Am Mittwochabend gehen in dem traditionsreichen Kaufhaus-Gebäude an der Ecke Möserstraße/Wittekindstraße die Lichter aus. 65 Jahre Osnabrücker Kaufhausgeschichte gehen einem Ende entgegen.
Nach dem durch Corona nochmals beschleunigten Absturz des letzten großen deutschen Kaufhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof und der folgenden Insolvenz, gehört das Kaufhaus in Osnabrück zu den mehr als 40 Filialen, die in diesen Tagen die Türen schließen und nach den optimistischen Planspielen der neuen Eigner – als über Bord geworfener „Ballast“ – die verbleibenden 130 Standorte retten sollen.
Der sperrige Name Galeria Karstadt Kaufhof zeigt die ganze Misere auf einen Blick. Während „Galeria“ ursprünglich ein Konzept und eine Marke der Horten AG war, die auch Eigentümerin des an der Hase 1955 eröffneten Kaufhauses Merkur war, das in Osnabrück erst 1964 den Namen Horten bekam, waren „Kaufhof“ und „Karstadt“ zwei einst selbständige Konzerne, die eng gegeneinander und heftig konkurrierten und sich dabei durchaus auch Impulse gaben.
Zwei fußkranke Unternehmen machen keinen Marathonläufer
Erst übernahm Kaufhof den Rivalen Horten – und damit auch das Galeria-Konzept, das in Osnabrück nur äußerst spät und halbherzig umgesetzt wurde –, dann wurden 2019 die beiden Konzerne zwangsvereinigt. Aus der Zwangsehe zweier Fußkranker wurde wider Erwarten kein Marathonläufer sondern ein Fall für den Insolvenzverwalter – bundesweit verlieren in diesen Tagen etwa 5.000 Kaufhausmitarbeiter ihre Jobs.
Ver.di gab sich kampfbereit …und es passierte nichts
Die Gewerkschaft ver.di inszenierte im Sommer noch Kampfbereitschaft und ein Funktionär ließ sich bei einer Demo vor dem Osnabrücker Rathaus zu der Aussage verleiten „Mal schauen, was wir da noch hinbekommen”. Was daraus wurde: „nichts“!
Aktuell werden jetzt die allerletzten Warenbestände mit 70% Rabatt auf den bereits vorher nach unten korrigierten Preis verramscht. Schnäppchenjäger tragen die Ladendeko (Schaufensterpuppen für 40 Euro das Stück) aus dem Kaufhaus heraus. Am Mittwoch soll der letzte Tag des Ausverkaufs sein.
Der Autor dieser Zeilen war von 1997 bis 2000 selbst Mitarbeiter in der Kölner Kaufhof-Zentrale und federführend am Einstieg des Kaufhof-Konzerns und einiger Metro-Schwesterunternehmen in den E-Commerce beteiligt. Nach der Dotcom-Krise 2000 hatte Kaufhof allerdings zwischenzeitlich der Mut verlassen diesen erfolgreich gestarteten Vertriebskanal auszubauen. Erst vor etwa zehn Jahren versuchte sich Kaufhof erneut sich ernsthaft online zu etablieren – zu spät.
Ein kleiner Buchversender mit dem Namen „ABC Bücherdienst“ wurde 1998 von dem US-Startup Amazon übernommen. Aus den damals etwa 500-600 Buchbestellungen pro Tag wurde das Unternehmen Amazon Deutschland, bei dem inzwischen 84% der Deutschen Kunde sind (Stand 10/2019).