Update: durch den online erst am folgenden Morgen verfügbaren ergänzenden NOZ-Artikel (hier online) haben sich die Fragen zur Fläche geklärt.
Heute Abend hat NOZ.de eine “Stellungnahme” des Investors mfi veröffentlicht. Leider sind keinerlei (kritische) Nachfragen in dem Artikel zu finden, der bei genauerem Lesen (hier online verfügbar) durchaus einige Fragen aufwirft.
So wird Eingangs, mit Bezug auf das CIMA-Gutachten zur Verträglichkeit eines Einkaufscenters am Neumarkt (PDF Download bei Osnabrueck.de), der Eindruck erweckt, mfi würde nun deutlich(?) kleiner planen – es finden sich jedoch im Artikel keinerlei konkrete Hinweise oder gar Quadratmeter-Angaben zu aktuellen Planung.
Allerdings soll die Zahl der Shops gleich bleiben, eine Flächenreduzierung ginge “allein zu Lasten der Großmieter” – nur wie groß sind denn die verbleibenden Flächen?!
Die Aussage für Ankermieter wie Saturn oder Peek & Cloppenburg seien die verbleibenden Großflächen zu klein, kann man vor dem Hintergrund fehlender konkreter Zahlen getrost als Hypothese bezeichnen.
Eine kurze Internet-Recherche zeigt: Peek & Cloppenburg schafft es auf Flächen von über 14.000qm (Düsseldorf) wie auch auf kleineren Fläche im Bereich 4.000qm (Lübeck) ein umfangreiches Sortiment zu präsentieren.
Im vergleichsweise großen Lübeck (210tsd. Einwohner) kommt P&C mit der Hälfte der Fläche aus die im ehemaligen Hettlage-Haus in Osnabrück zur Verfügung steht (geschätzt 8.000 Quadratmetern bei 165tsd. Einwohnern). Es spräche also nichts dagegen, wenn sich dieser Textilhändler bei einem Umzug an den Neumarkt verkleinern würde.
Auch andere deutlich größere Städte bedient P&C mit entschieden kleineren Flächen, beispielsweise Braunschweig (250tsd. Einwohner) mit 7.000qm oder Bremen (548tsd. Einwohner) mit nur 6.000qm!
Der Umzug von Peek & Cloppenburg auf eine kleinere Fläche ist natürlich ebenso Spekulation wie ein Umzug von Saturn, den mfi durch seine aktuelle Argumentation ebenfalls als unrealistisch darstellen will.
Aber auch dieses Handelskonzept funktioniert nach Angaben der METRO auf höchst heterogene Flächen, so reichen bescheidene 2.000qm für einen Saturn durchaus aus, aber auch bei 10.000qm ist nicht unbedingt Schluss – da werden dann halt ein paar Paletten mehr in die Fläche gestellt. Ob Saturn aber überhaupt noch das Geld für einen Umzug hätte, ist die eigentlich spannende Frage. Ende 2011 sorgten Umsatzrückgänge bei Saturn und MediaMarkt für eine Gewinnwarnung, und nicht wenige Experten sehen auch darin Anzeichen für einen Paradigmenwechsel im Einzelhandel – nur in Osnabrück scheint man (bzw. Teile der Lokalpolitik) immer mehr Quadratmeter zu benötigen…
Ohne konkrete Angaben, wie klein denn die Großflächen werden, und warum diese nicht ausreichen sollten für einen befürchteten Umzug von Saturn oder Peek & Cloppenburg, kann mfi hier jedenfalls nicht überzeugen.
Warum Osnabrück trotz immer stärkerer Onlinehändler überhaupt noch mehr Ladenflächen benötigt, das müsen die Befürworter im Stadtrat erklären!
Sich änderndes Kaufverhalten durch Onlineshopping und demographischen Wandel – als Kontra-Argument gegen die Neumarkt-Pläne – wurde durch die Befürworter bislang komplett ignoriert.
