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Nun doch: Osnabrücker Stadtrat könnte am Dienstag Straßenausbaubeiträge abschaffen

Die Debatte um die Straßenausbaubeiträge in Osnabrück hält den Stadtrat weiter auf Trab. Die Ratsmehrheit will erneut einen Ausstieg prüfen, die CDU will sich dem nicht querstellen. Eine Entscheidung soll in der kommenden Ratssitzung (7. Februar) getroffen werden.

Zuletzt konnten sich die Fraktionen nicht einigen und schafften die sogenannten Strabs nicht ab. Grund für die Diskussion um die umstrittenen Beiträge war die Ellerstraße. Dort sollten Anwohnerinnen und Anwohner hohe fünfstellige Beträge für den 8 Millionen schweren Ausbau zahlen. Jetzt sieht es aber doch so aus, als könnten die Strabs bald Geschichte sein.

„Wegen der aktuellen Kostenentwicklung im Straßenbau und damit verbunden der schwierigen politischen Begründung der Beiträge wollen wir erneut prüfen, wie ein Ausstieg aussehen kann“, erklärt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Volker Bajus. Wie seine Amtskollegin von der SPD, Susanne Hambürger dos Reis, sieht Bajus allerdings noch einige offene Fragen. Insbesondere sei angesichts der schwierigen aktuellen Haushaltssituation der Stadt die Finanzierung noch ungeklärt.

Beiträge stehen der Mobilitätswende im Weg

„Derzeit gerät die politische Akzeptanz für wichtige Straßenbaumaßnahmen immer stärker unter Druck. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Einfach wird eine Abschaffung nicht“, sagt Bajus. „Derzeit haben wir ja noch nicht mal einen genehmigten Haushalt und die finanzpolitischen Perspektiven sind angesichts der aktuellen Wirtschaftslage völlig unklar. Dennoch erkennen wir, dass die ungeliebten Beiträge dem Fortschritt auch bei der Mobilitätswende im Wege stehen.“

Der Protest gilt vor allem dem "Luxusausbau" an der Ellerstraße, aber auch für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. / Foto: Schulte
Der Protest im November galt vor allem dem „Luxusausbau“ an der Ellerstraße, aber auch für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge. / Foto: Schulte

Grüne und SPD wollen deswegen mit den anderen Fraktionen dazu ins Gespräch kommen. „Es ist gut, dass die Diskussion jetzt wieder Fahrt aufnimmt und einen neuen Stand erreicht hat. Wir freuen uns auf konstruktive Gespräche und sind für lösungsorientierte Vorschläge offen. Was wir brauchen, ist ein Ausstiegsszenario, das für Klarheit bei Rat und Verwaltung sorgt und Rechtssicherheit schafft für alle, auch für die Bürger:innen“, so Hambürger dos Reis.

Abschaffung mit oder ohne Kompensationen?

Während die FDP/UWG-Gruppe eine Abschaffung ohne direkte Kompensationsvorschläge fordert, setzt die CDU auf eine solide Haushaltspolitik mit Kompensationen. Einer Abschaffung der Straßenausbaubeiträge generell wollen sich beide Fraktionen somit nicht in den Weg stellen. „Osnabrück ist geographisch nah an Nordrhein-Westfalen. Dort gibt es diese Beiträge nicht mehr. Auch die Kommunen um Osnabrück herum haben sie abgeschafft, sodass Osnabrück als Insel verblieben wäre, was weder den Bürger:innen der Stadt zuzumuten gewesen wäre noch der Stadt selbst, denn dies wäre ein Nachteil im Wettbewerb um bauwillige Bürger:innen gewesen“, erklärt der Fraktionsvorsitzende der FDP/UWG, Thomas Thiele. Mit der Abschaffung der Beiträge würde man die längst fällige Rechtssicherheit schaffen, ergänzt Oliver Hasskamp, stadtentwicklungspolitische Sprecher der Gruppe. „Betroffene Bürger legen immer wieder Widerspruch gegen die Berechnung ein. Dies bindet Verwaltungskräfte und verursacht langwierige intransparente Verfahren.“

Auch die Bäume gegenüber der Protestparker müssten dem Radweg weichen. / Foto: Köster
(Archivbild) Protestparken an der Ellerstraße / Foto: Köster

Dem stimmt die CDU nicht vollständig zu. „Wir haben in der Fraktion in den letzten Monaten viel über Wege diskutiert, wie wir mit den Straßenausbaubeiträgen umgehen. Würde uns die Haushaltslage nicht drücken, wäre die CDU-Fraktion aus ihrer Grundüberzeugung die erste Fraktion, die auf diesem Wege die Schaffung und Entlastung von Wohneigentum fördert“, sagt Marius Keite, CDU-Fraktionsvorsitzender. „Gleichzeitig stehen wir jedoch für solide Finanzpolitik. Eine Abschaffung ohne echte Kompensationsvorschläge wie sie FDP/UWG fordern, verschärft unsere Haushaltssituation. Wir unterstützen deshalb eine Abschaffung mit Gegenfinanzierung durch Ausgabenreduktion. Letztlich können wir jeden Euro nur einmal ausgeben.“

Zu hohe städtische Ausgaben?

