöst. Dasselbe gilt für Förderprogramme, etwa zur energetischen Sanierung, die jetzt nicht in dem Volumen laufen, wie sie sollten.“
„In der jetzigen Situation geht es darum, einen Aufschwung hinzubekommen. Hier wäre ein Anschub durch die Finanzpolitik sinnvoll, aber zumindest keine Kürzungen und keine restriktive Finanzpolitik“, so Truger weiter. Er zeigt sich besorgt über innerparteiliche Konflikte und das Festhalten an der Schuldenbremse: „Die Streitigkeiten innerhalb der Ampelkoalition und dieses aus meiner Sicht vollkommen falsche Festhalten an einer sehr eng ausgelegten Schuldenbremse befördern diese Krise. Da versündigt sich vor allem die FDP am Aufschwung.“
Abschließend zeigt sich Truger besorgt über die aktuelle politische Debatte: „Die hitzige, vergiftete Art, wie die Debatten – auch wirtschaftspolitische – geführt werden. Die Opposition hat die Grünen und gerade Wirtschaftsminister Robert Habeck zum Buhmann für fast alle Probleme gemacht. Dabei hatten Regierung und Opposition in der Energiekrise doch noch einigermaßen zusammengestanden und gemeinsam viel Gutes geschafft. Es ist bedauerlich, dass sie diesen Geist nicht beibehalten haben, angesichts der nach wie vor großen Aufgaben.“
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