Aber der Osnabrücker Michel darf sich freuen, denn mfi “versichert” die Osnabrück-Arkaden langfristig betreiben zu “wollen”. Der neue Mehrheitseigner Unibail-Rodamco will das mfi-Geschäftsmodell “uneingeschränkt fortführen”…
Dumm nur, dass der neue Eigentümer eine an internationalen Börsen gelistete Aktiengesellschaft ist – mehr als 3/4 der Aktien sind in anonymem Streubesitz.
“Mehrheitseigner” ist also nicht ein Herr Unibail oder eine Frau Rodamco, sondern eine unüberschaubar große Zahl an Shareholdern, die vor allem an kurzfristigen Renditen und nicht an langjährigen Verpflichtungen interessiert sind. Versprechen, die ein PR-Experte einem Lokaljournalisten in den Block diktiert, weil´s grad so schön passt!
Sollte sich der Immobilien- oder Aktienmarkt in den kommenden Jahren ein wenig “schütteln”, dann interessiert es keinen Aktionär was man 2012 in “Osna…what?” zur Beruhigung der Lokalpolitik alles so daher gesagt hat!
Aber das Beste kommt wie immer auch hier zum Schluss! Bei der Architektur will man sich an die gerade eröffneten Pasing-Arkaden in München orientieren. Dort “wirke” die Architektur “offen, lebendig und raumgewinnend”.
Das kann sie dort auch, denn die zum Vergleich herangezogenen Arkaden wurden in einen eher verschlafenen Stadteil der Millionenstadt München gesetzt. Eine Gegend, in der zuvor ein “Kaufring Kaufhaus” und die vermutlich beschauliche Gärtnerei Ludwig Adler die Shopping-Höhepunkte darstellten – wenn man nicht den direkt angrenzenden Bahnhof nutzte um schnell in die eigentliche City zu gelangen (siehe Google Maps).
Die Situation in Osnabrück ist wohl kaum vergleichbar mit Pasing und seinen knapp 40tausend Oberbayern, die überhaupt erst mit den Arkaden ein paar hundert Meter Fußgängerzone erhielten, und in deren Konzeptionierung die Arkaden direkt eingebunden wurden.
In Osnabrück versucht man nach Jahrzehnten natürlichem Wachstum des Nachkriegs-Stadtkerns an dessen südlichem Ende eine “Operation am offenen Herzen” – mit ungewissem Ausgang!
Einzige Gewinner sind am Ende vermutlich ein Essener Planungsbüro bzw. ein Pariser Investmentunternehmen – und natürlich die immer gleichen Filialisten, die sich dort gerne ansiedeln werden!
HP
PS: Schade eigentlich, dass so wenig Neues über die konkreten Entwicklungen am Neumarkt zu erfahren ist. Wurde das Haus Johannisstraße 70 (Ihr Platz) tatsächlich von der mfi gekauft um sich so Flächen zu sichern? Siehe I-love-OS vom 01. August und vom 05. August.
PPS: Es empfiehlt sich weiterhin ein Besuch des Bereichs rund um den Domhof; in der Theaterpassage kündigt sich schon wieder neuer Leerstand an – nicht nur Ihr Platz räumt dort gerade seine Regale! Und wieder sind ein paar hundert Quadratmeter Ladenfläche auf dem Markt.
…und wie die NOZ (oder mfi) auf die Idee kommt, dass täglich 80.000 Menschen am Neumarkt in die Busse steigen, dazu fehlt leider eine Quelle.
Die Verkehrsgemeinschaft Osnabrück (die es wissen sollte) verzeichnet nach eigenen Angaben 37mio. Busfahrten im Jahr, das sind etwas mehr als 101.000 Busfahrten pro Tag, und davon sollen knapp 80.000 mit einem Ein- oder Umstieg am Neumarkt verbunden sein? Erstaunlich, wo doch zahlreiche Einsatzbusse zum Teil direkt zu und von den Schulen fahren und auch weiterhin vergünstigte Karten für Kurzstrecken verkauft werden, die nur in den seltensten Fällen in die Innenstadt führen. Hat mfi auch hier ein klein wenig kreatives Zahlenspiel betrieben?!