Die hohe Inflation bei den allgemeinen Lebenshaltungskosten und parallel steigende Bau- und damit Beitragskosten treffe die Menschen hart. „Dass die Bauverwaltung dann einen sehr kostspieligen Ausbau wie an der Ellerstraße vorschlägt, geht an der finanziellen Situation der Normalbürger vorbei. Das haben wir von Anfang an deutlich gemacht“, so Verena Kämmerling, Landtagsabgeordnete, stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion und CDU-Kreisvorsitzende.

In einer angespannten Haushaltssituation sei es deshalb wichtig, Kompensation und möglichst keine neuen Belastungen für die Menschen zu schaffen. „Wir haben kein Einnahmeproblem, die Einnahmen bewegen sich auf einem Spitzenniveau. Wir haben ein Ausgabenproblem“, macht Keite klar. Die CDU beantrage deshalb zur kommenden Ratssitzung als Änderungsantrag zum FDP-Antrag, finanzielle Kompensation für die Abschaffung der Beiträge durch die Reduktion von Ausbaustandards auf Normalmaß und das Schieben von geplanten Projekten zu schaffen. „Bei der Martinistraße haben wir auch lange über eine Millioneninvestition diskutiert und nun genügt zunächst eine Deckensanierung. Hier liegt der Hebel zur Entlastung von Hauseigentümern und gleichzeitig dem kommunalen Haushalt. Zuletzt fallen circa 20 Prozent Verwaltungskosten für die Berechnung und immer wieder auftretende Rechtsstreitigkeiten an. Auch diese Kapazitäten können sinnvoller verwendet werden“, verdeutlicht Keite den Weg der CDU-Fraktion.

CDU stellt drei Bedingungen

Die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge wird in der nächsten Ratssitzung am 7. Februar wieder auf der Tagesordnung stehen und damit erneut diskutiert werden. Die CDU-Fraktion hat sich daher in dieser Woche zu einer außerordentlichen Sitzung getroffen und einen Konsens erarbeitet, den sie als Änderungsantrag in die Ratssitzung einbringen wird. Demnach können unter Berücksichtigung einer Kompensation die Beiträge abgeschafft werden, wenn 1. die Ausbaustandards abgesenkt würden, 2. einige Projekte vorerst aufgeschoben würden und 3. die Personalkosten, die aktuell durch die Bearbeitung entstehen, entfielen. Die CDU-Fraktion bittet die Verwaltung, diese Punkte zu prüfen und im zuständigen Fachausschuss (Ausschuss für Finanzen und Beteiligungssteuerung) konkret zu beziffern. „Wenn wir auf diesem Wege die ausfallenden Gelder ausgeglichen bekommen, sind wir dazu bereit, der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge zuzustimmen“, so der Fraktionsvorsitzende abschließend.

Radentscheid begrüßt Abschaffung, warnt aber auch vor Komprisslösungen

Zustimmung für eine mögliche Abschaffung der Beiträge erfahren die Fraktionen durch den Radentscheid Osnabrück, der zu den Plänen erklärt: „Wir begrüßen die Entscheidung, die Straßenausbaubeiträge in Osnabrück abzuschaffen. Für viele Bürgerinnen und Bürger ist das eine enorme Erleichterung.“ Gleichzeitig warnt der Radentscheid davor, beim Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur künftig aus finanziellen Gründen Abstriche zu machen. „An der Sicherheit von Radfahrerinnen und Radfahrern darf nicht länger gespart werden. Wenn die sicherste und beste Lösung die teuerste ist, muss ein Weg gefunden werden, diese zu finanzieren. Förderprogramme von Bund und Land können hier helfen.“

Die Stadt solle sich künftig noch mehr auf den Ausbau guter Radwege konzentrieren, heißt es vom Radentscheid. Denn nicht nur im Vergleich zur Infrastruktur für den motorisierten Verkehr seien Radwege meist ein Schnäppchen. Auch volkswirtschaftlich bringe Radfahren einen Nutzen, während der Autoverkehr von allen Steuerzahlern querfinanziert werden muss. „Osnabrücks erklärtes Ziel ist es, bis 2030 in die Top 5 der deutschen Fahrradstädte zu kommen. Da müssen Sicherheit und Komfort an oberster Stelle stehen.“


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